Angelika Dripke vom Verein ADS-Mainz über ADHS bei Erwachsenen

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Von Monika Klein
Kaiserslautern. Die Aufmerksamkeitsdefizitstörung - ob mit Hyperaktivität (ADHS) oder ohne (ADS) - ist nicht auf das Jugendalter beschränkt. Laut der Barmer Krankenkasse weisen 30 bis 50 Prozent der betroffenen Kinder im Erwachsenenalter deutliche Symptome auf. Wie sie sich äußern und wie Betroffene damit umgehen können, erläutert Angelika Dripke aus dem Vorstand der Selbsthilfegruppe ADS Mainz.

Frau Dripke, wie viele Erwachsene leiden unter ADHS?

Angelika Dripke | Foto: Dripke


Dripke: Weltweit sind es zwischen zweieinhalb und fünf Prozent. Davon sind viele, auch in Deutschland, noch nicht diagnostiziert.

Was sind Ihrer Erfahrung nach die häufigsten Symptome?
Dripke: Bei Erwachsenen gibt es zwei große Gruppen, eine mit Hypoaktivität (Unteraktivität), und eine mit Hyperaktivität (Überaktivität) und Impulsivität. Beide leiden unter innerlicher Unruhe, sind getrieben, sie kommen nicht zur Ruhe. Am Besten gelingt das noch bei Spaziergängen oder in der Natur. Wegen der mangelnden Aufmerksamkeit auf uninteressante Aufgaben passieren Betroffenen häufig Flüchtigkeitsfehler oder sie überhören Details, im Sinne von vergessen, verlieren, verlegen. Ganz typisch sind auch Reizüberflutung, sowohl visuell als auch auditiv, und Schlafstörungen. Das Spektrum ist sehr breit.

Diese Auffälligkeiten strahlen in alle Lebensbereiche aus?
Dripke: Ja, genau. ADHS beeinflusst Beruf, Familie und Freunde.

Wo liegen die Schwierigkeiten in engen sozialen Beziehungen?
Dripke: ADHSler sind „blind“ für bestimmte Sachen. Es kann sein, dass sie eine bestimmte Sache zusagen und sie dann nicht fertigstellen, obwohl sie wiederholt daran erinnert wurden. Oder sie vergessen den Einkauf oder die Steuererklärung ganz. Das kann zu enormen Konflikten führen.
Schwierig sind oft auch emotionale Begegnungen, ADHSler sind Mimose und Vorschlaghammer zugleich. Bei Kritik schrecken sie zusammen, teilen aber gerne kräftig aus. Diese emotionale Überempfindlichkeit bei unbedeutenden Dingen entwickelt sich aus der Prägung in Kindheit und Jugend heraus. Durch das häufige Scheitern entwickeln sie ein vermindertes Selbstwertgefühl.

Was raten Sie Menschen, die sich in den von Ihnen beschriebenen Symptomen wiederfinden?
Dripke: In eine Selbsthilfegruppe zu gehen. Die meisten ADHSler empfinden das wie eine Familie, sie fühlen sich wohl und verstanden. Als zweiten Schritt sollte man eine Diagnose anstreben, auch wenn es wegen der langen Wartezeiten bei Psychiatern und Psychologen, die sich mit ADHS auskennen, schwierig ist. Für die Diagnostik gibt es Fragebögen und da ist es ganz wichtig, genau nachzuhaken, ob es zum Beispiel Hinweise auf ADHS in der Familie gibt. So sind jahrzehntelange Kontaktabbrüche typisch. Bei vorhandenem Leidensdruck, bei Betroffenen oder der Familie, sollte man eine Diagnostik machen.

Wie finde ich Spezialisten?
Dripke: Unser Verein hält Behandlerlisten für Kinder und Jugendliche und für Erwachsene vor. Dort sollte man sich anmelden und immer wieder nachhaken. Man kann auch eine psychosomatische Reha mit Schwerpunkt ADHS machen oder sich im Zusammenhang mit einer klinischen Studie diagnostizieren lassen. Das ist zwar alles sehr langwierig, aber es lohnt sich. Wenn die Diagnose gestellt ist, heißt das nicht unbedingt, dass ich medikamentös behandelt werden muss.

Welche Therapien gibt es und wie kann der Verein helfen?
Dripke: Die medikamentöse Therapie mit Stimulanzien (Amphetamin, Methylphenidat), Psychoedukation und Verhaltenstherapie wirken sehr gut. Von einer tiefenpsychologischen Therapie rate ich ab. Unser Verein bietet Vorträge, Gesprächskreise, Spaziergänge, gemeinsame Wochenenden und auch Telefonberatungen an. Den Betroffenen tut das gut, weil sie merken, dass sie nicht alleine sind.

Info
ADS Mainz e. V., Angelika Dripke, Telefon 0151 40405984, E-Mail info@ads-mainz.de, www.ads-mainz.de

Zur Person
Angelika Dripke (Jahrgang 1963) aus Wiesbaden engagiert sich seit 2005 im Verein ADS Mainz. Die Ingenieurin und Ärztin wurde nach Diagnosen in der Familie ebenfalls diagnostiziert, kann heute aber die vielen Vorteile der ADHS nutzen, da sie die Nachteile durch die Behandlung im Griff hat. 

ADS und ADHS
Die Aufmerksamkeitsdefizitstörung (ADS) kann mit Hyperaktivität verbunden (ADHS) sein, muss sie aber nicht. Dabei handelt es sich um eine Stoffwechselstörung im Gehirn. Betroffene sind leicht ablenkbar, ihr Verhalten ist oft impulsiv und sie leiden unter einer inneren Unruhe. Als Ursachen für diese Erkrankung nennen Fachleute eine genetische Veranlagung sowie Umwelteinflüsse. Die Störung ist nicht heilbar, kann aber gut behandelt werden. [lmo]

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Angelika Dripke | Foto: Dripke
Autor:

Monika Klein aus Kaiserslautern

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