Entschuldungsprogramm birgt hohe Zwänge
Befreiung mit gefesselten Händen

Im Rathaus muss künftig noch mehr gespart werden  Foto: Stephanie Walter
  • Im Rathaus muss künftig noch mehr gespart werden Foto: Stephanie Walter
  • hochgeladen von Wochenblatt Redaktion

Kaiserslautern. Es ist eine einmalige Chance für die Stadt Kaiserslautern, ein Großteil ihrer Schulden loszuwerden. Und doch sorgt es zugleich für die vielleicht engsten finanziellen Fesseln, denen sich die Stadt bislang ausgesetzt sah: Das neue Entschuldungsprogramm des Landes Rheinland-Pfalz, genannt „Partnerschaft zur Entschuldung der Kommunen in Rheinland-Pfalz“, kurz: PEK-RP. Seit April sind die damit verbundenen Regularien bekannt, bis Ende Juni muss die Stadt entscheiden, ob sie teilnehmen möchte. Auf der Tagesordnung der Stadtratssitzung vom 12. Juni stand der Punkt folgerichtig ganz vorne, wo er nur von der Bürgermeisterwahl getoppt wurde. Bei drei Gegenstimmen und einer Enthaltung gab der Rat grünes Licht, einen Antrag auf Teilnahme zu stellen.
„Das ist eine der wichtigsten Entscheidungen, die der Rat in den vergangenen Jahren treffen musste. Und leider ist es keine einfache!“, beschrieb Oberbürgermeister Klaus Weichel im Vorfeld die Situation. Das Programm richtet sich ausdrücklich an die von einer hohen Liquiditätskreditverschuldung besonders betroffenen Kommunen des Landes, darunter auch die Stadt Kaiserslautern, die am 31. Dezember 2021 Liquiditätskredite in Höhe von rund 583 Millionen Euro aufgewiesen hatte. Insgesamt beinhaltet es ein landesweites Entschuldungsvolumen von drei Milliarden Euro, das unter den teilnehmenden Kommunen nach einem Schlüssel aufgeteilt wird. Die Entschuldung erfolgt in Form einer Schuldübernahme, d.h. das Land tritt in die bestehenden Kreditverträge der Kommune ein und übernimmt alle Zahlungsverpflichtungen.
„Bei der letzten Probeberechnung ging das Land von einer Entschuldung für Kaiserslautern durch Teilnahme am PEK in Höhe von rund 404 bis 420 Mio. Euro bis 2053 aus“, erklärt der OB. „Für eine Stadt wie Kaiserslautern ist die Teilnahme damit quasi ein Pflichtprogramm, auch wenn dies mit vielen Auflagen verbunden ist.“ Welche das sind?
„Zum Ersten verpflichtet sich die Stadt bei einer Teilnahme zur Rückführung des verbleibenden Kreditbestandes in Höhe von rund 160-180 Millionen Euro bis zum Ende der Laufzeit im Jahr 2053. Allein das erfordert eine hohe Disziplin in der Haushaltsführung und einen Tilgungsplan, an den wir uns eng halten müssen.“ Zum Zweiten werden neue Liquiditätskredite künftig wieder genehmigungspflichtig und dürfen nur im Ausnahmefall ausgewiesen werden. „Ihre Laufzeit darf dabei grundsätzlich 36 Monate nicht übersteigen“, so der Rathauschef. Das ist neu gegenüber der bisherigen Genehmigungspraxis.
Punkt 3: Mit der Teilnahme entfallen drei der bisherigen Unterstützungsmechanismen des Landes für verschuldete Kommunen. So erfolgt die letzte Zuweisung aus dem Kommunalen Entschuldungsfonds (KEF) für das Jahr 2023. Die letzte Zuweisung des Stabilisierungs- und Abbaubonus erfolgt ebenfalls für das Jahr 2023 und die letzte aus dem Zinssicherungsschirm für übernommene Kredite letztmals für das Jahr 2024. Weichel: „Wer also denkt, das neue Programm komme auf die bisherigen oben drauf, der irrt.“
Die zentrale Herausforderung liegt jedoch in der Pflicht zur Vorlage ausgeglichener Haushalte, und das bei gleichzeitiger Verpflichtung zur Tilgung der Kredite. „Das bedeutet, dass wir ausgeglichene Haushalte vorlegen müssen – bekanntermaßen bereits jetzt eine große Aufgabe –, in die die Tilgung bereits eingepreist ist. Wir reden hier jährlich mindestens über rund 5,4 bis 6 Mio. Euro, die wir zusätzlich einsparen oder einnehmen müssen.“
Die zusätzliche Krux: Gemäß Gemeindeordnung gilt die Pflicht zur Vorlage ausgeglichener Haushalte für alle rheinland-pfälzischen Kommunen, also auch für solche, die am PEK gar nicht teilnehmen. Auch der Tilgungsplan bis 2053 muss so oder so erstellt werden. „Wenn wir nicht beim PEK mitmachen, reden wir über eine jährliche Tilgung in Höhe von 19,4 Millionen Euro, im Vergleich zu den oben genannten 5,4 bis 6 Millionen Euro. Eine Nichtteilnahme ist also praktisch keine Alternative“, erklärt der OB.
Nach der Entscheidung des Rats wird die Verwaltung nun einen Antrag auf Teilnahme am PEK stellen. Die abschließende Zustimmung obliegt erneut dem Stadtrat und kann erst nach Zugang eines konkreten Vertragsangebots des Landes erfolgen, womit Ende des Jahres gerechnet wird.

