Kinderspiele für die Welt "Made in Landstuhl"
Von Erik Stegner
Landstuhl. Hinter jedem Zeitungsartikel oder Buch steht ein Autor, der die Inhalte recherchiert und verfasst. Meistens wird dieser an prominenter Stelle mit seinem Namen genannt und ist der Öffentlichkeit bekannt. Tanja Malinowski (45 Jahre) und Marcus Meigel (50) aus Landstuhl sind ebenfalls Autoren, allerdings in der klassischen Spielezunft. Sie erfinden und entwickeln Kinderspiele, darunter bekannte Titel wie Deep Dive (Logis), Quaki (Beldeduc), Papaya Boats, Poodle (Piatnik). Taxi oder Stau vorm Bau. Letzteres wird sogar vom weltweit bekannten Schmidt-Verlag (Mensch ärgere Dich nicht) vermarktet.
Spiele-Autoren-Zunft fehlt es an Anerkennung
Doch während Buch- und Zeitungsschreiber in gleicher Reihe mit ihren Werken stehen, fehlt es Tanja Malinowski und Marcus Meigel an dieser Anerkennung: „Und das tut bei dem Aufwand, den wir betreiben, wirklich weh“, erklärt Malinowski im Gespräch mit Wochenblatt-Redakteur Erik Stegner. Erst kürzlich beim Einkauf in einem Rofu-Kinderland-Markt in der Region hatte sie wieder ein solches Erlebnis: Eine Verkäuferin räumte „ihr Spiel“ Stau vorm Bau in ein Regal ein und kam mit Malinowski ins Gespräch. „Ich sagte ihr, dass der Angebotspreis sehr günstig ist. Und sie fragte mich, warum ich darüber so gut Bescheid weiß“, berichtet die 45-Jährige. Sie antwortete der Verkäuferin, dass ihr Name auf der Packung steht, weil sie und ihr Lebensgefährte das Spiel erfunden haben. „Und dann war die Frau völlig baff, dass wir hier in ihrem Markt einkaufen und ganz normale Leute sind“, lacht Malinowski.
Seit „die Siedler von Catan“ vom Spielen begeistert
Für die Realschullehrerin und den Informatiker – die beide seit etwa 25 Jahren mit dem Erscheinen von „Die Siedler von Catan“ begeisterte Brettspieler sind – begann alles mit der Teilnahme an einem Autorenwettbewerb für Familienspiele. Mit ihren Spielideen Hexentrank und Quattuor gewannen Malinowski und Meigel auf Anhieb 2017 und im Folgejahr 2018 jeweils den ersten Preis. 2019 stellten sie das Spiel Deep-Dive in Göttingen vor und haben seitdem in der Branche Fuß gefasst. Bei der Entwicklung kommen dem Duo ihre Berufsrichtungen zugute. „Ich bringe mein pädagogisches und er sein mathematisches Wissen ein, die Bereiche werden klar von uns getrennt“, berichtet Malinowski.
Aus den Ideen mit klaren Regeln entstehen so spielbare Prototypen, die auch schonmal per nächtlicher Handarbeit in die Tat umgesetzt werden. Der Testlauf erfolgt mit Kindern zwischen drei und sechs Jahren (Zielgruppe) in der hiesigen Kita Pickolino, der Theodor-Heuss-Grundschule und bei Testfamilien. „Wir beobachten das Verhalten an den Tischen ganz genau. Gehen die Kleinen nach zwei Minuten lieber in die Bauecke, dann macht das Festhalten an einer Idee keinen Sinn und wir klinken uns dementsprechend sofort aus“, erklärt Malinowski.
Von 1000 Vorschläger wird einer ausgewählt
Aber auch wenn der Test erfolgreich verläuft, heißt das noch lange nicht, dass die Spielidee im nächsten Schritt umgesetzt wird. „Eine Faustregel besagt, dass bei den großen Verlagen von 1000 Vorschlägen lediglich einer ausgewählt wird. „Es ist eine sehr große Konkurrenzsituation vorhanden. Und selbst wenn man den Zuschlag erhält, fängt die Vermarktungsarbeit mit der Umsetzung der Spielidee erst richtig an“, erklärt Malinowski. Zuvor müssen Verträge geschlossen werden, denn den Entwicklern bleibt in der Regel das Urheberrecht über den Verkauf über die Ladentheke hinweg erhalten. Die Autoren werden dann nach der Anzahl der verkauften Spiele honoriert. Es gibt aber auch Fälle, in denen diese Rechte durch Einmalzahlungen abgegolten werden können. „Das muss jeder in den Verhandlungen für sich entscheiden.“
Spätestens ab dieser Stufe sind für die Autoren Leitplanken, in Form von erfahrenen Unterstützern und eines funktionierenden Netzwerks gefragt. All das finden die gebürtigen Landstuhler in der 1991 gegründeten Spiele-Autoren-Zunft, der 550 Mitglieder aus 21 Ländern angehören. Der Verein unterstützt in allen Fragen und stellt zudem Kontakte her. „Als Otto-Normalverbraucher kommt man beispielsweise nicht so einfach an die Verlage ran“, weiß Malinowski aus Erfahrung.
Spiele-Entwicklung kann Jahre dauern
Sind alle rechtlichen Hürden gemeistert, werden Spielidee und Verpackung für den Verkauf designt und in Form gebracht. „Dazu besteht ein reger Austausch zwischen den Autoren und den Verlagen.“ Wie lange sie zur Entwicklung eines kompletten Spiels benötigen, lässt sich pauschal nicht sagen. „Das kann manchmal innerhalb von fünf bis sechs Wochen geschehen, oder auch mehrere Monate und sogar Jahre in Anspruch nehmen.“ Wer Lust dazu hat, selbst ein Spiel auf den Weg zu bringen, dem empfehlen Malinowski und Meigel ganz unverbindlich, ein Spieleautoren-Treffen zu besuchen oder mit einem Prototypen daran teilzunehmen.
Verträge für drei neue Spiele unterschrieben
Für das Duo selbst verlief dieses Jahr sehr zufriedenstellend. „Wir haben gerade Verträge für drei neue Spiele unterschrieben, die 2025 erscheinen sollen und viele neue Ideen im Kopf.“ Für die Lebenspartner ist das Entwickeln von Kinderspielen mittlerweile zu einem lukrativen, zweiten beruflichen Standbein geworden, auch wenn sie damit keine Reichtümer verdienen. „Kinder mit unseren Spielen zum Handeln anzuregen“, sieht Malinowski als wichtige Aufgabe an: „Gemeinsam, erfolgreich gelöste Aufgaben stärken das Selbstvertrauen und entwickeln die Empathie.“ www.spieleautorenzunft.de
Autor:Erik Stegner aus Landstuhl |
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