Von Kaiserslautern in die Welt
Wie Christian Stich in Guatemala den Kampf gegen die Benachteiligung der Mayas unterstützt
von Ralf Vester
Kaiserslautern. Als Christian Stich im Jahr 2009 die Anfrage der deutschen Journalistin und Politologin Maria Christine Zauzich erhielt, ob er die Projektleitung für das 1992 von ihr in Guatemala gegründete Stipendienwerk „Proyecto Ija’tz / Samenkorn e.V.“ übernehmen wolle, musste er nicht allzu lange überlegen. Der Kaiserslauterer hatte schon zu seinen Zeiten in der Katholischen Jungen Gemeinde (KJG) St. Martin seine Leidenschaft für die spanische Sprache entdeckt und im Rahmen seines Jura-Studiums in Saarbrücken seinen Fokus zunehmend auf die Menschenrechtsarbeit in Afrika und Lateinamerika gerichtet. Dass er in Guatemala allerdings Wurzeln schlagen würde, ahnte er indes noch nicht.
Seine Zusage hat der Jurist zu keiner Zeit bereut. Er hat in der passionierten Arbeit für das zum größten Teil von einem deutschen Unterstützerkreis finanzierte Stipendienwerk einen Weg gefunden, gegen die Benachteiligung der indigenen Bevölkerung des von tiefer Armut und einer hohen Kriminalitätsrate geprägten Landes vorzugehen. Bildung ist in Guatemala noch immer nahezu ausschließlich der reichen Oberschicht vorbehalten. Nur jeder fünfte Jugendliche schafft einen Schulabschluss der Sekundarstufe, nur einer von Fünfzig einen Universitätsabschluss. Für Jugendliche aus dem Volk der Mayas ist der Weg zu Bildung besonders steinig – gäbe es da nicht das Stipendienwerk „Proyecto Ija’tz / Samenkorn e.V.“, das Schul- und Universitätsstipendien an begabte junge Guatemalteken aus armen Verhältnissen, vorzugsweise aus dem Volk der Mayas, vergibt.
„Viele Kinder und Jugendliche machen in ihren Familien schon früh die Erfahrung von Gewalt oder von Suchtproblemen ihrer Eltern. Besonders für Mädchen gibt es oft keine Chance auf höhere Bildung“, skizziert Christian Stich die soziale Situation vieler Jugendlicher und konkretisiert: „Nur sechs von zehn Kindern bzw. Jugendlichen im schulpflichtigen Alter gehen zur Schule, fast die Hälfte aller Kinder unter fünf Jahren ist chronisch unterernährt, die entsprechenden Zahlen in indigenen Regionen liegen noch weit höher.“
„Ija’tz“ ist das Maiskorn, das den Mayas heilig ist und für Wachstum, Weisheit und Leben steht. Zugleich soll das Samenkorn für einen friedlichen Wandel durch Bildung in Guatemala gelegt werden. Alle Stipendiaten zeichnen sich durch christliches und soziales Bewusstsein und Verantwortungsgefühl, überdurchschnittliche akademische Leistungen aus und wollen auch nach Abschluss ihrer Ausbildung in Guatemala bleiben, um einen Beitrag zur Entwicklung ihres Landes zu leisten. „Es ist unheimlich schön zu sehen, wenn junge Frauen und Männer, die wir begleitet haben, persönlich und beruflich ihren Weg machen und später Berufe wie Lehrer oder gar Arzt ergreifen können“, freut sich der 49-Jährige.
Aktuell sind es 60 Stipendiatinnen und Stipendiaten – 32 Schüler und 28 Studenten – die das Stipendienwerk materiell fördert und in ihrem individuellen Bildungsweg und ihrer Persönlichkeitsentwicklung begleitet. Die Förderung für Schüler erstreckt sich in der Regel über drei Jahre bis zum Abitur. Studenten werden meist zwischen fünf und sechs Jahre gefördert. Zur finanziellen Unterstützung kommt ein begleitendes Bildungsprogramm, in dem zum Beispiel die Sprachkenntnisse der Stipendiaten erweitert werden. „Unsere Arbeit ist von der Vision geleitet, die Gesellschaft Guatemalas durch Bildung schrittweise zu verändern. Wir wollen die Kultur der Mayas bewahren und durch Bildung den immer noch latent vorhandenen Rassismus und die Vorurteile in den Köpfen und Herzen überwinden“, erklärt Christian Stich.
Der Projektleiter weiß ein engagiertes Team aus vier Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern um sich – alle aus dem Volk der Mayas. „Ich wurde hier von Beginn an sehr herzlich aufgenommen“, bestätigt er. Elf Jahre sind es nun, die Christian Stich mittlerweile in Guatemala lebt. Neben seiner beruflichen Bestimmung hat er längst auch sein privates Glück gefunden. Seit 2012 ist der Pfälzer mit der einheimischen Architektin Majo Avendaño verheiratet. Den Kontakt zur alten Heimat versucht er so gut wie eben möglich zu halten. Einmal im Jahr kommt der passionierte FCK-Fan mit seiner Frau nach Kaiserslautern, besucht Familie und Freunde, die auch hin und wieder mal den umgekehrten Weg zu ihm nach Guatemala finden. Alle drei bis vier Jahre reist er auch mit einer kleinen Gruppe von Stipendiaten nach Deutschland.
Die Frage, ob er denn auch seinen Lebensabend in Lateinamerika zu verbringen gedenkt, lässt Christian Stich mit einem Lächeln noch offen: „Wir sind da überhaupt nicht festgelegt. Vielleicht bleiben wir für immer hier, vielleicht geht’s aber auch irgendwann wieder nach Deutschland oder ganz woanders hin.“
Spenden:
Wer das „Proyecto Ija’tz mit einer Spende unterstützen möchte, kann dies unter der folgenden Bankverbindung tun:
Samenkorn e.V.
Volksbank in Südwestfalen
IBAN: DE64 4476 1534 0190 5573 00
BIC: GENODEM1NRD
Autor:Ralf Vester aus Kaiserslautern |
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