Strategische Neuausrichtung des MPK
Lokale Verankerung und internationale Ausrichtung
Von Frank Schäfer
Kaiserslautern. Seit Mai ist Steffen Egle neuer Direktor des Museums Pfalzgalerie Kaiserslautern (MPK). Zusammen mit Theo Wieder, dem Vorsitzenden des Bezirkstags Pfalz, stellte er im Rahmen des diesjährigen Jahrespressegesprächs die strategische Neuausrichtung des Museums vor. Im Zentrum der neuen Strategie stehen die Öffnung des Hauses, die Erschließung neuer Fokusgruppen sowie eine konsequente Gemeinwohlorientierung. Darüber hinaus wurde auch das Ausstellungsprogramm für 2023 vorgestellt.
Steffen Egle setzt sowohl auf die vertiefte Verankerung des Hauses in der Region als auch auf überregionale Sichtbarkeit: „Das sind für mich keine Widersprüche – im Gegenteil: Gerade ein Haus, das in seiner unmittelbaren Umgebung gut angenommen wird, gewinnt auch überregionale Strahlkraft.“ Auch die regionale Kunstszene soll sich im Programm des MPK verstärkt wiederfinden. Gemeinsam mit den Künstlervereinigungen der Region sollen hierfür Ausstellungsformate und Veranstaltungen konzipiert werden. „Das MPK ist das Haus der Kunst in der Pfalz und für die Pfalz“, bringt es Theo Wieder auf den Punkt.
Um neue Besucherschichten zu erreichen, sind verschiedene Begleitangebote zu den Ausstellungen geplant. Die Verantwortlichen des MPK haben sich zum Ziel gesetzt, den strategischen Wirkungsradius des Museums zu erweitern. „Wir wollen systematisch angrenzende Regionen erreichen und möchten auch die Menschen aus der Metropolregion Rhein-Neckar, aus Mainz, Wiesbaden, Trier und Koblenz für unsere Ausstellungen begeistern“, so Egle. Die Gemeinwohlorientierung soll in den Fokus gerückt werden. „Wir müssen uns die Frage stellen, wie wir an der Lösung gesellschaftlicher Probleme mitwirken und einen Beitrag leisten, damit Menschen gut durch die Krisenzeiten kommen“, so Egle.
Darüber hinaus soll ein Café als sozialer Ort der Begegnung entstehen und mit der Fotografie und den Neuen Medien wird es ein neues Sammlungsgebiet geben. „Wir dürfen die Digitalisierung nicht aus dem Blick verlieren und sind auf dem Weg zum hybriden Museum, um auch auf diesem Wege die Menschen zu erreichen.“ Im Ausstellungsprogramm setzt Steffen Egle auf mehr Vielfalt, um ein breiteres Publikum anzusprechen.
Konkrete Kunst
Von Ende März bis Anfang September wird sich das MPK erstmals in einer großen Überblicksschau der Konkreten Kunst widmen. „Wir versuchen einen Rundumschlag. Gezeigt werden etwa 150 Werke deutscher und internationaler Künstler - hauptsächlich Malerei, aber auch Plastiken und grafische Werke. Die hochkarätigen Arbeiten von Künstlern wie Albers, Uecker, Piene oder Rausch stammen aus einer südwestdeutschen Privatsammlung und waren in dieser Zusammenstellung so noch nicht zu sehen“, erklärt Kurator Dr. Sören Fischer.
Levy-Retrospektive
In einer umfassenden Retrospektive wird das MPK im kommenden Jahr das Leben des Expressionisten Rudolf Levy (1875-1944) würdigen. Der deutsch-jüdische Maler, der im Holocaust umgekommen ist, ist im Kanon der Moderne so gut wie nicht mehr präsent. Mit der Ausstellung soll das vielschichtige Werk Levys wieder in der öffentlichen Wahrnehmung positioniert und im kunsthistorischen Kontext seiner Zeit verortet werden. Die Ausstellung entsteht in Zusammenarbeit mit den Florentiner Uffizien. Levy war in Frankreich, Deutschland und – verfolgungsbedingt – in Italien aktiv, bevor er 1944 von den Nazis ermordet wurde. „Ich bin stolz darauf, dass wir durch diese länderübergreifende Kooperation das Werk dieses zu Unrecht vergessenen Malers der klassischen Moderne im Rahmen einer Retrospektive wiederentdecken können“, so Steffen Egle.
