Das Aufpäppeln der Schwanendame Sissi ist ein Fall für die Wildtierhilfe Kaiserslautern
Sissi und Franz tagsüber wieder vereint

Foto: Ralf Vester
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Wildtierhilfe Kaiserslautern. Als Karsten Tide an diesem sonnigen Oktobermorgen am Vogelwoog ein Rolltor hinter dem Kunstcafé öffnet, erwartet ihn die Schwanendame Sissi schon sehnlichst. Die Schwänin geriet jüngst in die Schlagzeilen, als sie vor einigen Wochen zum wiederholten Male von einem Hund gebissen worden war. Nach einem anschließenden Aufenthalt in einer Tierklinik befindet sich Sissi seit kurzem die Nacht über in einer eigens für sie eingerichteten Nische. Seither fährt der Initiator der Wildtierhilfe Kaiserslautern mit seiner Lebensgefährtin am frühen Morgen zu dem idyllisch gelegenen Ausflugsziel, verabreicht der Schwänin ihre Medikamente und macht sie fit für den Tag auf dem Weiher. Das alles unter der strengen Beobachtung ihres treuen Schwangefährten Franz, der täglich Richtung Rolltor watschelt und dort auf seine Herzdame wartet. Im Gänsemarsch geht’s nach dem Verabreichen von Medikamenten gemeinsam ans Wasser. Sissi soll ihre durch den Biss noch geschwächte Beinmuskulatur wiederaufbauen und auch sonst zügig wieder zu Kräften kommen.

„Die eigentliche Bisswunde ist längst gut verheilt, nur an Muskeln muss sie noch zulegen. Viel mehr Sorgen bereiteten zuletzt ihre des Öfteren auftretenden Magen-Darm-Probleme in Folge von nicht artgerechter Fütterung. Sie krampft manchmal stark und braucht Infusionen und Tabletten“, erklärt Karsten Tide. Die gebeutelte Schwanendame mag nachts noch nicht zum Schlafen bei ihrem Franz auf dem Vogelwoog bleiben, weshalb sich für Tide am Abend das gleiche Spiel nur umgekehrt wiederholt. Das gut gemeinte Füttern von Enten und Schwänen ist seit jeher ein Problem für sich. Den Menschen, die hier rauskommen, die Fütterung mit Weißbrot, ähnlich unsachgemäßem Futter oder gar Chips verbieten zu wollen, ist wie ein Kampf gegen Windmühlen. Eine entsprechende Hinweistafel am Ufer wäre in seinen Augen schon mal ein Fortschritt.

Sissi und Franz gehören schon seit Jahren zur „Kundschaft“ von Karsten Tide, der das Schwanenpaar auch an harten Wintertagen bei zugefrorenem See unter seine Fittiche nimmt. Oder er kommt herbeigeeilt, wenn Franz mal einen Ausflug unternommen und inmitten einer Autobahnbaustelle beschlossen hat, Station zu machen – alles schon passiert. Der 42-Jährige war ursprünglich kein Experte, sondern ist positiv „tierbekloppt“, wie er schmunzelnd verrät. Im normalen Leben ist er unter der Woche Möbelmonteur mit täglichem 8-Stunden-Job. 2014 hat er die Wildtierhilfe Kaiserslautern gegründet, seine Wohnung in der Stadt aufgegeben und sich ein Haus in einer kleinen Ortsgemeinde in der Nähe von Enkenbach-Alsenborn gekauft. Dort lebt der gebürtige Castrop-Rauxeler mit seiner Lebensgefährtin und einer stetig wechselnden Belegschaft an pflegebedürftigen Wildtieren.

Sein Haus teilt er unter anderem mit Raben und Wildkatzen im Garten, mit Igeln im Quarantäneraum oder auch mal mit einem Siebenschläfer im Käfig des Wohnzimmers. Von der vermeintlichen Romantik einer Tierstation bleibt nicht viel übrig, geht es doch nicht etwa um Kuscheleinheiten für die Schützlinge, sondern in erster Linie um das Füttern der Tiere und das Reinigen von deren Käfigen. Menschen, die seine Station in guter Absicht gerne mal besuchen würden, bittet er um Verständnis, dass dies ausdrücklich nicht möglich ist. Denn die Tiere sollen mit so wenig menschlichem Kontakt auskommen wie nötig. Nur so kann eine erfolgreiche Auswilderung gelingen. Daher bleibt der genaue Ort der Station auch geheim.

Die Wildtierhilfe Kaiserslautern, eine Gruppierung der Tierhilfe Pfalz e.V., ist eine kleine Auffangstation mit dem Ziel, verletzte oder verwaiste Wildtiere gesund zu pflegen oder großzuziehen, um sie so rasch wie möglich wieder dem Leben in freier Natur zurückzugeben. Das Spektrum reicht von der kleinen Haselmaus bis zum veritablen Dachs, Storch oder eben Schwan. Wildschweinfrischlinge oder Rehkitze darf Tide beispielsweise gar nicht annehmen, denn diese werden nach dem Kontakt mit Menschen von ihrer einstigen Gruppe nicht mehr angenommen und müssen eingeschläfert werden. Neben täglichen Beratungsgesprächen muss er mindestens drei bis vier Mal pro Woche zu einem Notfall ausrücken – im Umkreis von bis zu 60 Kilometern.

Karsten Tide hat sein Leben den Tieren verschrieben und ist rund um die Uhr und an 365 Tagen im Jahr erreichbar. Urlaub ist für ihn ein Fremdwort. Er bekommt keinen einzigen Cent dafür, denn finanziert wird das gesamte Wirken der Wildtierhilfe Kaiserslautern ausschließlich über Spenden an die Tierhilfe Pfalz. Von staatlicher oder behördlicher Seite kommt keinerlei Unterstützung. „Da steckt viel eigenes Geld drin. Wir treten oft in Vorlage und legen drauf“, verdeutlicht Tide. Futterkosten von bis zu 2.000 Euro pro Winterhalbjahr für eine Wildkatze lassen erahnen, in welchen Dimensionen sich der finanzielle Bedarf bewegt. Zusätzlich zur täglichen Arbeit mit den Tieren, den Tierarzt-, Medizin- und Futterkosten, müssen auch Gerätschaften und Gebäudearbeiten finanziert werden. Neben einem Tierarzt, der auf Zuruf auch nach den üblichen Öffnungszeiten für die Wildtierhilfe anspielbar wäre, sind Spenden daher immer mehr als willkommen. Wer also mit einer Spende dazu beitragen will, dass Wildtiere wie die beiden Schwäne Sissi und Franz auch künftig bestmöglich betreut werden können, der darf sich gerne dazu berufen fühlen. rav

Kontakt:
Wildtierhilfe Kaiserslautern
Notrufnummer: 0177 4256478

Spendenkonto:
Wildtierhilfe Kaiserslautern der Tierhilfe Pfalz e.V.
Stadtsparkasse Kaiserslautern 
IBAN DE22 5405 0110 0000 5566 62
BIC: MALADE51KLS

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Autor:

Ralf Vester aus Kaiserslautern

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