Coronavirus in Kaiserslautern – von besonnenem Krisenmanagement bis zu Hamsterkäufen
Wie ein Virus seine Blüten treibt
von Ralf Vester
Gesundheit. Bis vor kurzem war das Coronavirus noch eine weit, weit entfernte Bedrohung, der doch Bitteschön erst mal die Chinesen Herr werden und dessen Verbreitung eindämmen sollten. Recht zügig registrierte man jedoch auch in unseren Breitengraden, dass dieses Unterfangen im Reich der Mitte ein wenig aus dem Ruder gelaufen ist und es in der globalisierten Welt von heute nur noch eine Frage der Zeit sein würde, bis auch hierzulande die ersten Fälle auftauchen. Und was eben noch im weit entfernten Wuhan grassierte, stand letzte Woche urplötzlich vor unserer Haustür.
Am 27. Februar machte die Meldung die Runde, dass ein 32-jähriger Mitarbeiter der Technischen Universität mit iranischer Herkunft im Westpfalz-Klinikum als erster Coronavirus-Patient in Kaiserslautern identifiziert wurde. Der einberufene Krisenstab unter der Federführung des Landkreises machte sich umgehend und mit der gebotenen Akribie an die Arbeit. Sowohl Landrat Ralf Leßmeister und der städtische Beigeordnete Peter Kiefer als auch die Gesundheitsbehörden und die Ärzteschaft des Westpfalz-Klinikums vermittelten in der Pressekonferenz am folgenden Tag glaubhaft den Eindruck, dass sie jederzeit Herr der Lage seien und seit Wochen für eben jenen Fall der Fälle gut vorbereitet wären. Das Klinikum hat eine Isolierstation mit Schleuse und zehn Zimmern geschaffen, zudem wurde das leerstehende Bürger-Büsing-Haus im Stadtteil Erzhütten rasch zu einer weiteren möglichen Quarantäneeinrichtung umfunktioniert. Der kurzzeitig ausgesetzte reguläre Betrieb des Klinikums wurde am Dienstag, 3. März, wieder aufgenommen – eine gute Nachricht.
Die Kontaktpersonen des Infizierten waren schnell ermittelt und als Vorsichtsmaßnahme unter häusliche Quarantäne gestellt. Die Tatsache, dass sich bislang nur zwei weitere Person angesteckt haben und diese zudem einen ähnlichen Personenkreis benannten, mit denen sie in Kontakt standen, macht Hoffnung, dass das Virus keine großen Kreise zieht. Alle weiteren Testergebnisse der Kontaktpersonen sind negativ. Den drei Infizierten geht es laut Behörden nach wie vor gut, sie alle befinden sich auf dem Wege der Genesung.
Obwohl die Lage stets unter Kontrolle war und ist, haben die beiden Fälle von Coronavirus in der Bevölkerung Kaiserslauterns wie zu erwarten bei vielen Besorgnis und übertriebenen Aktionismus ausgelöst. Bereits am Freitagabend hatten sich die Hinweise auf Hamsterkäufe von Lebensmitteln verdichtet. Auch wer das zuerst nicht glauben wollte, konnte sich spätestens am Samstag in den Supermärkten mit eigenen Augen von der Richtigkeit dieser Nachricht überzeugen. Diverse Regale in Supermärkten sind nahezu leer geräumt. Nudelfächer und die zugehörigen Soßen sind großflächig geplündert, auch in Obst- und Gemüseauslagen herrscht mancherorts gähnende Leere. Das gleiche Bild dort, wo sich normalerweise Mehl, Konserven und haltbare Backwaren stapeln. Auch die Türme aus Mineralwasserflaschen sind teils fast bis auf die Grundmauern abgetragen.
Während sich die Hamsterkäufer flugs bevorratet haben, stand die weniger besorgte Fraktion der Kunden kopfschüttelnd vor den leeren Fächern und schoss das ein oder andere Foto von leer gefegten Regalen. Die Angst der Hamsterkäufer, dass die Lebensmittelversorgung in der Region zusammenbrechen könnte, ist offenbar nicht minder ansteckend als das gefürchtete Virus. Dieser Aktionismus ist freilich vollkommen überzogen und entbehrt jeder Grundlage.
Zu den Fakten: In Deutschland sind bislang insgesamt 196 Fälle bestätigt (Stand: 3. März, 15 Uhr), drei davon in Kaiserslautern. Es wurden Fälle aus 49 Landkreisen in zehn Bundesländern berichtet. Die Fälle sind zwischen 2 und 69 Jahre alt. 57 Prozent Männer und 43 Prozent Frauen sind betroffen. Die betreffenden Personen hatten entweder Kontakt mit einem bestätigten Fall oder hielten sich in einem Risikogebiet bzw. Gebiet mit einer erhöhten Anzahl von Fällen auf. Als sogenannte Expositionsorte sind 91 Mal der Landkreis Heinsberg, 19 Mal Italien, 7 Mal der Iran und 2 Mal China bekannt.
Das Robert Koch-Institut schätzt die Gefahr für die Gesundheit der Bevölkerung in Deutschland aktuell als gering bis mäßig ein. Das neuartige Coronavirus (SARS-CoV-2) kann wie andere respiratorische Erreger zu Symptomen wie Husten, Schnupfen, Halskratzen und Fieber führen, einige Betroffene leiden auch an Durchfall. Bei den bisher hauptsächlich aus China berichteten Fällen verliefen vier von fünf Krankheitsverläufen mild. Bei einem Teil der Patienten kann das Virus zu einem schwereren Verlauf mit Atemproblemen und zu Lungenentzündung führen. Todesfälle traten bisher vor allem bei Patienten auf, die älter waren und/oder zuvor an chronischen Grunderkrankungen litten. In Deutschland sind noch keine Todesfälle aufgetreten.
Wie bei Influenza und anderen akuten Atemwegsinfektionen schützen Husten- und Nies-Etikette, gute Händehygiene sowie ein gebührender Abstand zu Erkrankten (ein bis zwei Meter) auch vor einer Übertragung des Coronavirus. Diese Maßnahmen sind allerdings auch in Anbetracht der allgemeinen Grippewelle überall und jederzeit angeraten. Also, ruhig Blut bewahren!
Autor:Ralf Vester aus Kaiserslautern |
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