Ausgeglichener Haushalt trotz Tilgungsplan?

„Das vergangene Jahr hat uns eindrücklich gezeigt, dass das Land gerade bei der Vorlage ausgeglichener Haushalte nicht mehr mit sich reden lassen wird“, erinnert Weichel an die Ablehnung des ausgeglichenen Haushalts 22/23 durch die ADD im vergangenen Frühjahr. „Dieser Kurs, und da sind alle Äußerungen des Landes eindeutig, wird mit voller Konsequenz weitergefahren. Wir sind angehalten, alle Einnahmemöglichkeiten und Aufwandsreduzierungen auszuschöpfen.“
Wie der Finanzdezernent erläutert, könne die Stadt aus eigener Kraft ohne weiteren Einnahmen unter den neuen Bedingungen keine ausgeglichenen Haushalte schreiben, nicht mit einer Tilgungsverpflichtung in Höhe von rund 6 Millionen Euro und schon gar nicht von rund 19 Millionen Euro, wenn man beim PEK nicht mitmachen würde. Das belegen die aktuellen Planungen für den Haushalt 2024: „Trotz strengster Einsparmaßnahmen und mehrerer Aufstellungsrunden innerhalb der Verwaltung ist es uns nicht gelungen, den Haushalt vollständig auszugleichen. Es verbleibt ein Defizit von rund fünf Millionen Euro. Und das, obwohl in dem Haushaltsplan noch keine einzige neue Stelle aufgenommen wurde.“
Um diese Lücke zu stopfen, schlug die Verwaltung dem Rat ein Maßnahmenpaket zur Verbesserung der Einnahmensituation und zu drastischen Einsparungen vor. Es beinhaltet die Anhebung der Hebesätze der Grundsteuer von 510 auf 610 Prozent ab 1. Januar 2024 und die Anhebung der Gewerbesteuer um 15 Punkte auf 430 Prozent rückwirkend zum 1. Januar 2023. Das ergäbe Mehrerträge von rund 5 beziehungsweise 2,1 Millionen Euro jährlich.
Zweite Maßnahme ist die Einführung einer Übernachtungssteuer, die ab 1. Januar 2024 gelten soll. Dem Rat werden zwei Modelle vorgeschlagen, die bei einer angenommenen Zahl von rund 190.000 Übernachtungen pro Jahr in Kaiserslautern (Stand 2021) rund 439.000 bzw. 475.000 Euro Einnahmen bedeuten würden.
Ferner wird der Rat entscheiden, ob die Verwaltung die Möglichkeit einer Verpackungssteuer prüfen soll. Eine solche wurde von Tübingen zum 1. Januar 2022 eingeführt. Sie würde für nicht wiederverwertbare Verpackungen und Geschirrteile in der Gastronomie erhoben und wäre damit zugleich ein Benefit für die Umwelt.
Weitere Einnahmen sollen durch die Anhebung der Anwohnerparkgebühren und die Einführung einer Gebühr für den Winterdienst auf Fahrbahnen von Straßen generiert werden. Eine solche wurde bislang – im Gegensatz zur Gebühr für den Winterdienst auf Gehwegen – nicht erhoben und könnte in Einnahmen in Höhe von rund 59.000 Euro pro Jahr resultieren. Diese Maßnahme wurde von der ADD gefordert. Da es sich hierbei um Entgelte für Leistungen der Gemeinde handelt, wäre laut Gemeindeordnung die Erhebung dieser Gebühr vor etwaigen Steuererhöhungen durchzuführen.
„Das ist ein brutales Paket, ohne Frage“, so Weichel. „Ich hätte das auch gerne vermieden, aber wir haben hier keine andere Wahl. Man sollte sehen, dass es hier um die Finanzierung der kommunalen Leistungen für alle Bürgerinnen und Bürger geht, um Kulturangebote ebenso wie für Straßen, Gebäude oder Schwimmbäder.“
Mit den vorgeschlagenen Maßnahmen wird sich der Rat in seiner nächsten Sitzung befassen, die am 26. Juni stattfinden wird. ps

