Kandel wird insektenfreundlicher
Wilde Wiesen statt englischer Rasen
Kandel. Eine wildblühende Wiese im Garten erfreut das Auge, ist pflegeleicht, weniger wasserbedürftig und dazu noch um einiges witterungsbeständiger als der herkömmliche Rasen – gerade bei Trockenheit. So ergibt sich im Hinblick die immer heißer werdenden Sommer für den Hobbygärtner und Gartenbesitzer in puncto Wasserersparnis ein großes Plus. In den vergangenen Jahren sind bereits viele Rasenflächen aufgrund langer Dürrephasen vertrocknet und verbrannt. Wilde Blühwiesen hingegen weisen durch ihr Artenreichtum eine bessere Anpassungsfähigkeit für Boden- und Klimaänderungen auf, da sich durch den Wildwuchs mit der Zeit viele verschiedene Pflanzenarten mit unterschiedlichen Toleranzen ansiedeln können. Dazu benötigen Blühwiesen keinen Dünger. Denn es gilt: Je weniger Nährstoffe, desto artenreicher die Wiese.
Artenreiche Blühwiesen sind aber dazu natürlich auch noch wichtig für die Natur und den Umweltschutz: Denn sie bieten überlebenswichtige Biotope für eine Vielzahl von Insekten - nicht nur für Bienen. Denn sie finden dort Nektar in Hülle und Fülle und bei rücksichtsvoller Pflege auch Brutplätze. Aber auch für Vögel und andere Tiere können durch nur seltenes Mähen der Blühstreifen wichtige Rückzugsorte entstehen. Insekten sind wiederum wichtige Bestäuber und damit entscheidend für den Erhalt der Ökosysteme und die Sicherung unserer Nahrungsmittel durch die Landwirtschaft. Jedoch konnte in den letzten Jahren ein dramatischer Rückgang von Insekten nachgewiesen werden. Die Gründe für das Insektensterben sind vielfältig. Einer der Hauptgründe ist jedoch das Verschwinden ihrer Lebensräume.
Neue Blühstreifen in Kandel
Um dem Insektensterben entgegenzuwirken und neue Lebensräume zu schaffen, hat der Bauhof der Stadt Kandel in den vergangenen Wochen vom Bauhof an mehreren Stellen Blühstreifen angelegt. Dabei wurden Teile öffentlicher Grünflächen, so genannten „Eh-da-Flächen“, zunächst gefräst und so für die Aussaat vorbereitet. Nachdem das regionale Saatgut aufgebracht wurde, fanden noch abschließende Arbeiten statt: Schilder wurden aufgestellt – unter anderem am Höhenweg - und weisen die Fußgänger bereits heute darauf hin, dass dort in den kommenden Wochen ein buntes Insektenbuffet entstehen wird. Stadtbürgermeister Michael Niedermeier: „Ich danke den Mitarbeitern des Bauhofs herzlich für das Engagement. Die Anregungen von Klimaschutzmanagerin Victoria Singler und mir sind aufgegriffen worden und zeigen, dass es sich lohnt gemeinsam zu agieren!“
Jeder kann etwas für die Artenvielfalt tun
Blühwiesen können praktisch überall angelegt werden, wo auch etwas wachsen kann, zum Beispiel im Garten oder in Pflanzkübeln auf dem Balkon. Nachdem der Platz für das neue Schmuckstück gewählt ist, sollte die Größe der Fläche gemessen werden. Denn von der Fläche hängt ab, wieviel Saatgut benötigt wird. Wichtig bei der Wahl der Samen ist, dass es sich um regionales Saatgut heimischer Pflanzen handelt. "Besonders wichtig ist mir, dass die Bürgerinnen und Bürger verstehen, von welcher Bedeutung wilde Wiesen für die Natur aber auch für uns Menschen sind. Natürlich ist der Anblick der hochgewachsenen Blühwiesen im Vergleich zu „gepflegten“ Rasenflächen erst einmal ungewohnt. Wer sie aber als wichtige Nahrungsquellen und Lebensräume begreift, kann sich über die mit vermeintlich „unordentlichen Flächen“ und das Engagement der Stadt freuen", sagt Victoria Singler, Klimaschutzmanagerin der VG Kandel und ergänzt: „In Rheinland-Pfalz besitzt fast jeder vierte Privathaushalt einen eigenen Garten. Diese Flächen stellen für die Artenvielfalt ein großes Potenzial dar. Um dem Insektenschwund entgegenzuwirken, ist es wichtig solche Potenziale auszuschöpfen und so viele Gärten wie möglich insektenfreundlich und gleichzeitig widerstandsfähig gegen die Folgen des Klimawandels zu gestalten. Jede Wiese zählt!“
Saatgut-Automat
Wer noch auf der Suche nach dem richtigen Saatgut ist, findet in Kandel Hilfe. Denn auch in diesem Jahr wurde wieder der Saatgut-Automat am Gebäude des Bauhofs der Stadt Kandel in der Elsässer Straße mit regionalem Saatgut bestückt. Dort erhalten Hobbygärtner für 20 oder 50 Cent Samen für die eigene Sonnen- oder Wildblumenwiese. Und nicht vergessen: „Schon die kleinste Fläche kann einen großen Beitrag zum Erhalt der Artenvielfalt leisten. Wer also in seinem Garten nicht genügend Platz für eine Blühwiese hat oder versiegelte Flächen aufwerten möchte, kann natürlich auch Kübel oder andere geeignete Pflanzgefäße mit heimischen Wildblumenarten bepflanzen“, rät Victoria Singler.
Mit der angelegten Blühwiesen können die Kandeler außerdem an der Aktion „Unsere Biotope – Mehr machen mit“ teilnehmen und ihre ganz eigene Naturschutzmaßnahme unter zentrale@aktion-suedpfalz-biotope.de oder bei der Klimaschutzmanagerin der Verbandsgemeinde, Victoria Singler (07275 960 210, victoria.singler@vg-kandel.de) melden.
Autor:Heike Schwitalla aus Germersheim | |
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