Ein-Personen-Theaterstück „Einigkeit und Recht und Freiheit - Die Revolution 1848/49“ an der IGS Kandel
Kandel. Geschichtsunterricht mal ganz anders: Gudrun Kampen, die an der IGS Kandel die AG „Schule gegen Rassismus, Schule mit Courage“ leitet und Geschichtslehrerin ist, wurde vom Bezirksverband angeschrieben, ob sie Interesse hätte, mit diesem Theaterstück Demokratie aus verschiedenen Perspektiven zu erleben. Nach Rücksprache mit Schulleiterin Melanie Müller sagte sie sofort zu. Diese begrüßte die Schüler der 12. und 13. Jahrgänge und die anwesenden Erwachsenen mit „Passt genau in unser schulisches Konzept.“
Der Schauspieler Timo Leo, bekannt auch von Fernsehauftritten, nennt sich „Histotainer“ und verbindet Historisches mit Unterhaltung. Er recherchiert, schreibt, inszeniert und spielt Ein-Mann-Theaterstücke meistens zu historischen und politischen Themen. In diesem stellt er ein Kapitel deutscher Geschichte vom Wiener Kongress (1815) bis zur Revolution 1848/49 in faszinierender, unterhaltsamer Weise dar.
Er zeigt die unterschiedlichen politischen Richtungen und den Freiheitskampf des Volkes gegen die Feudalherren auf. Dabei verkörpert er den Jakobiner Adam von Itzstein, Freiheitskämpfer und Abgeordneter der Paulskirchenversammlung, der auf der Flucht wegen Hochverrats und zum Tode verurteilt ist. Er schlüpft in die Rolle von zehn verschiedenen historischen Akteuren und nimmt die Zuhörer mit ausdrucksstarker Mimik und Gestik sowie stimmlicher Flexibilität mit auf seine Reise zur Revolution von 1848/49. Er verwendet verschiedene Dialekte und historische Lieder und spielt den liberalen, aber auch den reaktionären Revolutionär, wechselt zum einfachen Bürger, zum Fürsten Metternich oder zum Preußenkönig Friedrich Wilhelm und auch zum badischen Revolutionär Friedrich Hecker oder zu Robert Blum, der dann ermordet wird.
Die Revolution scheitert zwar und die vorgesehene Verfassung tritt nicht in Kraft. „Aber was hier begann, ist nicht mehr rückgängig zu machen. Die Grundrechte, Parlamente, Pressfreiheit, Volksversammlungen und Rechtsstaatlichkeit haben hier ihre Wurzeln. Die Verfassung ist die Großmutter eines allgemein gültigen Gesetzes. Manche Stellen sind noch in aller Munde“, verabschiedet sich Leo vom Publikum und ist in der Gegenwart angekommen.
Dann lud er zu einer Aussprache und zu Fragen ein, was genauso lange dauerte wie das 45-minütige Theaterstück. Zunächst gab er noch Erläuterungen, dass es bei diesem Auftragswerk von verschiedenen Institutionen auch klar war, in die Schulen zu gehen. „Das war mir auch sehr wichtig. Es war nicht einfach, 40 Jahre deutsche Geschichte in 45 Minuten darzustellen, demokratische Werte zu vermitteln und die Atmosphäre zu zeigen, wie aufgewühlt es zuging. Ich musste viel reduzieren und war stets im Gespräch mit den Förderern.“
Auf die Frage des Schauspielers, ob die Schüler diese 40 Jahre Geschichte nachvollziehen könnten, kamen mehrere Antworten und Fragen aus deren Reihen. „Geschichtsunterricht ist zwar auch gut, aber so wird man mehr begeistert – auch um positiv um die Demokratie zu kämpfen“, war eine der Antworten oder „Gerade, wo sie wieder mehr bedroht ist, müsse und könne jeder etwas im Kleinen dafür tun.“ Schüler fragten auch nach, ob sich ihm gegenüber auch schon jemand demokratiefeindlich geäußert habe. Leo meinte dazu, dass man aufklären müsse, dass es einfach keine Alternative zur Demokratie gäbe.
Auf den Einwurf der Lehrerin Kampen, dass nach einer Umfrage in Deutschland inzwischen weniger als die Hälfte die Demokratie gut fände, kam von Schülern spontan der Einwand, dass diese Leute gar nicht wüssten, wie gut es uns in Deutschland gehe. Darauf Leo: „Jugendliche finden sich nicht ernst genommen. Die Politik hat Nachholbedarf, es fehlt Empathie, während radikale Parteien mehr zuhören. Deshalb ist auch politische Bildung in der Schule total wichtig. Es geht uns alle an. Mein Stück ist ein Mosaiksteinchen“. Für dieses Schlusswort gab es langanhaltenden Beifall für seinen „sehr gut rüber gekommenen Auftritt“, wie eine Besucherin meinte. red/paul
Autor:Heike Schwitalla aus Germersheim | |
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