„Eine Tafel für Karten“
Kultur darf kein Luxusgut für Besserverdienende werden

Richard Müller will verhindern, dass Kultur zum Luxusgut wird | Foto: Ralf Vester
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  • Richard Müller will verhindern, dass Kultur zum Luxusgut wird
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Von Ralf Vester
Kultur. Wer Richard Müller kennt, der sieht ihm auf den ersten Blick an, wie es derzeit in ihm arbeitet. Einerseits steht der Kammgarn-Chef noch unter dem freudigen Eindruck des grandiosen Konzerts von Altmeister Hubert von Goisern, der mit dem ganz „großen Besteck“ auf der Bühne angerückt war und für ein pickepacke volles Kasino sorgte. Zugleich setzte der seit Jahrzehnten erfolgreiche österreichische Liedermacher mit seinem wunderbaren Auftritt den Startpunkt für das 8. Sound of World Festival, dem mit der Portugiesin Gisela João und der kurdischen Sängerin Aynur Doğan noch zwei weitere Glanzpunkte folgen sollten.

Aber auf der anderen Seite sind solche Highlights wie Hubert von Goisern eben Nachholtermine, deren Konzerte coronabedingt teils mehrfach verschoben werden mussten. Frische Einnahmen bedeutet das also keineswegs, denn die Tickets waren ja zum größten Teil bereits 2020 verkauft worden, die Karten behielten eben nur ihre Gültigkeit. Der Kammgarn geht es derzeit nicht anders als vielen anderen Kulturveranstaltern auch. All ihre Programme beinhalten diverse Nachholtermine.

Tickets für neu angesetzte Acts liegen wie Blei im Regal

Eintrittskarten für „frische“, neu angesetzte Acts liegen trotz massiven Rührens der Werbetrommel wie Blei im Regal. „Dass der Weg zurück in die Normalität derart steinig und schwer werden würde, ist absolut erschreckend. Nachdem wir zum Beispiel das Wolfgang Haffner Trio bereits ins Jahr 2023 verschieben mussten, geht es uns mit Rymden genauso. Der Kartenvorverkauf ist dermaßen schlecht, dass sich ein Konzert finanziell oft gar nicht sinnvoll darstellen lässt. Die Kultur liegt total am Boden und kommt einfach nicht hoch. So knallhart ist es zurzeit – und das bundesweit“, stellt Richard Müller frustriert fest.

Ukraine-Krieg sorgt für neuen Nackenschlag

Nachdem die Auswirkungen der Corona-Pandemie die Kultur wie kaum eine zweite Branche getroffen hatte, versetzt der Krieg in der Ukraine mit all seinen Folgen den Veranstaltern den nächsten Nackenschlag. Explodierende Heizkosten und Spritpreise sowie die vor sich hin galoppierende Inflation mit stetig steigenden Lebenshaltungskosten machen den Erwerb von Konzertkarten in Zeiten von existenziellen Ängsten für viele Menschen zur Nebensache und mitunter gar zum Luxusgut.

„Hinzu kommt, dass es derzeit einfach zu viele Angebote gibt. Jeder Verein holt seine Feste nach, zudem gibt es vermehrt kostenlose Veranstaltungen, die zwar die Kultur unterstützen sollen, aber das tut es mitnichten. Die Leute denken: Ich hab doch im Sommer alles umsonst gehabt, warum soll ich jetzt im Herbst für 30 Euro eine Karte kaufen? Auch die Einstellung, wir spielen gegen den Hut, ist einfach asozial. Gegen den Hut kann man sich auch in der Bäckerei keine Brötchen kaufen“, hadert der Kammgarn-Frontmann mit der unguten Entwicklung.

Die aufkommenden Warnungen von Corona-Kassandra Karl Lauterbach vor einer neuen Infektionswelle im Herbst sowie die Tatsache, dass die Leute nach der Absagen- und Verschiebungsflut der vergangenen Jahre generell vorsichtiger geworden sind in Sachen Kartenvorverkauf, tun ihr Übriges, dass die Kulturveranstalter auf ihren Tickets sitzenbleiben. Veranstaltungen, die sonst für ein ausverkauftes Haus sorgten, finden häufig vor beschämend mauer Kulisse statt.

„Wir sind ein Haus für die Leute“

Die an allen Fronten gestiegenen Kosten machen natürlich auch die Acts teurer. „Normalerweise müssten wir die Eintrittspreise entsprechend nach oben korrigieren. Wenn wir das tun, verlieren wir jedoch einen Teil unserer Besucher, weil sie sich das schlichtweg nicht mehr leisten können. Wir wollen aber kein Mainstream-Programm wie viele andere anbieten, sondern das Niveau hochhalten und auch nicht an der Preisschraube drehen. Kultur darf nicht zu einem Luxusgut für Besserverdienende werden. Die Kammgarn ist ein Haus für alle Leute“, betont Richard Müller.

Fünf Prozent der Tickets frei herausgeben

Seine Idee: „Eine Tafel für Karten“, die Menschen, die sich das derzeit nicht leisten können, auf unbürokratische Weise einen Konzertbesuch ermöglicht. Mit Künstlern und Agenten will Richard Müller noch aushandeln, künftig zum Beispiel fünf Prozent der Karten frei an eben solche Besucher herausgeben zu können, damit niemand von der Kultur ausgeschlossen bleibt.

Kammgarn-Kulturgarten mit echten Highlights

Der Kammgarn-Chef und sein Team zeigen sich trotz all dieser Tiefschläge unvermindert kämpferisch und tun alles, um ihren Gästen auch künftig höchstes Niveau zu bezahlbaren Preisen bieten zu können. Am 24. Juni beginnt wieder das Erfolgsformat Kammgarn-Kulturgarten mit Highlights wie dem Auftritt von Tatort-Kommissar Axel Prahl mit seinem Inselorchester am 30. Juni oder Stephan Flesch mit Elmar Federkeil am 21. Juli. Man möchte den Leuten zurufen: Kauft Karten und rennt ihnen die Bude ein – es lohnt sich. rav

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Richard Müller will verhindern, dass Kultur zum Luxusgut wird | Foto: Ralf Vester
Am 24. Juni beginnt wieder das Erfolgsformat Kammgarn-Kulturgarten mit Highlights wie dem Auftritt von Tatort-Kommissar Axel Prahl mit seinem Inselorchester am 30. Juni oder Stephan Flesch mit Elmar Federkeil am 21. Juli | Foto: Kammgarn
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Ralf Vester aus Kaiserslautern

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