Elektrizität hat das Leben der Menschheit grundlegend verändert
125 Jahre Stromversorgung in Kaiserslautern

Vor 125 Jahren wurde in der Fruchthalle die erste Bürgerversammlung zur Errichtung eines städtischen Elektrizitäts-werkes abgehalten  Foto: SWK/Stadtarchiv
  • Vor 125 Jahren wurde in der Fruchthalle die erste Bürgerversammlung zur Errichtung eines städtischen Elektrizitäts-werkes abgehalten Foto: SWK/Stadtarchiv
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Kaiserslautern. Vor genau 125 Jahren wurde das Fundament für eine Stromversorgung in Kaiserslautern gelegt. Die Freunde eines städtischen Elektrizitäts-Werkes trafen sich in der Fruchthalle zu einer allgemeinen Bürgerversammlung. 125 Jahre später wäre ein Leben ohne Strom gar nicht mehr denkbar.

von Jens Vollmer

Stromausfall - erst wenn die Energie aus der Steckdose ausbleibt, realisieren wir heutzutage, wie abhängig wir - in der im Vergleich zur Menschheitsgeschichte relativ kurzen Zeit - von Strom geworden sind.
Können wir kurzfristige Stromausfälle noch gut kompensieren - Notstromaggregate überbrücken diese an wichtigen Stellen - wird ein längerer Ausfall zur Katastrophe.
Dabei sollen Menschen sich bei einem Stromausfall zunächst eher besonder nett zueinander verhalten haben. Seit dem Stromausfall in New York 1965 hält sich der Mythos, dass abendliche/nächtliche Stromausfälle für einen Anstieg der Geburtenrate neun Monate später sorgen würden. Realistisch gesehen war es wohl aber nur eine leichte Abweichung der Statistik in einzelnen Kliniken.
Bleibt der Strom für längere Zeit weg, ist das heutzutage Stoff für knallharte Thriller. Ein kleines Gedankenspiel: Am ersten Tag ohne Strom kommt es sofort zu einem Verkehrschaos, nicht nur Ampeln, sondern auch die Straßenlaternen fallen aus. Eine dunkle Stadt ohne Alarmanlagen lockt erste Einbrecher an, die günstige Gelegenheit zu nutzen.
In den Folgetagen verderben Lebensmittel in Kühlschränken und Kühltruhen - sowohl in Privathaushalten als auch in Geschäften. Letztere können nicht einmal mehr die Tür öffnen und schließen, geschweige die Waren mit den Kunden abrechnen. Erste Lebensmittelengpässe führen zu Plünderungen, die Bevölkerung wird zunehmend panischer.
Die Kommunikation kommt zunächst durch leere Akkus der Smartphones zum Erliegen, sind auch die Vermittlungsstellen und Funktürme betroffen, dann ist insgesamt Funkstille. Das Internet ist nur noch dort erreichbar, wo Notstromaggregate ihren Dienst tun. Laufen solche Aggregate leer, weil der Treibstoffnachschub zum Erliegen kommt, wird es gerade auch in Krankenhäusern ernst. Lebensnotwendige Geräte können nicht mehr betrieben werden, gleichzeitig steigt durch das Verkehrschaos und die Plünderungen die Zahl der Verletzten, wenn diese überhaupt noch in ein Klinikum geliefert werden können.
Ist es Winter, kommen auch alle modernen Heizungen zum Erliegen. Kamin- und Ofenbesitzer können sich glücklich schätzen, während an anderer Stelle schon erste Wasser- und Heizungsrohre einfrieren und platzen.
Kochen ist in Zeiten von Thermomix, Mikrowelle und Elektroherd auch nur noch einigen wenigen möglich.
Und sind die Fahrzeugtanks erst einmal leer gefahren, bleibt auch die Mobilität auf der Strecke, denn Tankstellen arbeiten mit Elektropumpen, es kommt zu Treibstoff- und Fahrzeugdiebstählen. Nach recht wenigen Tagen herrscht Anarchie.
Wer sich all diese und noch viel mehr Abhängigkeiten vergegenwärtigt, dem wird deutlich, wie sehr der Strom unser Leben verändert hat und welch hohe Verantwortung Stromversorger in Zeiten von Hackerangriffen und Netzwerken tragen. Im Normalfall ist die unsichtbare Energie ein Segen, fällt sie aus, wird sie zum Fluch.

Bürgerversammlung in der Fruchthalle

Von alledem hatten die Bürger, die sich am 20. Februar 1894 zu einer Bürgerversammlung in der Fruchthalle trafen, noch keine Ahnung. Ziel war es, die Bitte an den Stadtrat zu richten, bei einer allgemeinen Bürgerversammlung die Errichtung eines Elektrizitätswerkes zu beschließen. Am 25. Februar 1894 stimmte der Stadtrat im Rahmen dieser Bürgerversammlung den Plänen des Ingenieurs und Pioniers des bayerischen Elektrizitätswesens Oscar von Miller zu.
Im April 1894 begann der Bau für das Städtische Elektrizitätswerk in der Karcherstraße. Nach Bergzabern, Lambrecht und Wachenheim/Forst war es das vierte Elektrizitätswerk in der Pfalz. Schon am 1. September 1894 ging die Anlage als eine der ersten 140 Werke im Deutschen Reich erstmals in Betrieb.
Die Aufnahme der Stromlieferung zur Beleuchtung des Bahnhofsvorplatzes wurde bereits am 3. September 1894 realisiert. Am 16. Dezember 1894 wurde mit der Aufnahme der Stromlieferungen an private Abnehmer begonnen.
Dass man sich am Mittwoch dieser Woche in der Fruchthalle - an gleicher Stelle wie vor 125 Jahren - zum Jubiläumsakt traf, schließt den Kreis.

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Autor:

Jens Vollmer aus Wochenblatt Kaiserslautern

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