Fraunhofer ITWM optimiert die Standortplanung für Impfzentren
Mathematik versus Corona

Verteilung der Impfzentren nach Szenario | Foto: Fraunhofer ITWM
  • Verteilung der Impfzentren nach Szenario
  • Foto: Fraunhofer ITWM
  • hochgeladen von Ralf Vester

Fraunhofer ITWM. Ein erster Impfstoff gegen das SARS-Cov-2-Virus soll bald erhältlich sein. Doch noch sind viele Fragen offen: Wie viele Impfdosen sind verfügbar? Wer soll zuerst geimpft werden? Wo sollen die Menschen geimpft werden? Wie viele Ärztinnen und Ärzte werden zur Impfung benötigt?

Die letzten beiden Fragen haben Forscherinnen des Fraunhofer-Instituts für Techno- und Wirtschaftsmathematik (ITWM) nun gemeinsam mit dem Robert-Koch-Institut (RKI) und der TU Kaiserslautern (TUK) untersucht. In ihrer Veröffentlichung betrachten sie unterschiedliche Standortszenarien und evaluieren unter anderem die Anzahl benötigter Ärzte und Ärztinnen, die Entfernung der Bevölkerung zu den Impfzentren sowie die Anzahl der Standorte.

Impfbereitschaft und Vakzin-Verfügbarkeit sind essenziell

Impfstoffe sind das Hilfsmittel, um die Ausbreitung des SARS-CoV-2-Virus längerfristig einzudämmen und somit die gesundheitlichen und wirtschaftlichen Schäden der Pandemie zu begrenzen. Noch in diesem Jahr könnten erste Impfstoffe mit einer vielversprechenden Wirksamkeit zugelassen und zeitnah verabreicht werden. Für eine erfolgreiche Impfkampagne ist jedoch zusätzlich von entscheidender Bedeutung, dass jeder Mensch impfbereit ist und sich möglichst schnell impfen lassen kann. Daher müssen die Gesundheitsbehörden bereits jetzt Vorbereitungen treffen, um die verfügbaren Impfstoffkapazitäten von Anfang an optimal zu nutzen. Von der Ständigen Impfkommission (STIKO) gibt es bereits Richtlinien, welche Personengruppen angesichts knapper Ressourcen zuerst geimpft werden sollen. „Unser Fokus liegt jedoch auf der logistischen Entscheidung, wo der Impfstoff verabreicht werden soll und wie viel medizinisches Fachpersonal an welchem Standort benötigt wird“, so Dr. Neele Leithäuser vom Fraunhofer ITWM, die gemeinsam mit ihrer Kollegin Johanna Schneider die Standortplanung für Impfzentren optimiert.

Optimierungsproblem mit vielen Variablen

Bei der Wahl möglicher Impfzentren sind viele Aspekte zu berücksichtigen, wie die Kühlung der Impfdosen, die Verfügbarkeit von medizinischem Personal oder auch die Möglichkeit zur Umsetzung erforderlicher Hygienekonzepte. Ein weiterer entscheidender Faktor ist die benötigte Fahrzeit der Menschen von ihrem Wohnort zum Impfzentrum, da laut einer aktuellen COSMO-Studie die Impfbereitschaft mit steigender Fahrzeit deutlich abnimmt. Aufgrund der diversen Kriterien wurden in der Studie von TUK, RKI und ITWM mehrere Standortszenarien mit unterschiedlich vielen Impfzentren diskutiert. Johanna Scheider erläutert für Deutschland: „Untersucht wurden Impfungen bei Hausärzten, in Gesundheitsämtern, in Universitätskliniken und an frei gewählten Standorten. Unsere Analysemethoden lassen sich aber auch leicht auf weitere Standortszenarien übertragen.“

