Fraunhofer ITWM unterstützt Gesundheitsämter
Pandemievorsorge mit Statistik-Software
ITWM. Die Corona-Pandemie hat die Gesundheitsämter Deutschlands vor große Herausforderungen gestellt. Hilfe kam auch aus der Mathematik: Gemeinsam mit Projektpartnern unterstützte das Fraunhofer-Institut für Techno- und Wirtschaftsmathematik (ITWM) die Gesundheitsämter mittels statistischer Modellierung bei der Vielzahl an täglich anfallenden Entscheidungen. Nun geht das Projekt „EsteR“ zu Ende und die Forschenden können einige spannende Ergebnisse und Tools vorweisen – Tools, die auch in Zukunft relevant sein werden.
Vielerorts wurden Corona-Maßnahmen wie die Masken-, Test- und Impfpflicht gelockert oder sogar gänzlich fallen gelassen. Auch das Projekt „EsteR – Entscheidungsunterstützung der Gesundheitsämter mittels Risikomodellierung zur Pandemiebekämpfung“ geht zu Ende – die Ergebnisse des Projekts bleiben trotzdem relevant. Nicht nur in der aktuellen Pandemie kommen die von den Forschenden der Abteilung „Finanzmathematik“ entwickelten Algorithmen zum Einsatz: Auch zukünftig soll die Software zur Vorsorge sowie in ähnlichen pandemischen Lagen genutzt werden.
Zuverlässige Entscheidungshilfe
Im Zuge der Corona-Pandemie wurden einige Softwareanwendungen entwickelt, jedoch zielten die meisten lediglich darauf ab, Kontaktpersonen zu erfassen und Kontakte zu verwalten. Die wenigsten lieferten Unterstützung für individuelle Kontaktereignisse, etwa bei einer Corona-Infektion in einer Schulklasse. Ziel von „EsteR“ war es deshalb, komplexe statistisch-epidemiologische Sachverhalte zu konkreten Infektionssituationen zu erfassen. Dafür setzten die Forschenden direkt am Alltag der Mitarbeitenden der Gesundheitsämter an. Die Softwareumgebung, die die Expertinnen und Experten entwickelten, sollte leicht zu bedienen und verständlich sein. Durch statistische Auswertungen, die in einer App anschaulich dargestellt werden, können die Ämter bei Fragen wie „Wer muss in Quarantäne, wenn ein Kind in der Schule erkrankt?“ mathematisch unterstützt werden. Der Nutzen der Projektentwicklungen konnte durch die direkte Zusammenarbeit mit den Gesundheitsämtern Berlin-Reinickendorf, Bremen, Bremerhaven und Köln geprüft werden.
Methoden kostenlos und frei zugänglich
Zum Projektende stellen die Forschenden die entwickelten Methoden in Form einer App zur statistischen Abschätzung von Coronafällen sowie durch ein R-Paket, als Git-Repository, zur Verfügung. R ist eine Softwareumgebung für statistische Berechnungen und Grafiken – und als Open-Source-Software kostenlos und frei zugänglich. Die App betrachtet dabei gleich mehrere wichtige Pandemie-Aspekte: den Ansteckungs-, Erkrankungs- sowie ansteckungsfähigen Zeitraum, den Test auf Infektionsverbreitung und die Risikoabschätzung Quarantäne.
Neben der Forschung am Institut konnten die Expertinnen und Experten auch vor Ort in den Gesundheitsämtern dabei sein. Direkte Einblicke sammelten sie unter anderem im Gesundheitsamt Berlin-Reinickendorf.„Es war erstaunlich, zu sehen, wie unterschiedlich die Hintergründe der Mitarbeitenden an der Hotline des Gesundheitsamts sind – vom Amtsarzt bis zur Opernsängerin war alles dabei. Eine der Anforderungen an unsere App war es daher, komplexe statistische Sachverhalte leicht verständlich zu verpacken, so dass sie von jedem schnell und ohne Vorkenntnisse genutzt werden kann“, erklärt Dr. Stefanie Grimm, Koordinatorin des Forschungsschwerpunkts „Data Science“ und Projektkoordinatorin sowie Konsortialleiterin von „EsteR“.
Gelungene Zusammenarbeit und Förderung
Als Projektkoordinator von „EsteR“ war das Fraunhofer ITWM für die Planung sowie Durchführung des Projekts verantwortlich. Zudem kümmerten sich die Forschenden um die App und das R-Paket. Unterstützung kam sowohl vom Fraunhofer-Institut für Digitale Medizin MEVIS als auch von dem Leibniz-Institut für Präventionsforschung und Epidemiologie BIPS. Die Forschenden des Fraunhofer MEVIS übernahmen die statistische Modellierung der Fragestellungen, während das Leibniz-Institut BIPS die statistischen Modelle durch eine Simulationsstudie evaluierte.
Als Forschungsprojekt, das sich mit der Eindämmung und Prävention von Infektionskrankheiten beschäftigt, wurde „EsteR“ für ein Jahr durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert. „EsteR“ ist ein Folgeprojekt von „CorASiv“. ps
Autor:Ralf Vester aus Kaiserslautern |
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