Autor:

Pressestelle Stadt Kaiserslautern aus Kaiserslautern

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

6 folgen diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

Wirtschaft & HandelAnzeige
Ihre IT-Security ist bei OrgaMAXX in besten Händen. Um ein Höchstmaß an IT-Sicherheit zu gewährleisten und vor Cyberangriffen zu schützen, wird sichergestellt, dass die Systeme und Prozesse bei den Kunden einem permanenten Monitoring unterliegen | Foto: Orgamaxx/gratis
4 Bilder

IT-Security: Sicherheit durch OrgaMAXX - Partner für maßgeschneiderte IT-Lösungen

IT-Security im Raum Kaiserslautern / Mannheim / Ludwigshafen. In jedem Unternehmen werden täglich riesige Mengen sensibler Daten erfasst und verarbeitet, darunter Kundeninformationen, Umsatzzahlen, Mitarbeiterdaten und Betriebsgeheimnisse. Eine der unmittelbarsten Auswirkungen durch Cyberangriffe ist der Verlust oder Diebstahl von Daten. Persönliche Daten, finanzielle Informationen oder Geschäftsgeheimnisse können in den Händen von Cyberkriminellen verheerende Auswirkungen haben. Sie können ein...

RatgeberAnzeige
Palliativstation Landstuhl: Die Palliativmedizin stellt den individuellen Menschen mit all seinen Bedürfnissen ins Zentrum. Dabei geht es in der Einrichtung nicht nur um die medizinische Versorgung, sondern auch um die seelische Begleitung der Patientinnen und Patienten.  | Foto: ake1150/stock.adobe.com
3 Bilder

Palliativstation Landstuhl: Einfühlsame Begleitung von Anfang an

Palliativstation Landstuhl. Im Palliativzentrum des Nardini Klinikums St- Johannis in Landstuhl steht der Mensch mit seinen individuellen Bedürfnissen und Ängsten im Mittelpunkt. Vor 20 Jahren begann die Arbeit des Teams, das damit eine Vorreiterrolle für die Palliativversorgung in der Region übernommen hat. Ziel ist es, mit einem ganzheitlichen Ansatz so viel Lebensqualität wie möglich zu erhalten und bis zuletzt ein würdevolles, erfülltes und selbstbestimmtes Leben zu gewährleisten....

