Die Personalie Gerry Ehrmann
Eine Bestandsaufnahme

Seit 1984 beim FCK: Gerry Ehrmann | Foto: Jens Vollmer
  • Seit 1984 beim FCK: Gerry Ehrmann
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von Ralf Vester
FCK. Was für ein Paukenschlag am vergangenen Sonntag. Die Meldung, dass FCK-Legende Gerry Ehrmann freigestellt worden sei, verbreitete sich im Laufe des Nachmittags wie ein Lauffeuer und sorgte für eine weitgehend fassungslose und aufgebrachte Fanszene.

Was war passiert? Nach dem enttäuschend verlaufenen Heimspiel der Roten Teufel gegen den FSV Zwickau (0:0) am Samstag rumorte es offenbar im VIP-Bereich in dem 61-jährigen Torwarttrainer derart, dass er sich vor versammelter Kulisse zu abfälligen Bekundungen über FCK-Trainer Boris Schommers hinreißen ließ. Beim Training am Sonntagmorgen schwelte der Disput wohl weiter.
Nachdem die FCK-Verantwortlichen am Sonntag vorerst noch in einem kurz gehaltenen Pressetext die Maßnahme bestätigten, sah man sich aufgrund der Welle der Empörung seitens der Fans und des beträchtlichen Hypes in den Medien am Montagabend zu einer umfassenden Stellungnahme gezwungen: „(...)Bereits seit Monaten schwelte ein Konflikt zwischen Gerry Ehrmann und dem Trainerteam. Boris Schommers hat dabei mehrfach deutlich gemacht, dass unterschiedliche Meinungen über die sportliche Entwicklung im internen Kreis des Trainerteams aufgearbeitet werden. Dabei ist jedoch ein respektvoller Umgang untereinander und die Fähigkeit, unterschiedliche Charaktere zu tolerieren, Voraussetzung. In den vergangenen drei Tagen, beginnend am Freitag vor dem wichtigen Heimspiel gegen den FSV Zwickau, ist es jedoch mehrfach durch Gerry Ehrmann zu massiven, substanziellen Beleidigungen, Arbeitsverweigerungen und Drohungen gegenüber dem Trainerteam gekommen. Diese Vorkommnisse sind dabei unter Zeugen aus dem Trainer- und Betreuerteam passiert sowie dokumentiert und haben in ihren Auswirkungen auch die Mannschaft erreicht. Zum Schutz der betroffenen Personen und für die Gewährung eines zielgerichteten Trainings- und Spielbetriebs sah sich die Vereinsführung zum Handeln gezwungen. Trotz aller unbestrittenen Verdienste von Gerry Ehrmann um den Verein und dem Wissen um seine Popularität bei den FCK-Fans war die Freistellung nach den nicht zu tolerierenden Vorkommnissen unumgänglich und wird gemeinsam von den Verantwortlichen des Aufsichtsrats, Ehrenrats, Vorstands, Beirats und der Geschäftsführung des 1. FC Kaiserslautern vollumfänglich getragen.“

Die Antwort von Gerry Ehrmann ließ nicht lange auf sich warten. Er zeigte sich "geschockt und traurig" und weist die Vorwürfe in puncto Beleidigungen und Arbeitsverweigerung entschieden zurück. Die Pressemitteilung des FCK sei eine „absolute Frechheit“. Er werde sich das nicht gefallen lassen und die Angelegenheit den Anwälten übergeben. Gesagt getan, Ehrmann will nunmehr in der Öffentlichkeit schweigen und nur noch seinen Anwalt Dr. Markus Schütz sprechen lassen. Für den heutigen Mittwoch wurde ein Treffen zwischen Schütz, Ehrmann sowie Markus Merk, Rainer Keßler und Soeren Oliver Voigt anberaumt. Morgen, Donnerstag, will der FCK vor der Spieltagspressekonferenz dazu Stellung nehmen.   

Dass Gerry Ehrmann seit jeher emotional grantelt und dabei weder Spieler, noch Funktionäre mit Samthandschuhen anfasst, ist nun beileibe kein Geheimnis. Auch für eben diese kantige Art liebten ihn die Fans seit langen Jahren. Allerdings störten sich kritische Stimmen seit geraumer Zeit daran, dass sich Ehrmann wiederholt in vereinspolitische Dinge eingemischt und sich dabei von Personengruppen aus dem Umfeld des Vereins instrumentalisieren lassen habe. So ergriff er beispielsweise 2017 im Vorfeld der Aufsichtsratswahlen öffentlich Partei für das von Dieter Buchholz unterstützte Kandidatenteam und äußerte im Sommer 2019 Rücktrittsgedanken, falls der Deal mit dem luxemburgischen Investor Flavio Becca scheitern würde. Auch eine gewisse Nähe zu einer großen Tageszeitung wurde ihm unterstellt.

Für weite Teile der aufgebrachten Fans hingegen ist der 1984 zum FCK gestoßene Ehrmann einfach nur die letzte verbliebene Vereinsikone, die exzellente Keeper wie Roman Weidenfeller, Tim Wiese, Tobias Sippel, Kevin Trapp oder Julian Pollersbeck formte und damit maßgeblich dazu beitrug, den Roten Teufeln durch entsprechende Verkaufserlöse das finanzielle Überleben zu erleichtern.

Die Volksseele kocht also, beim gestrigen öffentlichen Training der Roten Teufel gab es offene Anfeindungen für Trainer und Team – auch weit unter der Gürtellinie. Die Fans haben eine Online-Petition mit derzeit bereits über 9.000 Unterschriften für Gerry Ehrmann gestartet und protestieren vehement gegen den Rauswurf des beliebten Torwarttrainers. Der Schaden für den Verein ist nahezu maximal. Und das in einer Situation, in der es ohnehin wirtschaftlich ums Überleben geht und weitere Nebenkriegsschauplätze wie dieser von der Vereinsführung sicher nicht aus Spaß an der Freude eröffnet werden. Die „Heilige Kuh“ Gerry Ehrmann zu opfern – und das ausgerechnet in einer solch sensiblen Phase – kann kein Kalkül gewesen sein, denn man wusste ganz genau, welch heftige Reaktionen seitens der Fans und der Medien drohen, wenn man sich zu diesem Schritt entschließen würde.

Zudem hält die sportliche Talfahrt des in die Abstiegszone gerutschten FCK weiter an, und „ganz nebenbei“ ist ja auch die Frage nach der künftigen Stadionpacht noch immer ungeklärt. Die Lage ist vor dem ebenso heiklen wie prestigeträchtigen Derby am Samstag beim SV Waldhof Mannheim mit angespannt noch milde umschrieben. Auch für Boris Schommers ist die Luft nach dem Donnerhall dünner geworden, obwohl sich alle Vereinsgremien ausdrücklich hinter ihn stellen und die Freistellung des Torwarttrainers als einzig mögliche Konsequenz verteidigen. Aber viele Fans projizieren ihren Ärger über den Ehrmann-Rauswurf eben auf den Cheftrainer, für den es ebenfalls eine Unterstützer-Petition gibt.

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Autor:

Ralf Vester aus Kaiserslautern

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