Leid und Unrecht von damals aufarbeiten
Lehren für die Zukunft ziehen

Die jugendpsychiatrische Abteilung und Beobachtungsstation für ruhige männliche Patienten der damaligen Pfälzischen Nervenklinik Landeck in den 50er Jahren.  Foto: Pfalzklinikum
  • Die jugendpsychiatrische Abteilung und Beobachtungsstation für ruhige männliche Patienten der damaligen Pfälzischen Nervenklinik Landeck in den 50er Jahren. Foto: Pfalzklinikum
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Klingenmünster. In der Zeit von 1949 bis 1990 erfuhren Kinder und Jugendliche in der Behindertenhilfe und in der Psychiatrie in ganz Deutschland Leid und Unrecht. 2017 wurde die Stiftung Anerkennung und Hilfe gegründet, um die Betroffenen zu entschädigen. Die Arbeit der Stiftung wurde von einem Forschungsprojekt begleitet. Wissenschaftler von vier Hochschulen untersuchten Patientenakten aus 17 Einrichtungen in Deutschland, darunter auch solche der damaligen Pfälzischen Nervenklinik Landeck, dem heutigen Pfalzklinikum. Mit der Teilnahme an der Studie möchte das Pfalzklinikum das Thema aufarbeiten und Transparenz schaffen.
Die Medizinhistoriker Professorin Maike Rotzoll und Dr. Christoph Beyer von der Universität Heidelberg werteten für die Studie 100 Patientenakten der Pfälzischen Nervenklinik Landeck und Zeitzeugeninterviews der Aufnahmejahre 1949 bis 1958 aus. Unterstützt wurden sie dabei vom Gedenkausschuss und der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie des Pfalzklinikums. Aufgrund archivrechtlicher Beschränkungen in Rheinland-Pfalz war eine Auswertung über diese Zeit hinaus nicht möglich. Maike Rotzoll und Christoph Beyer stellten die Ergebnisse am Pfalzklinikum vor: „Wir möchten durch wissenschaftliche Forschung Missstände der Vergangenheit aufdecken und daraus Lehren für die Zukunft ziehen“, betonten die beiden Wissenschaftler bei ihrem Vortrag Ende des letzten Jahres, zu dem sich alle interessierten Mitarbeitenden online einwählen konnten.
Die kinder- und jugendpsychiatrische Abteilung der Pfälzischen Nervenklinik Landeck wurde 1954 mit 46 Behandlungsplätzen auf zwei Stationen eröffnet, 1957 kam eine Station für „nicht mehr formbare“ Minderjährige dazu. Die untersuchten Akten stammen aus diesem Zeitraum. Bei den Untersuchungen gab es Hinweise auf mögliche Missstände. So fanden die Wissenschaftler heraus, dass es Essen unter Zwang gab und dass die Eltern bei der Behandlung der Kinder und Jugendlichen nicht ausreichend einbezogen wurden. Zudem wurden überdurchschnittlich viele Medikamente verabreicht. „Wir müssen uns nun vor dem historischen Kontext die Frage stellen: Entsprach dies dem Standard der damaligen Zeit? Die Studie hat Fragen aufgeworfen, die wir weiter untersuchen müssen“, so Dr. Günter Stratmann, Chefarzt der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie.
Für weitere Forschungen werden Kinder und Jugendliche gesucht, die in der damaligen Pfälzischen Nervenklinik Landeck behandelt wurden. Sie oder ihre Angehörigen können sich beim Gedenkausschuss melden. Im Rahmen der Forschungsarbeiten wurde bereits nachgefragt, es hatte sich aber niemand gefunden. Ebenso sucht der Gedenkausschuss weitere Zeitzeugen, die in den Jahren 1949 bis 1958 hier gearbeitet haben oder etwas über den Umgang mit jungen Patient*innen in dieser Zeit sagen können. Professorin Maike Rotzoll und Dr. Christoph Beyer haben bereits ihr Interesse an weiteren Forschungen bekundet. „Medizinhistoriker sind in dem Zusammenhang wichtig, weil die Forschungen zur Reflektion beitragen. Wir wollen uns weiter proaktiv an der Aufarbeitung beteiligen“, sagt Geschäftsführer Paul Bomke.
Den vollständigen Forschungsbericht gibt es auf der Webseite der Stiftung Anerkennung und Hilfe zum Download: https://www.stiftung-anerkennung-und-hilfe.de/DE/Aufarbeitung/aufarbeitung.html
Ein Buch zur Studie ist 2021 erschienen und im Buchhandel erhältlich. red

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Autor:

Britta Bender aus Annweiler

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