Achtung: Natur
Ein weiteres Highlight im kommenden Jahr wird die Ausstellung „Achtung: Natur“ sein. Sie zeigt, in welcher Weise sich Künstlerinnen und Künstler mit Natur und Umwelt und speziell mit den Themen Klimawandel, Biodiversität und Naturschutz auseinandersetzen. Von Mai bis September zeigt das MPK ausgewählte Positionen, die sich mit dem Verhältnis Mensch und Natur in seiner aktuellen Bandbreite facettenreich beschäftigen. Vor allem junge Menschen und Schulklassen will das MPK mit diesem Projekt ansprechen. „Wir alle sind umgeben von den Auswirkungen des Klimawandels, die uns die Dringlichkeit eines verantwortungsvollen Umdenkens und Handelns vor Augen führen. Die Zusammenschau gibt fokussiert Anstöße, sich dieser weltweiten Problematik zu stellen“, so Kuratorin Dr. Annette Reich.
Sichtweisen des Publikums
Mit Blick auf das 150-jährige Jubiläum des MPK im Jahr 2025 soll die Dauerausstellung des Hauses neu eingerichtet werden. Bis dahin wird die Sammlung in einer neuen Ausstellungsreihe in Bewegung gesetzt: Unter dem Titel „MPK:Sichtweisen“ sollen in verschiedenen temporären Präsentationen die Bestände aus unterschiedlichen Perspektiven beleuchtet werden. Dabei sollen insbesondere die Sichtweisen des Publikums mit einbezogen werden.
Herausforderungen entschlossen angehen
„Pandemie, Inflation, Energiekrise – wie alle anderen Bereiche des öffentlichen und privaten Lebens, so stehen auch die Museen vor immensen Herausforderungen“, erklärte Bezirkstagsvorsitzender Theo Wieder. Der Bezirksverband Pfalz wünsche sich eine Strategie, die das Museum krisenfest mache. Dazu müsse man heute beginnen, außerhalb der gewohnten Denkbahnen neue Wege zu beschreiten. „Ich bin überzeugt, dass das MPK mit Steffen Egle einen Direktor gefunden hat, der die Herausforderungen entschlossen angeht. Was ich bisher gehört habe, finde ich sehr ermutigend“, so Theo Wieder.
Kommentar:
Wie müssen sich Kunstmuseen vor dem Hintergrund sich ständig ändernder Gegebenheiten und neuer Herausforderungen positionieren? Mit seiner strategischen Neuausrichtung wagt das MPK unter seinem neuen Direktor Steffen Egle in vielerlei Hinsicht einen Aufbruch und präsentiert ein ganzes Bündel an Ideen: Mit dem Anspruch „offen für alle“ zu sein, will die Pfalzgalerie neue „Communities“ ansprechen und ein möglichst breitgefächertes Publikum erreichen – auch über die Region hinaus. Man will im Dialog mit dem Publikum bleiben, die Digitalisierung nicht aus dem Blick verlieren und zum „hybriden Museum“ werden. Einerseits will das MPK pfälzischen Kunstschaffenden eine Heimat bieten, andererseits seine Strahlkraft über die Region hinaus stärken und internationale Kunst nach Kaiserslautern holen. Die Pfalzgalerie hat sich viel vorgenommen für die Zukunft. Es wäre wünschenswert, dass dem MPK dieser Aufbruch gelingt. fsc
Autor:Frank Schäfer aus Wochenblatt Pirmasens |
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