Modellprojekt in Meisenheim soll Gesundheitsversorgung sichern
„Wir haben ein Problem auf dem Land“
Meisenheim. Das Klima gilt in dem schönen Landstrich an Nahe und Glan allgemein als angenehm. Aber auf einem Gebiet wird die Luft immer dünner: bei der medizinischen Versorgung. Im Rahmen der „Roten Reihe“ des SPD-Gemeindeverbandes Nahe-Glan plauderten am Mittwochabend im Meisenheimer Haus der Begegnung die Ärztinnen Dr. Ulrike von der Osten-Sacken und Anne Gutheil sowie Staatssekretär Dr. Alexander Wilhelm aus dem Nähkästchen. SPD-Kreisvorsitzender Dr. Denis Alt (Bad Sobernheim), Staatssekretär im Wissenschaftsministerium, moderierte die gut besuchte Veranstaltung.
Die Neurologin und Chefärztin Dr. Ulrike von der Osten-Sacken ist Ärztliche Direktorin des Gesundheitszentrums Glantal (GZG) in Meisenheim, dem bundesdeutschen Modellprojekt für die medizinische Versorgung ländlicher Regionen. Hier werden neue Ideen entwickelt und umgesetzt. Die engagierte Ärztin wohnt seit einigen Jahren zusammen mit ihrem Mann im Glanstädtchen. „Wir fühlen uns hier extrem wohl“, berichtete Ulrike von der Osten-Sacken.
Im GZG sind mehrere Kompetenzen zusammengefasst, verschiedene Bereiche verzahnt. Ambulante Behandlungen sind ebenso unter einem Dach möglich wie stationäre Versorgung. Das GZG ist ein Zentrum für Akutversorgung in den Fachbereichen Neurologie, Chirurgie und Innere Medizin, Neurologische Rehabilitation und zur Therapie von Kommunikationsstörungen bei Kindern und Jugendlichen in Trägerschaft des Landeskrankenhauses. Die Bereitschaftszentrale der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) entlastet die Meisenheimer Hausärzte. Eine Idar-Obersteiner Orthopädie-Praxis hält im GZG zweimal die Woche Sprechstunden ab. Im Gesundheitszentrum sind moderne Geräte wie MRT und CT vorhanden. Dr. Osten-Sacken hofft auch auf die Ansiedlung eines Gynäkologen. Für einen Urologen in Meisenheim sehe die KV keinen Bedarf. Dies wurde in der Veranstaltung mit großem Unverständnis aufgenommen. Stadtbürgermeister Gerhard Heil erzählte von schlechten Erfahrungen mit der KV: „Sie ist für uns nicht hilfreich.“ Apotheker Heil und Ärztin Osten-Sacken berichteten übereinstimmen, dass es zunehmend schwieriger ist, geeignetes Personal zu finden.
Ausländische Ärzte müssten, so die Erfahrungen im GZG, in der Regel etwa zwei Jahre eingearbeitet werden, um sie auf deutschem Niveau zu haben. Ulrike von der Osten-Sacken: „Wir haben ein Problem auf dem Land. Die Politik ist gefordert!“ Die Zahl der Studienplätze müsse dringend erhöht werden. Dies unterstrich auch ihr Mann, der Neurologe Dr. Dinnies von der Osten-Sacken.
Dr. Alexander Wilhelm, Staatssekretär im Mainzer Sozialministerium, räumte unumwunden ein, dass die Politik in der Vergangenheit Fehler gemacht habe. Jetzt schaffe die Landesregierung mehr Studienplätze. Eine Landarztquote soll auch hilfreich sein. Aber alle Arztsitze zu halten, ist laut Wilhelm Wunschdenken. Hans-Jörg Lenhoff (Odernheim/Meisenheim) hinterfragte die Sinnhaftigkeit des Numerus clausus. Der Ortsbürgermeister von Hochstetten-Dhaun, Hans Helmut Döbell, rief dazu auf, Ärzten die Region an Nahe und Glan „schmackhaft zu machen“. In seinem Ort sei dies gelungen. Der neue Mediziner habe viel zu tun und fühle sich im Dorf wohl.
Der Sobernheimer Hausarzt Dr. Christian Mann rügte die Politik, die es den Hausärzten mit bürokratischen Hürden schwer mache. Klaus Stein aus Monzingen weiß auch von Problemen mit der KV. Er forderte dazu auf, die bürokratischen Hürden zu senken. SPD-Landtagsabgeordneter Markus Stein riet, auch neue Wege zu beschreiten, zum Beispiel bei der Frage: Wie bekommen wir die Patienten zu den noch vorhandenen Ärzten?
Die Meddersheimer Ärztin Anne Gutheil stellte fest: „Der Beruf des Landarztes ist durchaus attraktiv.“ Allerdings wollen die jungen Ärzte meist keine „Einzelkämpfer“ sein. Versorgungszentren mit mehreren Ärzten seien interessant. Anne Gutheil erhielt Applaus für ihren Appell: „Wir sollten den Beruf in den Mittelpunkt stellen; Menschen zu helfen, nicht aus dem Blick verlieren!“ ps
Autor:Jürgen Link aus Lauterecken-Wolfstein |
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