Hoher Aufwand bei hohem Infektionsrisiko
Kaiserslauterer Freibäder bleiben wohl geschlossen
Kaiserslautern. Gemäß der sechsten Corona-Bekämpfungsverordnung des Landes sind alle Freibäder in Rheinland-Pfalz noch bis mindestens 24. Mai geschlossen. Für die Zeit danach gibt es jedoch noch keine Regelung. Eine Entscheidung dürfte am Ende den Kommunen überlassen bleiben.
„Wir warten derzeit auf eine Handlungsanweisung des Landes. Angesichts des derzeitigen Lockerungsrhythmus gehe ich aber davon aus, dass eine Öffnung unter Auflagen und ab einem bestimmten Termin im Laufe der nächsten Wochen erlaubt werden könnte. Alles Weitere wäre dann aller Voraussicht nach Sache der Kommunen“, so Oberbürgermeister Klaus Weichel. Wie der OB erklärt, benötigt die Stadt für die Öffnung beider Lautrer Bäder, Warmfreibad und Waschmühle, aber jeweils eine Vorlaufzeit von rund sieben bis acht Wochen, um die notwendigen Instandsetzungen und Vorbereitungen – die Kosten dafür belaufen sich auf knapp 100.000 Euro – durchführen zu können. Das habe man jedoch bislang, so Weichel, aufgrund der völlig unklaren Pandemiesituation bewusst nicht getan: „Wir können keine Freibadsaison vorbereiten, von der man wochenlang annehmen musste, dass sie überhaupt nicht stattfindet.“
„Nun, wo sich immer mehr Lockerungen abzeichnen, können wir aufgrund der Vorlaufzeit diese Entscheidung jedoch nicht ewig vor uns herschieben, weswegen wir das Thema zum Beschluss in den Rat eingespeist haben, mit einer klaren Empfehlung der Verwaltung“, so der Rathauschef. Nach Abwägung aller infektionsrelevanten Fakten und im Hinblick auf die sehr hohen Mehraufwendungen empfiehlt die Verwaltung dem Rat, von einer Öffnung der städtischen Freibäder im Jahr 2020 abzusehen. „Eine Empfehlung, die ich mir alles andere als leicht gemacht habe!“, wie Weichel betont. „Mir ist vollkommen bewusst, wie wichtig ein solches Freizeitangebot in einem voraussichtlich urlaubsfreien Sommer wäre. Guten Gewissens lässt sich das aber einfach nicht realisieren.“
Ausführlich erläutert der OB seine Gründe. So seien, auf Basis von Empfehlungen der Internationalen Vereinigung für Sport- und Freizeiteinrichtungen IAKS, aus Sicht der Verwaltung maximal 300 Personen realistisch, die sich nach vorheriger namentlicher Registrierung gleichzeitig im Bad aufhalten dürfen. Dies aber auch in die Realität umzusetzen, sei, so Weichel, extrem schwierig. Um lange Schlangen vor dem Eingang zu vermeiden, wäre ein Vorausbuchungssystem vonnöten, das einen verlässlichen Zugang zu einer bestimmten Zeit ermöglicht. Am einfachsten wäre es, die Besucherzahl pro Tag und Bad auf 300 Personen zu beschränken. Dann aber müssten sehr viele Menschen draußen bleiben. Zum Vergleich: Am besten Tag der Saison 2019 betrug die Besucherzahl pro Bad rund 4.500 Personen – also rund das 15-fache der genannten 300 Personen. Ein Faktor, der auch für die Einnahmen gilt. Um die Besucherzahl pro Tag zu erhöhen, müsste man wiederum die Badezeit begrenzen. Ein solches Modell könnte etwa so ausgestaltet sein, dass ein erstes Besucherkontingent von maximal 300 Personen am Morgen das Bad nutzen darf, und dann – nach einer kompletten Reinigung und Desinfektion der Anlage in den Mittagsstunden – am Nachmittag ein zweites, wiederum gefolgt von der sowieso nötigen kompletten Reinigung und Desinfektion am Abend.
Damit das funktioniere, wäre laut Weichel deutlich mehr Personal vonnöten. Die Zahl der zusätzlichen Sicherheitskräfte, die die Hygieneregeln überwachen müssten, wird auf 17 pro Bad kalkuliert, dazu pro Bad vier zusätzliche Reinigungskräfte. Gemäß Berechnungen des zuständigen Referats Jugend und Sport betragen die Mehraufwendungen, die alleine für das zusätzliche Personal nötig wären, zusammen rund 900.000 Euro – und das ohne die noch nicht bezifferten Materialkosten für etwa Desinfektionsmittel oder Schutzmasken.
Das Personal müsste ferner in zwei komplett getrennte Teams eingeteilt werden, um zu verhindern, dass im Infektionsfall nicht alle Mitarbeiter gleichzeitig in Quarantäne müssen. Dass eine Infektion innerhalb der Belegschaft aber so oder so eine Schließung des Bades zur Folge hätte, davon ist OB Weichel überzeugt: „Wir wissen aus der Vergangenheit, wie schwierig es ist, Bäderpersonal zu akquirieren. Es ist höchst fraglich, ob wir überhaupt genug Leute für den Mehrbedarf finden würden. Dann aber auch noch Ersatzpersonal für den Infektionsfall vorzuhalten, wird quasi unmöglich sein.“ Der städtische Vollzugsdienst habe bereits signalisiert, dass er aufgrund der derzeitigen Belastungssituation keine Unterstützung anbieten könne.
„Hohe Kosten sind das eine, die schwierige Organisation das andere. Und der Infektionsschutz das Dritte.“ Über all diesen Überlegungen schwebe, so das Stadtoberhaupt, das Damoklesschwert der Infektionszahlen. Weichel: „Steigen diese wieder, könnten die Bäder durch eine neue Landesverordnung innerhalb kürzester Zeit erneut geschlossen werden. Dieses Risiko müssten wir tragen.“ Das weitaus größere Risiko sieht Weichel aber im Infektionsschutz vor Ort in den Bädern: „Wir sollten nicht so tun, als wäre die Pandemie vorbei. Dem ist mitnichten so. Mir fehlt die Fantasie, wie man in einer Sportanlage, in der sich 300 Menschen auf engem Raum permanent bewegen, den Infektionsschutz aufrechterhalten möchte. Die ersten Bilder aus den Fitnessstudios Nordrhein-Westfalens bestätigen die schlimmen Befürchtungen. So leid es mir tut: Ich halte eine Öffnung der Bäder im Jahr 2020 für nicht geboten.“
Der Stadtrat wird sich in seiner Sitzung am Montag, 18. Mai, mit dem Thema befassen. Beginn ist um 15 Uhr in der Fruchthalle. Unterlagen zu den Tagesordnungspunkten finden alle Interessierte im Ratsinformationssystem auf der städtischen Homepage. ps
Autor:Tim Altschuck aus Kaiserslautern |
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