Vom brennenden Bart und Leben im Wohnwagen – Ein Feuerkünstler erzählt aus seinem Alltag
Kusel. Er ist auf Märkten zuhause, verdient mit der Unterhaltung der Zuschauer sein Geld: Tim Liebel alias Timelino ist hauptberuflich Gaukler, Zauberer, Stelzenläufer, Herold und Feuerkünstler. Am 22. und 23. Juni ist er beim Mittelalter-Sommer-Spektakel auf der Burg Lichtenberg bei Kusel zu sehen. Wochenblatt-Redakteurin Cynthia Schröer hat mit dem 24-jährigen gebürtigen Haßlocher, der seit drei Jahren in Freisen im Saarland lebt, über seinen Beruf gesprochen, seinen Alltag, Arbeitsunfälle und besonders anspruchsvolle Kunststücke.
Herr Liebel, wie kamen Sie zu diesem Beruf?
Liebel: Ich bin schon als Kind sehr gerne mit meinen Eltern auf Mittelaltermärkte gefahren und fand schon damals die Gaukler, Jongleure und Artisten auf diesen Festen sehr spannend und fesselnd. Somit habe ich mit acht Jahren mit der Jonglage begonnen.
Meine Eltern haben mich dabei immer unterstützt und über viele Jahre zu Terminen und meinen ersten offiziellen Auftritten gefahren und begleitet. Ich denke, meine Eltern und meine Freunde wussten schon sehr früh, dass ich irgendwann diesen Weg einschlagen werde. Komplett hauptberuflich und gewerblich mache ich das seit März 2018.
Welche Kunststücke sind für Sie anspruchsvoll und welche eher unspektakulär?
Liebel: Unspektakulär ist für mich eigentlich keine der Nummern, da ich jedes Kunststück in den Shows spannend und frisch spielen und rüberbringen möchte. Das Publikum sollte, auch wenn ich die Show schon tausendmal gespielt habe, merken, dass es noch Spaß macht. Es sollte immer so rüberkommen, als würde ich die Nummer zum ersten Mal spielen. Anspruchsvoll ist aber bei jeder Show immer noch die Jonglage mit sieben Bällen, fünf Fackeln oder die Fackel-Jonglage auf dem Hocheinrad.
Viele Ihrer Kunststücke sehen gefährlich aus. Haben Sie sich dabei auch schon verletzt?
Liebel: Trotz der gefährlichen Künststücke ist Gott sei Dank noch nie etwas Schwerwiegendes passiert, allerdings kann es schon ab und an mal kleine Schnitte bei der Messer-Jonglage oder kleine Verbrennungen bei der Feuershow geben. Die beiden schlimmsten Unfälle waren bisher ein brennender Bart beim Feuerspucken und vor kurzem eine etwas tiefere Verbrennung am Finger, weil ich die Jonglierfackel falsch gefangen hatte.
Wo sind die meisten Ihrer Auftritte und wie sind die übers Jahr verteilt ?
Liebel: Meine Shows spiele ich jedes Jahr von Anfang März bis November fast immer an den Wochenenden, das heißt Freitag bis Sonntag. Von Ende November an bis Silvester spiele ich meine Shows dann täglich von Montag bis Sonntag auf verschiedenen Mittelalter-Weihnachtsmärkten. Für dieses Jahr habe ich knapp über 40 Mittelaltermärkte und Auftrittstermine im Kalender stehen.
Davon sind einige Termine regional in Rheinland-Pfalz oder im Saarland, aber auch viele deutschlandweit verteilt.
Sie arbeiten viel an Wochenenden, haben Sie den Rest der Woche komplett frei?
Liebel: In der Woche zwischen den Auftritten gibt es natürlich auch Einiges zu tun wie Büroarbeit, Be- und Entladen des Fahrzeugs, Pflege der Show, Requisiten und Feuershow-Tools. Ganz wichtig ist natürlich auch das Training für neue Kunststücke, aber auch für die Routine der älteren Nummern und Tricks.
Wo kommen sie an Auftrittswochenenden/-wochen unter?
Liebel: In der Saison bin ich immer etwas mehr unterwegs, gerade im Mai mit den vielen Feiertagen und im Dezember mit den Weihnachtsmärkten bin ich fast durchgehend unterwegs. In den anderen Monaten bin ich meist Montag bis Donnerstagabend oder Freitagmorgen Zuhause. Zu meinen Terminen fahre ich fast immer mit meinem Wohnmobil, damit bin ich unabhängig und flexibel und habe mein Bett, Küche und Backstage überall mit dabei. Mehrmals im Jahr gebe ich mit einem Gauklerkollegen vor allem in den Schulferien für Kinder Zirkusworkshops oder biete Zirkus-Projektwochen an. Auch dabei ist das Wohnmobil sehr praktisch.
Haben Sie mit diesem Job überhaupt Zeit für Familie und Freunde?
Liebel: Zeit für eine Partnerin ist natürlich auch zwischen den Terminen. Allerdings ist es auch sehr passend, dass mich meine Partnerin sehr gerne zu vielen Terminen begleitet und seit einem Jahr bei den Feuershows am Abend selbst mit auf der Bühne steht.
Somit sind bei den vielen Shows auch einige Termine dabei, zu denen ich die Tagesshows solo als Gaukler Timelino spiele und am Abend dann als Feuershow-Duo Timelena. Ich denke auch mit Kindern wird es mal ganz praktisch sein, so habe ich eben unter der Woche etwas mehr Zeit für sie.
Welche Unkosten haben Sie?
Liebel: Zu den Benzinkosten kommen regelmäßig die Ausgaben wie Lampenöl für die Fackeln, Fluid zum Feuerspucken, Dochtmaterialien für die Fackeln und Feuershow-Tools. Außerdem fallen Kosten für die Feuershow-Versicherung an. Natürlich muss auch für neue Nummern und Show-Ideen ab und zu in neue Requisiten investiert werden.
Können Sie von Ihren Auftritten leben, auch wenn Sie nicht jeden Tag arbeiten können?
Liebel: Auch wenn man übers Jahr meist nur an den Wochenenden arbeitet, kann man von den Shows ganz gut leben. Allerdings sollte man es richtig anstellen und immer am Ball bleiben.
Was war Ihr aufregendster Auftritt, den Sie je erlebt haben?
Liebel: Da habe ich tatsächlich gar keine einzelne Show im Kopf, da ich so viele tolle und aufregende Auftritte über das Jahr verteilt spiele. Meist ist jede Show etwas anders und jede Stadt und jedes Publikum sind anders. Am schönsten sind aber die Shows, bei denen das ganze Publikum mitgeht und die Kinder über alle Witze lachen und staunen.
Was ist Ihr größter Traum in Ihrer Berufskarriere?
Liebel: Mein größter Traum ist es seit Jahren, mal beim Kaltenberg-Ritterturnier zu spielen und dort vielleicht auch bei der Wahl zum Gauklerkönig anzutreten. Außerdem habe ich für die Zukunft geplant, den Pyroschein zu machen und eine Show in Richtung Varieté und Theater zu entwickeln.
Autor:Cynthia Schröer aus Landstuhl |
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