Schreiben von Stadtbürgermeister Michael Niedermeier an die Partnerstadt
Kandel und Reichshoffen gedenken des 8. Mai 1945
Kandel. Das Ende des Zweiten Weltkriegs jährt sich am 8. Mai zum 75. Mal. Aus diesem Anlass schreibt Kandels Stadtbürgermeister Michael Niedermeier an die Bürger und Ratsmitglieder der Partnerstadt Reichshoffen im Elsass: Am 8. Mai 1945 ist eines der dunkelsten Kapitel unserer Geschichte beendet worden. Die alliierten Streitkräfte haben Europa von der Nazi-Herrschaft befreit. Deshalb ist dieser Tag des offiziellen Endes des Zweiten Weltkrieges nicht einfach ein Feiertag im Kalender. Nein, dieser Tag markierte einen Neuanfang. Einen Neuanfang zwischen den Völkern Europas und der gesamten Welt. Und nach dieser langen Zeit seit 1945 können wir sagen, dass wir nicht nur den Neuanfang gut gemacht haben, nein, wir können sagen, dass wir seither die Chance mehr als nur genutzt haben, um ein komplett neues Kapitel der Geschichte zu schreiben. Mit „wir“ sind unsere Völker, die Bürgerinnen und Bürger und die politischen Verantwortlichen unserer beiden Länder und Städte gemeint. Der Élysée-Vertrag und unsere Besiegelung der Städtepartnerschaft zwischen Reichshoffen und Kandel haben maßgeblich dazu beigetragen, dass wir uns nicht „nur“ gegenseitig respektieren und Frieden halten wollen. Wir besiegelten damit eine Freundschaft. Eine Freundschaft die gelebt wird. Eine Freundschaft, die beispielgebend für verfeindete Völker auf dieser Welt ist.
Ich erinnere mich noch sehr gut an die Gedenkfeierlichkeiten zum Ende des Ersten Weltkrieges in Reichshoffen und des Volkstrauertages in Kandel im vergangenen Jahr. Damit haben wir auch wieder ein bisschen Geschichte geschrieben. Sie, lieber Herr Bürgermeister, wie auch ich haben jeweils an den Feierlichkeiten zum ersten Mal zu den Bürgerinnen und Bürgern der Partnerstädte gesprochen. Beide haben wir, lieber Kollege Hubert Walter, zusammen gerufen: „Das ist Europa! C“est l“Europe!“
Und nun leben wir in einer herausfordernden Zeit der Coronakrise. Eine Lage, die die deutsch-französische Freundschaft sehr stark fordert. Geschlossene Grenzen, Grenzkontrollen zwischen unseren Ländern sind für uns so antiquiert, dass wir uns schwer, ja eigentlich gar nicht daran gewöhnen können. Besuche auf beiden Seiten und schließlich auch ein Besuch Ihrer Feierlichkeiten des 8. Mai sind nicht möglich.
Hinzu kommt, dass die Corona-Lage Sie im Elsass besonders hart getroffen hat. Wir sind daher sehr froh, dass die Freundschaft unserer Länder gehalten hat und wir helfen konnten, indem schwererkrankte Covid-19-Patienten aus Frankreich in Rheinland-Pfalz und schließlich auch in unserer Klinik in Kandel behandelt wurden.
Dadurch zeigt sich einmal mehr, dass die zarten Pflänzchen der Freundschaft vor 75 Jahren zu starken Bäumen herangewachsen sind. Sie sind wehrhaft und halten auch diese Krise aus. Wir in Deutschland und damit auch in Kandel sind Ihnen, liebe Freunde aus Frankreich und Reichshoffen, zu großem Dank verpflichtet. Sie haben uns damals die Hand gereicht. Zusammen haben wir daraus eine tiefe und ehrliche Freundschaft geformt. Genau diese Freundschaft gilt es zu hegen und zu pflegen. Wir in Reichshoffen und Kandel tun dies auf so verschiedenen Wegen und mit so vielen Gesten.
Genau deswegen setzen wir vom 8. Mai bis einschließlich 10. Mai die Flaggen Frankreichs und Europas auf Vollmast und lassen unsere Stadthalle in den Farben der Tricolore erstrahlen – als Zeichen unserer tiefen Verbundenheit Ihres und damit auch unseres Feiertages, als Zeichen unserer Solidarität in dieser schweren Zeit, als Zeichen unserer innigen Freundschaft!
"Nous somme unis! Vive lamitié franco-allemand!" ps/end
Autor:Stefan Endlich aus Wörth am Rhein |
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