Öffentlicher Nahverkehr
Fahrplanbuch von Fahrgästen für Fahrgäste
Gedruckte Fahrplanbücher scheinen für manche aus der Zeit gefallen zu sein und sind längst kein Massenprodukt mehr. Nicht ohne Grund haben Online-Medien – vielerorts in Echtzeit – Fahrplanbücher etwas an den Rand gedrängt. Fahrpläne in Form gedruckter Bücher sind für bestimmte Nutzergruppen dennoch nach wie vor wichtig. Beispielsweise für Betriebspersonal, Verkehrsplaner oder Sachbearbeiter, die in bestimmten Situationen schnell alle Linienfahrpläne zur Hand brauchen. Aber auch außerhalb der Verkehrswirtschaft gibt es neben denen, die kein Smartphone bzw. mobiles Internet haben – laut Statista im Jahr 2020 immerhin 20 Prozent der Bevölkerung – ÖPNV-Archivare oder "Nahverkehrs-Nerds", die die Entwicklung von Fahrplänen und Netzen studieren oder bewahren möchten. Kurzum: Printmedien ergänzen Online-Medien sinnvoll und tragen zu einer barrierefreien Fahrgast-information bei, finden die Projektinitiatoren.
Seit Ende 2018 keine Fahrplanbücher mehr
Dennoch sind Ende 2017 im Rhein-Nahe-Nahverkehrsverbund (RNN) und Ende 2018 im Verkehrsverbund Rhein-Neckar (VRN) die letzten regionsbezogenen Fahrplan-Gesamtausgaben erschienen. Allenfalls auf einzelne Kreise bzw. Linienbündel bezogene oder sehr kleinräumig konzentrierte Hefte gibt es in beiden Verbünden noch. Diese werden aber leider entweder gar nicht oder nicht überall von Jahr zu Jahr neu aufgelegt. Dagegen hat sich die Geschäftsführung des benachbarten Rhein-Main-Verkehrsverbundes (RMV) zuletzt 2015 offensiv zu gedruckten Fahrplanmedien bekannt und sieht in ihnen sogar ein „Symbol für eine Beständigkeit“, wie aus dem Vorwort der entsprechenden Fahrplanbuch-Ausgabe hervorgeht. Sie werden durch die lokalen Nahverkehrsorganisationen weiterhin jährlich aufgelegt - wenn auch mit tendenziell sinkender Auflage.
Im RNN- und VRN-Gebiet hängt es von Landkreis zu Landkreis bzw. von Kommune zu Komme ab, ob der „Aufwand“ der Fahrplanbuch-Erstellung betrieben wird. So z.B. in der Stadt Ladenburg oder im Landkreis Südliche Weinstraße, wo die Betroffenen – insbesondere Smartphone- oder PC-losen – nicht im Regen stehen gelassen werden und weiterhin auf klassischem Weg etwas an die Hand bekommen können. Die offiziellen Regionalbereich-bezogenen Fahrplanbücher der Verbünde deckten die vielerorts fehlenden lokalen Angebote ab – stellten also die einzige Möglichkeit dar, auf analogem Weg einen umfassenden Überblick über das Fahrtenangebot zu erhalten.
