Interview mit Funktionär und B-Jugendcoach Tobias Scholtes
Junglöwen plädieren für Verlängerung der Jugendspielzeit

"Das Beste aus der Situation machen" - dazu nimmt Junglöwen-Funktionär und B-Jugendcoach Tobias Scholtes Stellung. | Foto: RNL
  • "Das Beste aus der Situation machen" - dazu nimmt Junglöwen-Funktionär und B-Jugendcoach Tobias Scholtes Stellung.
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Die Saison in der B-Jugend BWOL und in den Ligen des Badischen Handball-Verbandes (BHV) ist aufgrund der Corona-Pandemie beendet worden. Eine Wertung der Spielrunde 2020/2021 findet nicht statt. In der A-Jugendbundesliga und Dritten Liga ruht der Spielbetrieb weiterhin bis mindestens Ende Februar. Ob und wann es danach weitergeht, ist höchst fraglich und hängt an den politischen Vorgaben. Doch erst wenige Partien sind bisher in den Ligen überhaupt absolviert worden – der Zeitdruck steigt daher immens. Ebenso wartet man in der Altersklasse der B-Jugend noch auf Entscheidungen des DHB. Sollte der DHB an der Ausspielung der Deutschen Meisterschaft in der B-Jugend festhalten, müssen hierfür Teilnehmer aus der BWOL gemeldet werden.

Über diese Situation und mögliche Alternativen haben wir uns mit Junglöwen-Funktionär und B-Jugendcoach Tobias Scholtes unterhalten.

Tobias, der Deutsche Handball-Bund hofft auf die Saisonfortsetzung und hat die Austragung von Deutschen Meisterschaften in der A- und B-Jugend noch nicht aufgegeben. Wie schätzt Du die Situation ein?
Nun ja, unsere U19 hat erst fünf und unsere U17 vier Partien in dieser Saison absolviert, es ist bereits Februar und ein Re-Start in der JBLH ist noch nicht absehbar, während in der BWOL die Saison abgebrochen wurde. Das sind die Fakten. Und bei allem Optimismus, den Spielbetrieb irgendwie fortsetzen zu können, dürfen wir dies nicht außer Acht lassen. Selbst wenn die Rahmenbedingungen wieder einen Spielbetrieb ermöglichen würden, wäre die bundesweite Ausgangssituation und auch die Möglichkeiten total unterschiedlich, abgesehen vom Zeitdruck, den wir ja schon jetzt haben.

Könnten das die Vereine überhaupt stemmen?
Das ist genau der Punkt. Es gibt Regionen, da hat die U17-Saison gar nicht begonnen, bis nun die Annullierung erfolgte. Aufgrund der geltenden Verordnungen darf im Jugendhandball auch nur an einzelnen Standorten und unter bestimmten Voraussetzungen trainiert werden, außerdem konnten und können die Auswahlmaßnahmen nicht wie gewohnt stattfinden. Doch gerade durch Trainingseinheiten, Vergleichsspiele am Wochenende und Auswahlmaßnahmen stellen sich unsere leistungsorientierten Nachwuchshandballer ja ein und ziehen daraus ihre Motivation. Mal abgesehen von den Möglichkeiten in der Organisation, denn die Vereine können ja nicht einfach den Schalter umlegen und im schnellen Rhythmus die Spiele durchziehen, sollten die Rahmenbedingungen dafür wieder möglich sein – ganz abgesehen von einem steigenden Verletzungsrisiko.

Das hört sich so an, dass die Ausgangslage keine ordentliche Saisonfortsetzung möglich macht. Was wäre die Alternative?
Aus unserer Vereinssicht und auch aus der Sicht vieler Vereins- und Trainerkollegen aus Baden-Württemberg aber auch aus ganz Deutschland wäre eine Annullierung der Saison 2020/21 und ein Re-Start mit den gleichen Jahrgängen in der Saison 2021/22 nicht nur eine Alternative, sondern die beste Lösung in unserer Gesamtsituation.

Heißt konkret?
Wir blenden die bisherigen Saisonspiele aus, als hätten sie nicht stattgefunden und planen den Re-Start zum 1. Juli 2021. Ausgangslage wäre dann die gleiche wie vor den Qualis der Saison 2020/21, somit könnten dann auch Qualifikationen stattfinden. Dieses Vorgehen hat übrigens der HSV Handball Hamburg über den Handballverband Hamburg beim DHB vorgeschlagen/beantragt und auch aus Sicht Rhein-Neckar Löwen – Die Junglöwen unterstützen wir diesen Vorschlag.

Die Jungs und Mädels im Jugendhandball werden aber trotzdem älter…
Ja, klar. Deshalb schlagen auch wir vor, die Jugendspielzeit strukturell um ein Jahr zu verlängern. Die A-Jugend wäre dann U20, die B-Jugend U18. Das ist möglich, Dänemark setzt genau dieses Jahrgangssystem ein. Aber gerade auch für die Kleinen wie Minis, E- und D-Jugend wäre es enorm wichtig, wenn man sie nicht einfach eine Altersklasse nach oben schiebt. In den verschiedenen Altersklassen wird ein bestimmter Entwicklungsstand vorausgesetzt und ohne das schon nun seit über Monaten ausfallenden Training ist das schwer aufzuholen, gerade da wird uns im Handball auch die Breite verloren gehen.

Welche Chancen eröffnet dieses Vorgehen?
Wir bekommen Zeit und der Umsetzungsdruck, in dem wir uns aktuell alle befinden, wäre weg. Das würde dem Jugendhandball, seinen Verbänden und Vereinen eine enorme Entlastung geben. Außerdem sorgt das für eine gerechte Ausgangslage bei allen, denn wie erwähnt befinden wir uns in der bundesweiten Sicht in einem Flickenteppich mit unterschiedlichen Möglichkeiten. Alle Vereine könnten bis Juli einen geordneten Trainingsbetrieb aufbauen und durchführen.

Vorausgesetzt die Pandemie lässt dies zu…
Daran hängt aber alles. Die Gefahr steht im Raum, dass noch längere Zeit kein Trainings- und Spielbetrieb möglich sein wird, so dass auch im zweiten Halbjahr kein Regelbetrieb stattfinden könnte. Doch das haben wir nicht selbst in der Hand, wenngleich dies für unseren Sport natürlich katastrophal wäre. Aber egal wie, an Kompromissen kommen wir nicht vorbei. Und da müssen alle die Chancen und Risiken verschiedener Lösungsmodelle im Sinne der Kinder und Jugendlichen abwägen.

Und deshalb diese Vorgehensweise?
Weil wir da auf jeden Fall Zeit gewinnen würden und niemand müsste das Gefühl haben, eine Saison verloren zu haben. Seit April 2020 wurden auch auf BHV- und DHB- Ebene sämtliche Sichtungsmaßnahmen und Turniere abgesagt, es kann in niemanden Interesse sein, dass diesen Jahrgängen nicht die Chance gegeben wird sich zu präsentieren und die gleiche Aufmerksamkeit und Förderung zu bekommen wie die Jahrgänge zuvor. Gerade im männlichen Bereich ist es ohnehin diskutabel, ob die Verlängerung der Jugendspielzeit in punkto noch nicht abgeschlossener körperlicher Entwicklung sogar sinnvoll ist. Hauptsächlich geht es nun aber darum, den Druck aus dem Kessel zu nehmen, um mit genügend Zeit einen kompletten Neuanlauf zu nehmen.

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Autor:

Kai Henninger aus Kronau

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