Evakuierung der ehemaligen Heil- und Pflegeanstalt in Klingenmünster
Gedenken am Pfalzklinikum
Klingenmünster. Verantwortliche des Pfalzklinikums und Klientinnen und Klienten kamen am 10. September in gebührendem Abstand und mit einem Mund-Nasen-Schutz an der Stolperschwelle vor dem Hauptgebäude des Pfalzklinikums am Standort Klingenmünster zusammen.
Rita Becker-Scharwatz, seit April 2020 in das Amt des geschäftsführenden Mitglieds des Ausschusses für Gedenkarbeit gewählt, zitierte die chaotischen Zustände während der Evakuierung: „Die Garderoben waren vollständig durcheinander, die Betten herausgerissen, es fehlten die Kopfkissenbezüge, in die die Kranken ihre Habseligkeiten verpackt hatten, Wäsche- und Kleidungsstücke lagen herum […]. “ (S. 104 aus: Rotzoll, Lilienthal, Beyer, Dietz, Brünger (Hg.): Der regional vernetzte Krankenmord - Die Heil- und Pflegeanstalt Klingenmünster/Pfalz in Verbindung mit Baden, Bayern, Elsass und Lothringen, Berichte des Arbeitskreises zur Erforschung der nationalsozialistischen „Euthanasie“ und Zwangssterilisation, Band 12, Psychiatrie-Verlag)
Verteilt an verschiedenen Ein- und Ausgängen und aufgeteilt in Gruppen gedachten die Anwesenden der Opfer und der Evakuierung der ehemaligen Heil- und Pflegeanstalt Klingenmünster am 10. September 1939. Während der 2 Minuten und 23 Sekunden dauernden Schweigezeit, läuteten die Glocken der Klinikkirche. Abschließend trafen sich die Gruppen im Brunnenpark.
Silke Kessler, Gemeindereferentin und katholische Klinikseelsorgerin, gestaltete hier ein Abschlussgebet. Sie zitierte unter anderem Dietrich Bonhoeffer, der selbst Opfer der Vernichtungsmaschinerie der Nazis wurde. Ein Koffer, der vor der Klinikkirche platziert war, stand symbolisch für die „Reise“ in Tötungsanstalten, die die 1251 Patientinnen und Patienten begleitet von Personal 1939 unternahmen, 223 Patientinnen und Patienten wurden im Zuge der Evakuierung ermordet.
Bereits im letzten Jahr, zum 80. Jahrestag, hatte der Gedenkausschuss des Pfalzklinikums am 10. September eine Stolperschwelle vom Künstler Gunter Demnig vor dem Hauptgebäude am Standort Klingenmünster gestalten lassen und der Evakuierung gedacht. Künftig wird die Evakuierung jährlich neben dem bundesweiten Gedenktag am 27. Januar ein fester Termin des Gedenkens sein. ps
Weitere Informationen
www.pfalzklinikum.de/ueber-uns/geschichte/gedenkarbeit/
www.ns-psychiatrie-pfalz.de/
Autor:Britta Bender aus Annweiler |
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