Fahrplanbuch von Fahrgästen für Fahrgäste
Durch den Wegfall der offiziellen Fahrplanbücher im RNN und VRN ist eine Informationslücke entstanden, die der PRO BAHN Regionalverband Starkenburg e.V. in Kooperation mit dem Netzwerk bergstraße.mobil zu schließen versucht. Konkret soll ein Fahrplanbuch für das Gebiet beider Verkehrsverbünde erstellt werden. Schon für das Fahrplanjahr 2020 ist das Fahrplanbuch für den Teilbereich "Bergstraße-Odenwald" erschienen und so gut angekommen, dass für 2022 noch eine Schippe drauf gelegt werden solle: „Wir wollen das gesamte ÖPNV-Angebot des RNN und VRN – von Bingen bis Zweibrücken, von Idar-Oberstein bis Sinsheim, von Lindenfels bis Landau und von Ingelheim bis Bad Mergentheim, natürlich einschließlich der Städte Kaiserslautern, Mannheim, Ludwigshafen und Heidelberg – in einem Buch abbilden. Wir sprechen hier von mehr als 1.000 Linien, die zunächst zusammengestellt und in eine druckfähige Form gesetzt werden müssen“, so Peter Castellanos, der für beide Herausgeber das Projektmanagement zum Fahrplanbuch betreut. „Wir gehen derzeit von schätzungsweise 2.000 Seiten aus, die das DIN A5 große Buch umfassen soll. Durch die Ausführung als Softcover, mit Klebebindung und Dünndruckpapier (36g/m²) soll es sich in der Gestaltung möglichst nahe an den Originalen des VRN orientieren“, so Castellanos weiter.
Je höher die Auflage, umso niedriger die Kosten pro Exemplar
Der Projektwebsite ist zu entnehmen, dass sich mittlerweile Abnehmer für etwas über 100 Exemplare gefunden haben. Damit ist das Ziel Interessenten für mindestens 80 Exemplare zu erreichen, mittlerweile deutlich übertroffen. Dies sei wichtig, da dieses spezielle Printprodukt erst ab einer bestimmten Mindestauflage beauftragt werden könne. Außerdem möchten die Herausgeber vermeiden „für die Tonne“ zu produzieren, heißt es weiter. Nicht zuletzt könne das Fahrplanbuch erst ab einer gewissen Auflage zu akzeptablen Kosten pro Exemplar angeboten werden. Im Rahmen ihrer begrenzten Finanzmittel können die Herausgeber – anders als die Verbundorganisationen – nämlich nicht von sich aus auf Masse produzieren. Folglich ist zu erwarten, dass die Kosten pro Exemplar durch die kleinere Auflage vsl. etwas über den bisher gewohnten Preisen des VRN liegen werden. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt könne noch keine verbindliche Aussage über die Kosten getroffen werden. Es gelte nur „je höher die Auflage umso niedriger die Kosten pro Exemplar“. Daher verpflichtet eine Interessensbekundung nicht zum Kauf. Das Fahrplanbuch werde „ohne kommerzielles Interesse produziert; die Interessenten zahlen allein die Druck- und Versandkosten“, wie Castellanos abschließend erklärt.
Crowdfunding-Kampagne gestartet
Um trotz voraussichtlich niedriger Auflage einen mit den damaligen VRN-Fahrplanbüchern vergleichbaren Preis anbieten zu können - dieser lag je nach Region zwischen 1,50 Euro und 2,50 Euro pro Exemplar - haben die Herausgeber kürzlich eine Crowdfunding-Kampagne initiiert. Um dieses Ziel annähernd zu erreichen, müssten mindestens 600 Euro eingesammelt werden. Neben einer freien Unterstützung zu einem beliebigen Betrag können auch "Dankeschöns" erworben werden, u.a. eine Würdigung im Fahrplanbuch als "besonderer Unterstützer".
Wer Interesse an dem Fahrplanbuch hat, kann sich bis einschließlich Dienstag, den 30. November 2021 über ein Online-Formular unter www.t1p.de/fahrplanbuch oder unter der Handynummer 01577 9217391 telefonisch/per SMS/per Threema beim Fahrplanbuchservice der Herausgeber (Ansprechpartner: Peter Castellanos) melden. Unter dem Link sind weitere Informationen und häufig gestellte Fragen zu finden. Die Crowdfunding-Kampagne läuft über Plattform Startnext und ist unter www.startnext.com/fahrplanbuch-rnn-vrn-2022 erreichbar. Nach dem Druck ist das Fahrplanbuch im Bürgerbüro der Stadt Viernheim erhältlich (solange der Vorrat reicht). Weitere Vertriebsstellen werden gesucht und gerne entgegengenonmmen.
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