Kompromiss-Szenario Gesundheitsämter

Eine Impfung beim Hausarzt, wie es bei anderen Impfungen üblich ist, wäre aufgrund der sehr geringen Fahrzeit die komfortabelste Lösung für die Impflinge. Angesichts der zu erwartenden Knappheit des Impfstoffes, der Impfpriorisierung gefährdeter Personengruppen sowie der kurzer Haltbarkeit angebrochener Impfbehälter birgt ein solches Szenario jedoch die Gefahr von Vergeudung. Zusätzlich ist die erforderliche Kühl-Infrastruktur in den Praxen je nach Anforderung nicht umzusetzen.
Bei den sehr gut ausgestatteten Universitätskliniken sind die technischen Anforderungen erfüllt, allerdings gibt es in Deutschland nur 38 Universitätskliniken. Dies führt zu einer deutlich höheren Fahrzeit und somit zu sinkender Impfbereitschaft. Zusätzlich erfordert die Zentralisierung der Impfung ein ausgereiftes Hygienekonzept, jedoch kann die vorgeschlagene Impfpriorisierung leichter eingehalten werden. Ein Kompromiss-Szenario stellen die 400 Gesundheitsämter dar, welche zumindest mit weniger spezialisierter Kühltechnik ausgestattet werden könnten. Die Studie zeigt aber auch, dass bereits 81 gut positionierte Impfzentren ausreichen, damit 75 Prozent der Bevölkerung innerhalb von 35 Kilometern Luftlinie geimpft werden können.

RKI, TUK und ITWM evaluieren gemeinsam

Die Forscherinnen und Forscher am ITWM haben gemeinsam mit dem RKI und der TU Kaiserslautern unterschiedlichste Impfszenarien und mathematische Modelle diskutiert. Für ausgewählte Szenarien wurden an der TU Kaiserslautern mithilfe mathematischer Programmierung optimale Standorte identifiziert und unterschiedliche Zuweisungen der Bevölkerung zu den einzelnen Impfstandorten berechnet. Dabei wurden bei der Optimierung diverse Kriterien berücksichtigt, wie die Fahrzeit der Impflinge, die Auslastung der Ärztinnen und Ärzte oder Kapazitätsgrenzen der Impfzentren. Die einzelnen Szenarien wurden am ITWM detailliert analysiert . Eingebettet ist die Standortplanung in das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderte Verbundprojekt „HealthFaCT“, das die Optimierung der ambulanten medizinischen Versorgung im ländlichen Raum zum Inhalt hat. „In der Hauptprojektphase haben wir ein Modell zur Standortoptimierung von Notärzten entwickelt, das wir jetzt auf die Optimierung von Impfzentren angepasst haben“, sagt Prof. Dr. Sven Krumke, Dekan des Fachbereichs Mathematik der TU Kaiserslautern. ps

Autor:

Ralf Vester aus Kaiserslautern

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

75 folgen diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

LokalesAnzeige
Werte und Normen Pflege in Bruchmühlbach-Miesau: Die Umsetzung durch die Mitarbeiter bestimmt den Ruf des Hauses | Foto: Senioren-Zentrum Haus Edelberg
3 Bilder

Werte und Normen der Pflege in Bruchmühlbach-Miesau: Umsetzung bestimmt Ruf

Werte und Normen Pflege. Zum Leitbild des Haus Edelbergs in Buchmühlbach-Miesau gehört, Bewohnern bestmögliche Lebensqualität zu bieten. Viele Patienten haben draußen nicht mehr das Leben geführt, das sie eigentlich führen wollten. Wenn sie ins Haus Edelberg kommen, haben die allermeisten wieder viel mehr Lebensqualität. Denn Pflegende in der Einrichtung sind darauf geschult, Gefühle und Motivationen von Menschen zu lesen, richtig zu kommunizieren und Hilfen zu geben, wo sie nötig sind. Viele...

RatgeberAnzeige
Altenpfleger-Jobs im Haus Edelberg sind gefragt. Vor allem das gute Arbeitsklima, die überdurchschnittliche Bezahlung, die Arbeit auf Augenhöhe und die Karrierechancen halten die Altenpfleger hier.  | Foto: Haus Edelberg
3 Bilder

Altenpfleger-Jobs in Bruchmühlbach-Miesau: Haus Edelberg ist beliebter Arbeitgeber

Altenpfleger-Jobs in Bruchmühlbach-Miesau. Die Haus Edelberg Gruppe ist eines der angesehensten Unternehmen in der stationären Pflege. Auch das Pflegeheim in Bruchmühlbach-Miesau ist einer der attraktivsten Arbeitgeber in der Region, sowohl für Pflegefachkräfte als auch für Altenpflegehelfer. Eine lange Betriebszugehörigkeit kommt unter Mitarbeitern häufig vor. Dem Pflegeheim bleiben die meisten Altenpfleger länger als fünf Jahre treu. Einige Pflegekräfte arbeiten bereits seit...

Online-Prospekte aus Kaiserslautern und Umgebung



add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.

Powered by PEIQ