Erste Selbsthilfegruppe für Organtransplantierte in der Pfalz gegründet

- Tanja Ayala
- Foto: Wolfgang Kehrein
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Westpfalz/Kaiserslautern. Der 3. Juli 2022 ist für Tanja Ayala ein ganz besonderes Datum: An diesem Tag wurde ihr ein zweites Leben geschenkt. Die 57-Jährige aus Kaiserslautern lebt seitdem mit einer Spenderlunge. Sie weiß, wie viele Fragen vor und nach einer Organtransplantation aufkommen und hat deshalb 2024 die erste Selbsthilfegruppe zu diesem Thema „Mein zweites Leben“ für Betroffene in der Region gegründet. Das Starttreffen ihrer Selbsthilfegruppe fand im letzten Jahr kurz nach dem bundesweiten Tag der Organspende im Westpfalzklinikum in Kaiserslautern am 1. Juni statt.
„Es war ein sehr informatives Treffen, da sich Betroffene unterschiedlicher Vorerkrankungen und somit verschiedener Organtransplantationen auf Augenhöhe austauschen konnten“, erzählt Ayala. Knapp zehn Personen waren anwesend.
In den Folgetreffen wurden Themen wie etwa Medikamente und Nebenwirkungen, Bewegung oder Ernährung erörtert. Dass die 57-Jährige an diesem Punkt angekommen ist, stand lange Zeit in Frage. Ihre Krankengeschichte beginnt, als sie noch keine 20 Jahre alt ist. Damals erlitt sie mehrere Pneumothoraxe, der Grund ein genetischer Defekt. „Die Lunge kollabiert, das Atmen ist nur noch flach möglich und mit Schmerzen verbunden.
Das Lungenvolumen wird jedes Mal kleiner“, erläutert sie. Über Jahre hinweg hatte sich die ausgebildete Fremdsprachensekretärin mit ihrer Erkrankung arrangiert und arbeitete in Vollzeit. Von 2019 an jedoch verschlechterte sich ihr Zustand zusehends, bis sie 2021 zu einem Pflegefall wurde. An Arbeit, Haushalt oder gar das Versorgen der Familie war nicht mehr zu denken. Im Gegenteil, sie war Tag und Nacht auf die Hilfe ihres Mannes und ihrer drei Söhne angewiesen. „Ich war körperlich nicht mehr belastbar, die kleinste Tätigkeit war ein riesen Kraftakt“, beschreibt sie ihre Konstitution.
„Die Alternative ist der Tod“
Dazwischen brachte sie eine Odyssee an Besuchen bei Ärzten, Fachärzten und Kliniken hinter sich. Fest stand aber, dass sie letztlich nur mit einer Spenderlunge überleben kann. Ihr Hausarzt setzte sich dafür ein, dass sie an der Medizinischen Hochschule Hannover vorstellig werden konnte, und ihr Name innerhalb von zwei Wochen auf der Liste für ein Spenderorgan stand. „Wenn man so weit ist, ist man austherapiert.
Man hat keine Option mehr. Die Alternative ist der Tod“, macht sie die Ernsthaftigkeit deutlich. Von da an begann das Warten mit gepacktem Koffer auf den lebensrettenden Anruf. Zweimal klingelte ihr Telefon mit der Nachricht, dass eine Spenderlunge zur Verfügung stehe.
Zweimal wurde sie per Krankenwagen nach Hannover transportiert, zweimal dann die Enttäuschung, weil das Organ letztlich doch nicht passte.
Beim dritten Anruf war es schließlich soweit. Während einer neunstündigen Operation, bei der sie an die Herz-Lungen-Maschine angeschlossen war, wurden beide Lungenflügel ersetzt.
Den Austausch unter Betroffenen fördern
„Vor der Operation war ich lebensmüde, bin dahin vegetiert“, blickt Ayala zurück. Und: „Man hat Fragen über Fragen. Bei den Voruntersuchungen habe ich mich rege mit anderen Betroffenen ausgetauscht. Aber für jeden, der das vor sich hat oder Motivation braucht, ist der Austausch wichtig.
Deswegen hat sie mit Unterstützung der Kontakt- und Informationsstelle für Selbsthilfe (Kiss) Mainz die Selbsthilfegruppe gegründet.
Dort können Betroffene Ansprechpartner und Antworten finden, aber auch Informationen, Erfahrungsberichte, neue Perspektiven und Wege miteinander teilen. Heute ist Tanja zwar nicht geheilt - eine Verschlechterung kann sie jederzeit einholen -, aber sie hat durch die Transplantation wieder Lebensqualität gewonnen.
Voller Energie treibt sie den Aufbau der Selbsthilfegruppe weiter voran. Sie entwirft Flyer und Plakate, die sie in Arztpraxen auslegt, und hat eine Homepage ins Netz stellen.
Daneben nutzt sie ihre Kontakte zu Ärzten, Apothekern, Therapeuten, Krankenkassen und Mitbetroffenen, um sie als Referenten für die Gruppentreffen zu gewinnen. Hierbei unterstützt sie das Bundesinstitut für Öffentliche Gesundheit (früher Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung - BZgA) im Rahmen der Aufklärungskampagne über Organspenden und besucht etwa Schulen in der Pfalzregion.
Über die OrganspenderInnen ist den Empfängern nichts bekannt. Die Deutsche Stiftung Organtransplantation tritt bei Fragen als Koordinierungsstelle auf und Tanja hat ein Dankesschreiben mit der Bitte, es an die Familie des/der Verstorbenen weiterzuleiten verfasst.
„Ich bin so froh, dass ich meine Kinder sehen kann. Damit hatte ich nicht mehr gerechnet“, sagt sie und fügt an: „Ich würde es jederzeit wieder machen.“
Info und Kontakt
Die Treffen der Selbsthilfegruppe für Betroffene vor und nach der Organtransplantation finden jeden ersten Dienstag des Monats von 17.30 bis 19.30 Uhr im Westpfalz-Klinikum, Goethestraße 49, Ebene 7, in Kaiserslautern statt.
Geplant ist darüber hinaus, dass Betroffene, die in ihrer Mobilität eingeschränkt sind, per Videokonferenz an Gruppentreffen teilnehmen können.
Für das nächste Treffen am 1. April wird ein besonderer Gast erwartet. Dirk Kaulen, Leiter der DAK Kaiserslautern, wird alle Fragen rund um die Krankenkasse beantworten. red/anjs
Informationen bei Tanja Ayala unter 0177-14 93 704 oder per E-Mail unter Organtransplantation-KL@t-online.de.
Autor:Anja Stemler aus Kusel-Altenglan |
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