Ausgehen & GenießenAnzeige
Mit einem Sinfoniekonzert, dirigiert von Michael Francis, startet das Konzertprogramm 2025 | Foto: Monika Klein
11 Bilder

Konzertprogramm der Stadt Kaiserslautern: Highlights im Januar 2025

Konzertprogramm Kaiserslautern Januar 2025. Ein breit gefächertes Programm von Klassik über Jazz bis hin zu Contemporary Folk Pop hat das Kulturamt der Stadt Kaiserslautern zum Jahresbeginn aufgelegt. Und auch für die Kleinsten ist in diesem Monat wieder einiges dabei. Sinfoniekonzert „Imagination“ in der Fruchthalle Am Freitag, 10. Januar 2025, lädt die Deutsche Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz unter der Leitung von Michael Francis zu einem besonderen Sinfoniekonzert ein. Solist des Abends...

Wirtschaft & HandelAnzeige
Photovoltaikanlage Ramstein-Miesenbach: Mit der Anschaffung von PV-Modulen auf dem Dach lassen sich Stromkosten stark reduzieren. So kann man sich durch Solarstrom unabhängig vom Strommarkt machen. | Foto: Daniel Neumüller
7 Bilder

Photovoltaik: Nachhaltig Strom sparen durch Solaranlage und Speicher

Photovoltaikanlage Ramstein-Miesenbach. Steigende Energiepreise und der Wunsch nach mehr Nachhaltigkeit: Erneuerbare Energie gewinnt immer mehr an Bedeutung. Eine Photovoltaikanlage auf dem eigenen Dach bietet Hausbesitzern die Möglichkeit, selbst Strom zu erzeugen. So lassen sich bis zu 80 Prozent der Stromkosten senken und man leistet gleichzeitig einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz. Wer einen zuverlässigen Partner für Solarstrom im Raum Ramstein-Miesenbach sucht, findet mit dem Team von...

Wirtschaft & HandelAnzeige
Wohnmobil Kaiserslautern: Die Fachwerkstatt Kfz Graf übernimmt auch den Einbau eine Solaranlage oder einer Standheizung. | Foto: Kfz Graf
2 Bilder

Wohnmobil Kaiserslautern: Für die Reparatur zu Kfz Graf

Wohnmobil Kaiserslautern: Die Werkstatt Kfz Graf erledigt Reparatur und Wartung von Reisemobilen und Wohnwagen. Die Werkstatt Kfz- und Reisemobiltechnik Graf in Otterbach im Landkreis Kaiserslautern ist Profi fürs Reparieren und Warten von Autos, Nutzfahrzeugen bis 6 Tonnen, Wohnmobilen und Wohnanhängern. Inhaber Sascha Graf hat eine besondere Leidenschaft für Wohnmobile und Nutzfahrzeuge.  Wohnmobil Kaiserslautern: Reparatur und Wartung in der Werkstatt Kfz Graf Wohnmobil Reparatur: Besitzer...

Wirtschaft & HandelAnzeige
Projektleiterin Corina Kohlmann (Mitte) mit einigen der Teilnehmerinnen des Projektes „Starthilfe für Gründerinnen in Rheinland-Pfalz“: Oxana Merida (von links), Referentin Silke Steinbach, Katarzyna Gorzedowski, Michelle Schulte und Jessica Hill  | Foto: bic

Bic: Gründungs-Booster „Starthilfe für Frauen“ effektiv genutzt

Kaiserslautern. Mit der Abschlussveranstaltung am Samstag, 23. November 2024, ging das Projekt „Starthilfe kompakt & kompetent für Gründerinnen in Rheinland-Pfalz“ in der aktuellen Runde zu Ende. Das Projektteam um Corina Kohlmann und Maria Beck lud die Teilnehmerinnen zu einem entspannten Projektabschluss ins Business + Innovation Center Kaiserslautern (bic) ein. Seit dem Kick-off Ende August konnten die Projekteilnehmerinnen von vielen Workshops, Seminaren und Coachings profitieren, die für...

Online-Prospekte aus Kaiserslautern und Umgebung



add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.

Powered by PEIQ