Photovoltaik im Kreis Germersheim
Dachflächen vor Freiflächen

Photovoltaik Symbolbild | Foto: U. J. Alexander/stock.adobe.com
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Landkreis Germersheim. Der Germersheimer Landrat Dr. Fritz Brechtel fordert mit Blick auf den Ausbau von Photovoltaik, nicht zu einseitig landwirtschaftliche Freiflächen in Betracht zu ziehen, sondern alle vorhandenen Potentiale zu prüfen, bevor landwirtschaftliche Flächen für Freiflächenanlagen in Anspruch genommen werden. Bei einer Diskussionsveranstaltung der Initiative Südpfalz-Energie am 8. Februar in Kandel sprach er sich für einen verantwortungsvollen Umgang mit der nicht vermehrbaren Ressource Boden aus. „Es ist klar, dass wir in unserer sonnenreichen Region verstärkt Photovoltaik-Anlagen bauen sollten. Dabei sollten wir aber verstärkt innerörtliche Bereiche oder sonstige versiegelte Flächen in Betracht ziehen. Das Schutzgut Boden ist nicht vermehrbar. Deshalb müssen wir sorgsam damit umgehen. Es darf nicht sein, dass zahlreiche geeignete Dächer und bereits versiegelte Flächen ungenutzt bleiben und wir zeitgleich große Areale der regionalen Produktion von Nahrungsmitteln entziehen.“

Er verwies auf das Landesentwicklungsprogramm, das verpflichtend verlangt, erst alle Möglichkeiten außerhalb landwirtschaftlicher Flächen zu prüfen und weitere Potenziale zu ermitteln und zu nutzen. Brechtel betonte, dass am Ausbau von Photovoltaik kein Weg vorbeiführe, um die Klimaziele zu erreichen und die Abhängigkeit im Energiesektor zu verringern. Dies müsse aber in gelenkten Bahnen und unter Berücksichtigung des Flächenverbrauchs erfolgen. Landrat Brechtel erläuterte die Situation im dicht besiedelten Landkreis Germersheim (270 Einwohner pro km2) auch anhand folgender Zahlen: Allein 66 Prozent der Gesamtfläche im Kreis sei FFH- bzw. Natura-2000-Gebiet, 11 Prozent Siedlungs- und 5 Prozent Verkehrsfläche. „Gerade einmal 18 Prozent ist noch Freifläche, darunter ein großer Teil Vorrangfläche für Landwirtschaft. Diese Zahlen machen nochmals deutlich, weshalb wir insbesondere bereits versiegelte Flächen für Photovoltaik ins Blickfeld nehmen müssen“, erläuterte Brechtel.

Der Bauern- und Winzerverband Rheinland-Pfalz Süd e.V. (BWV) unterstützt diese Position. Roland Bellaire, Vorsitzender des BWV-Kreisverbandes Germersheim, beobachtet die Entwicklung bei Freiflächen-Photovoltaikanlagen mit großer Sorge. Der Zubau von landwirtschaftlicher Fläche treffe die Betriebe gleich mehrfach. Zum einen würden sie in vielen Fällen Pachtflächen verlieren, zum anderen kommt es zu Preissprüngen auf dem Bodenmarkt, was es erschwert die verlorene Fläche durch Pacht oder Kauf zu ersetzen. Verschärft werde die Situation durch den naturschutzfachlichen Ausgleich, welcher der Landwirtschaft weitere Flächen entziehe. Brechtel und Bellaire sehen im Landkreis viele Möglichkeiten, nicht nur auf privaten Dächern, sondern auch auf Gebäuden der öffentlichen Hand, über Parkplätzen oder an Lärmschutzwänden. Auch die Anlage von Photovoltaiküberdachungen auf Verkehrswegen sollte geprüft werden. Die Landwirte in der Region gingen schon seit vielen Jahren mit gutem Beispiel voran und nutzten die Dächer ihrer Wirtschaftsgebäude. Aktuell seien die begrenzenden Faktoren für zusätzliche größere Dachanlagen zu lange Netzprüfungen und die mangelnde Verfügbarkeit von Modulen und Wechselrichtern. Bei Freiflächenanlagen scheint dies aber kein Problem zu sein, beobachtet der BWV-Vorsitzende.
Sollte eine Freiflächenanlage aus guten Gründen trotzdem unausweichlich sein, sind sich Brechtel und Bellaire einig, dass diese nur auf bestimmten Flächen errichtet werden dürfen. Landwirtschaftliche Vorrangflächen sollten tabu sein. Eine Möglichkeit den Zielkonflikt zwischen der Erzeugung von Lebensmitteln und regenerativer Energie zu entschärfen, stellen sogenannte Agri-Photovoltaikanlagen dar, die beides miteinander kombinieren. Hier gebe es aber noch großen Forschungsbedarf.

„Wir alle müssen alle Möglichkeiten zur Energiegewinnung und gleichzeitig zur Reduktion des Energieverbrauchs in den Blick nehmen und abwägen – miteinander und gemeinsam. Nur so kann die Klimawende gelingen. Auch die Kreisverwaltung ist auf dem Weg, ihren Teil beizutragen, zum Beispiel mit Photovoltaik auf Schuldächern oder auf der ehemaligen Deponie in Berg, wir haben ein Klimaschutzkonzept, nehmen am internationalen Energiewettbewerb teil und am Klimawandelanpassungscoach, arbeiten an einer kommunale Wärmeplanung und das 50-50-Projekt an Schule läuft seit Jahren sehr erfolgreich. Nur gemeinsam im intensiven Dialog können wir die anstehenden Aufgaben lösen. Zur Umsetzung des Klimaschutzes ist dabei die kommunale Ebene einschließlich Landkreis unersetzbar“, so Landrat Brechtel. red

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Heike Schwitalla aus Germersheim

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