Lautrer Einzelhändler nach Wiedereröffnung ihrer Geschäfte
Erleichterung, Demut, Kreativität und große Solidarität
von Ralf Vester
Kaiserslautern. Am 20. April durften Geschäfte mit einer Verkaufsfläche von maximal 800 Quadratmetern unter strengen Regeln und Hygieneauflagen wieder ihre Pforten öffnen. Das Wochenblatt hat sich bei einigen Ladenbesitzern in Kaiserslautern umgehört, wie die erste Geschäftswoche für sie verlaufen ist. „Die Leute verhalten sich unheimlich diszipliniert und haben großes Verständnis, wenn sie vor der Tür warten müssen, wenn bei uns mal die maximale Besucherkapazität erreicht ist“, berichtet Petra Prottung, Inhaberin des gleichnamigen Modeladens. Die große Disziplin und Vernunft bei den Kunden loben auch Diana Dienes, Besitzerin des Kindermodeladens „Jack & Henry“s“, und Matthias Pallmann-Heger, Chef des Haushaltswaren- und Porzellan-Fachgeschäftes Pallmann und zugleich Vorsitzender des Kaiserslauterer Einzelhandelsverbandes.
„Jeder hält sich an die Regeln, die meisten hatten schon letzte Woche die inzwischen verpflichtende Schutzmaske auf. Ich empfinde die Stimmung als angenehm gelöst. Die Leute freuen sich, dass wir wieder geöffnet haben“, sagt Diana Dienes. „Bei uns verteilt sich die Zahl der Besucher gut über den Tag. Wir haben die Öffnungszeiten bewusst nicht verkürzt, um das Aufkommen zu entzerren – das macht sich bezahlt. Weder im Laden, noch im Kassenbereich kommt es zu Engpässen. Für uns war es von der Kundenfrequenz her vergleichbar mit einer ganz normalen April-Woche“, gibt Matthias Pallmann-Heger zu Protokoll. Auch die beiden Modeläden verzeichnen eine erfreulich hohe Besucherquote, die zuversichtlich für die Zukunft stimmt.
In den Wochen der verordneten Schließung galt es, unkonventionelle Wege zu beschreiten. „Facebook bot für mich glücklicherweise eine gute Möglichkeit, unseren Kunden neue Ware zu präsentieren. Meine Tochter hat mir in der Zwischenzeit zudem einen Online-Shop eingerichtet – ein Thema, das ich längst schon mal angehen wollte“, erzählt Petra Prottung. Diana Dienes nutzte zum Beispiel erfolgreich WhatsApp & Co., um ihre Kindermode auf alternativen Vertriebskanälen zu veräußern.
Pfiffig zeigt sich auch Markus Meyer, Geschäftsführer des Einrichtungshauses City-Polster im Gewerbegebiet West. Er hat die große Verkaufsfläche in drei 800 Quadratmeter große Segmente unterteilt, von denen täglich immer nur eines geöffnet ist. Zudem hat das Team um Markus Meyer kürzlich in der hauseigenen Polsterei mit der Produktion von Schutzmasken für die Lautrer Bevölkerung begonnen und lebt mustergültig Solidarität vor.
Ein großer Zusammenhalt unter den Lautrer Unternehmern ist deutlich zu spüren. Freilich hat jeder derzeit am meisten mit sich selbst und dem Über-Wasser-Halten seiner Mitarbeiter zu tun, aber dennoch vergisst keiner das Schicksal des geschäftlichen Nachbarn und der Lautrer Einzelhändler im Ganzen. Das Ausbluten der Innenstadt oder des Gewerbegebiets ist für alle ein Horrorszenario, das es unbedingt zu verhindern gilt.
Dass die Gastronomie noch immer komplett in der Luft hängt und sehnlichst auf zeitnahe Perspektiven in Sachen Wiedereröffnung wartet, lässt auch den einheimischen Handel nicht kalt. „Es wäre eine echte Katastrophe, wenn viele Kneipen und Restaurants durch die Corona-Krise kaputtgehen würden. Wir hoffen, dass sich das schnell zum Besseren wendet“, drückt Petra Prottung den geschätzten Kollegen die Daumen.
Vergangene Woche haben sich zahlreiche Lautrer Gastronomen mit einer eindrucksvollen Demo am Martinsplatz der bundesweiten Protestaktion „Leere Stühle“ angeschlossen und somit auf die aktuelle Notlage der Hotellerie- und Gastronomiebranche hingewiesen. Es braucht für das Gastgewerbe dringend finanzielle Unterstützung über die allgemeinen Soforthilfen hinaus. Für zahlreiche Betriebe reicht das Geld nur noch kurze Zeit. Weitere Wochen oder gar Monate des Darbens stehen viele nicht mehr durch. Die Landesregierung ist hier gefordert, eine Pleitewelle zu verhindern und einen Aktionsplan zur schrittweisen Wiedereröffnung der Betriebe vorzulegen.
„Die Gastronomie muss so bald wie möglich wieder loslegen dürfen. Sie ist einfach total wichtig für das Flair in der Stadt, weil sich sonst alles kalt und beklemmend anfühlt. Nicht zuletzt sind sie auch als großer Frequenzbringer für uns Händler in der Innenstadt unersetzlich“, bringt es Dieter Kitzmann, Inhaber des „Tabaklädchens“ und der benachbarten Zigarrenlounge „La Casa Del Habano“, treffend auf den Punkt.
Autor:Ralf Vester aus Kaiserslautern |
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