Jäger sehen Tierschutz durch neues Landesjagdgesetz gefährdet

Kitze haben ohne die Führung des Muttertieres schlechte Überlebenschancen   | Foto: luzkovyvagon.cz/stock.adobe.com
  • Kitze haben ohne die Führung des Muttertieres schlechte Überlebenschancen
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Landkreis Kaiserslautern. Der Gesetzesentwurf zum neuen Landesjagdgesetz Rheinland-Pfalz sorgt derzeit für viel Gesprächsstoff und blankes Unverständnis bei den Jägerinnen und Jägern im Landkreis. Vor allem der Tierschutz werde hier stark gefährdet, betont Hubertus Gramowski, der Kreisjagdmeister des Stadt- und Landkreises Kaiserslautern.

„Das Thema kocht gerade in ganz Deutschland hoch. Wir haben bisher ein gut funktionierendes System, das ausgereift ist und bei dem es Kleinigkeiten zu verbessern gibt. Hier hätte man sich gemeinsam an den Tisch setzen und die Basis ins Boot holen müssen, stattdessen soll es nun ein völlig neues Gesetz geben, dessen Vorschriften und Anordnungen den Jägern von oben übergestülpt werden“, so Gramowski.

Muttertierschutz soll eingeschränkt werden

Ein großer Kritikpunkt der Jäger sind vor allem die Einschränkung des Muttertierschutzes und die Abschussfreigabe trächtiger Muttertiere. Der Schutz des Muttertieres erlischt nach dem neuen Entwurf dann, wenn es nicht mehr säugt. Der Abschuss kann sogar angeordnet werden, wenn die Population dezimiert werden soll. Die Begründung: Rehe und Hirsche seien klimaschädlich, da sie junge Bäume fressen, so der natürlichen Verjüngung des Waldes entgegenwirken und damit den Klimawandel begünstigen. „Das ist total unbegreiflich und unmöglich, gerade im Hinblick auf die natürliche Lebensweise der Tiere. Derartige Schäden gibt es schon lange nicht mehr. Es gibt keinen vernünftigen Grund, Reh- und Rotwild zum Schädling zu machen. Es ist trotz normalem Reh- und Rotwildvorkommen nach wie vor kein Problem, einen gesunden, artenreichen und dadurch klimastabilen Naturwald zu begründen und zu erhalten, wenn man ihn richtig bewirtschaftet“, so Gramowski. Er führt aus, dass die Jungtiere aller Schalenwildarten die Führung der Elterntiere über die harten Wintermonate brauchen.
Während männliche Tiere die Mutter erst nach einem Jahr verlassen, bleiben weibliche Kinder oft über Jahre ganz eng bei der Mutter. Damit entstehen Rotten beim Schwarzwild und Rudel beim Rotwild. Wenn nun das Muttertier geschossen wird, kommt es oft dazu, dass die Jungtiere den Anschluss zu ihren Artgenossen verlieren, da sie aus den Rudeln verstoßen werden, und ebenfalls sterben.
Wird ein trächtiges Muttertier geschossen, stirbt das ungeborene Kind ebenfalls. „Das widerspricht eindeutig dem Tierschutzgesetz!“, so Gramowski, der ausführt, dass die Tiere bis 31. Januar geschossen werden dürfen und so entsprechend viele Weibchen bereits beschlagen sind, wenn sie getötet werden.
„Wir wollen im Januar kein Rotwild mehr schießen, zumindest keine Alttiere, die schon Föten im Bauch tragen!“, so der Kreisjagdmeister, der auch die Drückjagden im Winter kritisiert. Dann reduzieren die Wildtiere nämlich ihren Stoffwechsel, sie setzen Fett an und brauchen Ruhe. Wenn sie in dieser Zeit mit Hunden im Rahmen einer Drückjagd gehetzt werden, bedeute dies einen enormen Stress für die Tiere.

