Interview
Krisenexperte Dennis Patschull aus Kaiserslautern

Misst dem Zuhören bei der Krisenbewältigung eine große Bedeutung bei: Dennis Patschull   | Foto: Christina Pörsch/gratis
  • Misst dem Zuhören bei der Krisenbewältigung eine große Bedeutung bei: Dennis Patschull
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Von Monika Klein

Kaiserslautern. Dennis Patschull aus Kaiserslautern hat beim Internationalen Speaker Slam Mitte November in Wiesbaden den Excellence Award gewonnen. Der 36-Jährige hatte 120 Sekunden Zeit, um seine Botschaft über Krisenbewältigung in die Welt zu tragen. Mit dem „Wochenblatt“ plaudert er über sein Verständnis von Krise und welche Bedeutung Post-its für ihn haben.

???: Herr Patschull, wir leben in einer Zeit, in der eine Krise die nächste jagt. Sie bezeichnen sich selbst als „Experte für Krisenbewältigung“. Wie würden Sie denn den Begriff „Krise“ definieren?
Patschull: Gute Frage. Ich würde sagen, dass eine Krise in Wirklichkeit gar nicht existiert. Je nachdem, welchen Wert ich einer Situation beimesse, dementsprechend kann ich entscheiden, ob es für mich eine Krise ist oder nicht. Sozusagen ist eine Krise immer eine Wahrnehmungskrise.

???: Sind wir denn nicht alle Krisenexperten? Das Leben hält ja nicht nur Blumensträuße bereit.
Patschull: Der Eine mehr, der Andere weniger. Es gibt Menschen, die gehen daran kaputt, wenn sie zum Beispiel gekündigt werden. Andere gehen erhobenen Hauptes aus dem Gespräch und sagen sich: „Ich suche mir etwas Neues.“

???: Was würden Sie als Coach demjenigen mitgeben, der durch eine Krise ins Trudeln kommt?
Patschull: Es kommt darauf an, ob es um Jobverlust geht oder um einen Trauerfall. Ich kategorisiere und überlege mir dann Verhaltensweisen. Ich brauche auf jeden Fall zwei offene Ohren, das Zuhören wird heutzutage unterschätzt.

???: Ihr Ansatz ist also zuerst zuzuhören?
Patschull: Ja, zuhören, ohne dass etwas passiert. Oft stehen andere Erlebnisse aus der Vergangenheit dahinter, weil ich zum Beispiel diese Traurigkeit verspüre.

???: Aber die Vergangenheit lässt sich ja nicht ungeschehen machen...
Patschull: Der erste Schritt ist immer Akzeptanz. Das bedeutet nicht, dass ich die Situation für gut befinde, sondern ich nehme sie an, wie sie gerade ist, und betrachte sie neutral. Dann sehe ich klarer. Das ist wie beim Wasser, ich kann durchblicken, sehe Dinge klarer und bin freier.

???: Wie ist das in Ihren Workshops?
Patschull: Ich gucke mir vorab in Einzelgesprächen an, ob ein Workshop überhaupt etwas ist. Wenn ja, hilft die Gruppendynamik. Die Frage „Warum trifft es immer mich?“ steht dabei immer im Mittelpunkt. Man sollte sich aber fragen: „Wozu dient mir diese Krise?“

???: Dann frage ich Sie jetzt mit einem Augenzwinkern: Wozu dient mir die Inflation?
Patschull (lacht): Ich würde die Inflation wahrscheinlich als Chance sehen, mich beruflich zu verändern. Ich gebe ja auch Vorträge in Firmen zum Thema „Change“, wenn neue Systeme eingeführt werden oder wenn es dem Betrieb wirtschaftlich nicht gut geht. Dabei merke ich oft, dass die Geschäftsleitung, die ja in der Regel im sicheren Hafen ist, auf die Mitarbeiter, die in der Hierarchie weiter unten stehen, wenig Rücksicht nimmt und sich damit schwer tut, Inhalte zu vermitteln. Weil ich in dieser Situation außen vor bin, kann ich das, was die Geschäftsleitung sagt, ganz anders mitteilen.

???: Bei solchen Gesprächen steht ja oft die Angst um den Arbeitsplatz im Vordergrund. Das sind ja ganz konkrete und existenzielle Sorgen und Ängste.
Patschull: Die aber zu 99,9 Prozent nicht zutreffen. Man kann sich sagen, dass das ein Job von 100.000 freien ist.

???: Beim Internationalen Speaker Slam mussten Sie Ihre Botschaft in 120 Sekunden vortragen. Sie trägt den Titel „Lebenskrisen sind die Post-its in unserem Buch des Lebens“. Was meinen Sie damit?
Patschull: Wenn ich ein Buch geschenkt bekomme – gerade gestern war das wieder der Fall – dann markiere ich mir mit Post-its die Seiten, die ich später nachlesen möchte. Dadurch ist es nicht irgendein Buch, sondern meines. Sie würden es wahrscheinlich anders lesen als ich. Die Lebenskrisen – es spielt keine Rolle, ob sie groß oder klein sind –, wichtig ist, dass wir die Chance haben, zu sehen, dass uns das Leben eine Botschaft geben will, damit wir sagen können: „Okay, das ist mir passiert, aber es hat mich auch zu dem gemacht, der ich heute bin.“

???: Welche Bedeutung hat der Preis für Sie? Sie wurden ja direkt im Anschluss vom Veranstalter zu einem Vortrag in Las Vegas eingeladen.
Patschull: Er bedeutet, dass dieses Thema wichtig ist, es geht jeden an. Wir wissen ja, dass es eine Wahrnehmungskrise ist. Es kann also sein, dass jemand schon zehn Krisen mitgemacht hat und weiß es gar nicht. Die Einladung nach Las Vegas ist das i-Tüpfelchen.

???: Wie gehe ich damit um, wenn ich in einer Krise stecke? Haben Sie einen Tipp?
Patschull: Der wichtigste Tipp überhaupt ist, sich Hilfe zu nehmen. Da steckt Zuhören und Kommunikation drin. Wer das ist, kann ich mir aussuchen, ob die Telefonseelsorge oder der Partner. Ich bin ein Freund davon, dass Menschen miteinander reden. Kommunikation ist so wichtig. Schade, dass sie oft untergeht. [lmo]

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Autor:

Monika Klein aus Kaiserslautern

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