Dam- und Muffelwild nur noch in Duldungsgebieten

Ein weiterer Punkt, der in der Kritik steht, ist, dass sich Dam- und Muffelwild, das in der Region bereits seit Hunderten von Jahren lebt, nur noch in Duldungsgebieten aufhalten darf. Der Gesetzesentwurf sieht vor, dass die Tiere außerhalb dieser Zonen ganzjährig ohne Schonzeit stark bejagt werden dürfen.

Jäger kann bei Wildunfall nicht mehr alleine entscheiden

Kommt es zu einem Wildunfall, bei dem ein Tier verletzt wird, konnten die Jäger bisher selbst entscheiden, ob eine Überlebenschance gegeben ist, oder das Tier getötet werden muss, um weiteres Leiden zu vermeiden.
Das neue Gesetz sieht vor, dass der Jäger künftig mit der Polizei, einem Tierarzt oder dem Forstamt Rücksprache halten muss und nicht mehr eigenständig entscheiden kann. „Wir haben als Jäger die Erfahrung, ob ein Tier eine Überlebenschance hat und würden das Tier auch auf jeden Fall zum Tierarzt bringen, falls das möglich ist. Wenn wir aber sehen, dass das Tier keine Chance hat und erst noch einen Ansprechpartner suchen müssen, verlängert das unnötiges Leiden“, zeigt sich Gramowski überzeugt.
In diesem Zusammenhang sehen sich die Jäger bereits im Vorfeld verurteilt, auch, weil das neue Gesetz den Jägerinnen und Jägern vorschreibt, sich gegenüber anderen Jägern und der Bevölkerung respektvoll zu verhalten und das Ansehen der Jägerschaft in der Gesellschaft zu wahren.
Hinzu kommt, dass die Jäger zu einigen vorher freiwilligen und ehrenamtlichen Leistungen verpflichtet werden sollen. Dazu gehört die Unterstützung der Landwirte bei der Kitzsuche oder auch das Abholen und Entsorgen von Tieren, die bei einem Verkehrsunfall sterben.

Jäger befürchten Chaos bei der Pacht

Im künftigen Gesetz ist auch eine Anordnung geplant, die dem Verpächter eines Jagdgebietes das Recht auf einen unentgeltlichen Begehungsschein einräumt, der es ihm ermöglicht, im Bereich des Pächters zu jagen. Außerdem darf der Begehungsschein auch übertragen werden, wenn der Verpächter selbst kein Jäger ist. Kommt es nun dazu, dass sich Grundstückseigentümer zusammentun, um ein Gebiet zu verpachten, ist hier schnell eine Vielzahl an Jägern mit einem solchen Begehungsschein im Wald unterwegs, was zur Folge hat, dass der Jagdausübungsberechtigte nicht mehr unbedingt bekannt ist. Das erschwert auch die Arbeit der Polizei für die es sehr wichtig ist, hier einen direkten Kontakt zu haben, gerade, wenn die Polizei den Verdacht auf Wilderei hat. „Da ist das Chaos vorprogrammiert, denn die Details sind hier nicht geregelt“, fasst Gramowski die Befürchtung der Jäger zusammen.

Jäger wünschen sich engere Zusammenarbeit

Dennoch gibt es nicht ausschließlich Kritik am Gesetzesentwurf zum neuen Landesjagdgesetz. Positiv wahrgenommen wird beispielsweise, dass es dem Rotwild ermöglicht werden soll, in ganz Rheinland-Pfalz umherzuziehen, was der Inzucht und damit einer Verarmung der Gene entgegenwirkt. „Wir Jäger sträuben uns nicht und wollen mit der Bevölkerung an einem Strang ziehen. Daher bieten wir dem Forstministerium an, gemeinsam den klimastabilen Wald aufzubauen. Den Gesetzesentwurf in dieser Form lehnen wir allerdings ab“, so Gramowski.
Hier erhalten die Jägerinnen und Jäger auch Zuspruch. So hat beispielsweise die erste Kreisbeigeordnete Gudrun Heß-Schmidt zugesichert, die Forderung der Jägerschaft nach einer kompletten Überarbeitung des Gesetzesentwurfes zu unterstützen.

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Autor:

Stephanie Walter aus Wochenblatt Kaiserslautern

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