"Tanz auf dem Vulkan"
Galaabend der VHS Mutterstadt mit Schlagern aus der UFA-Zeit
Zu einer neuen Auflage der „Bildung mit Biss“-Reihe hatte die Volkshochschule Rhein-Pfalz-Kreis mit Außenstelle Mutterstadt am 24. Februar ins Foyer des Palatinums geladen. „Damit verfolgen wir schon so etwas wie eine Tradition“ freute sich die Leiterin der örtlichen Volkshochschule, Eva Heyder, bei der Begrüßung der Gäste. Den Auftakt der Reihe hatte der im September 2022 im Hotel Ebnet veranstaltete Rossini-Abend, gemacht, fortgesetzt wurde sie im April 2023 durch einen „Loriot“- Abend anlässlich des 100. Geburtstages des im Jahr 2011 verstorbenen Humoristen Vicco von Bülow. Wieder einmal führte Musikwissenschaftlerin Dr. Anja Pohsner kompetent und facettenreich durch den Abend. „Willkommen zu einer Zeitreise in die 30/40er Jahre des vergangenen Jahrhunderts“ begann sie ihren Vortrag, der einen Querschnitt durch die Filme und Schlager der UFA-Zeit zeichnen sollte. „Insbesondere Letztere erfreuen sich bis heute ungebrochener Popularität“, so Pohsner weiter und fand diese Annahme auch bestätigt: Die Veranstaltung war ausverkauft. Das geneigte Publikum lauschte interessiert den Ausführungen der Referentin über die Anfänge der UFA, (Universum-Film Aktiengesellschaft), die zu den ältesten Filmfirmen in Europa zählt und der es gelang, seit ihrer Gründung am 18. Dezember 1917 die deutsche Filmindustrie in den Jahren bis 1945 zu dominieren und eine weder zuvor noch danach von einem Filmkonzern je wieder erreichte Fülle an Künstlern und Stars zu vereinen und zugleich derart Macht und Einfluss zu gewinnen. Pohsner stellte die damaligen Stars aus Literatur, Musik und Film vor und zeigte auf, wie die Kulturszene vor und während des zweiten Weltkrieges mal frivol und anrüchig, mal nachdenklich oder provozierend einen „Tanz auf dem Vulkan“ (gleichnamiger Film von 1938 mit Gustaf Gründgens) und damit das Lebensgefühl dieser Zeit spiegelte. Sie gab lyrische Kostproben zum Besten und spielte die angekündigten unvergessenen Ohrwürmer am Klavier an, stets mit der ausdrücklichen Einladung zum Mitsingen oder wie bei „Mein Bruder macht im Tonfilm die Geräusche“ von Paul O’Montis (1930) gar zum Mitmusizieren. Hierzu wurden im Vorfeld Instrumente wie Rasseln, Klappern, Pfeifen, Tröten, Klötze und eine Ozeantrommel verteilt, um an entsprechenden Stellen Waldesrauschen, Wogenprall, Küssetauschen oder Revolverknall zu intonieren, was den anwesenden Laienmusikern einen Riesenspass bereitete. Man sang und trällerte gemeinsam Marlene Dietrichs für den Film „Der blaue Engel“ (1930) von Friedrich Hollaender komponierten Schlager „Ich bin von Kopf bis Fuß auf Liebe eingestellt“, Heinz Rühmanns „Ich brech die Herzen der stolzesten Frau“ (1938, Musik. Lothar Brühne, Text: Bruno Balz) oder ließ bei „Mein kleiner grüner Kaktus“ von den Comedian Harmonists (1934) ein fröhliches „Hollari, holleri, hollaro“ erklingen. Zu deren Fassung von „Ich wollt‘, ich wär‘ ein Huhn“ (Musik: Peter Kreuder, Text: Fritz Beckmann, eine Conversion des UFA-Filmschlagers aus dem Film „Glückskinder“, 1936) bot Pohsner, eingedenk der Pandemie, noch eine karikierte Version „Ich wollt, ich wär‘ immun“. Darüber wurde genauso herzlich gelacht wie über die geschickt eingestreuten Verse beispielsweise von Erich Kästner: „Der schöpferische Irrtum“: Irrtümer haben ihren Wert, jedoch nur hier und da. Nicht jeder, der nach Indien fährt, entdeckt Amerika. Die Speyerer Musikexpertin ließ sowohl den neben Hans Albers höchstbezahlten Star der UFA-Zeit, die Schwedin Zarah Leander, die sie in „Davon geht die Welt nicht unter“ eindrucksvoll mimte, genauso wie das tanzende Energiebündel deutschungarischer Abstammung, Marika Rökk, für ein paar Stunden noch einmal lebendig werden. Auf einer nostalgischen Reise begegnete man Marika in Interaktion mit Partner Johannes, „Jopi“ Heesters als Traumpaar des deutschen Revuefilms und ihren Vorgängern in dieser Rolle Lilian Harvey und Willy Fritsch. Garniert wurde der Vortrag mit netten Details über die damaligen Publikumslieblinge. So erfuhr man unter Anderem, dass Heinz Rühmann sein erstes Flugzeug, eine KI 25 aus der Gage von „Die drei von der Tankstelle“ finanzierte und nach Ausfall des Berufspiloten bei den Dreharbeiten sämtliche Szenen in „Quax, der Bruchpilot“ selber flog und 1995 posthum die Goldene Kamera als „Größter deutscher Schauspieler des Jahrhunderts“ verliehen bekam. Außerdem konnte man sich an einem Büchertisch in die literarische UFA-Welt eintauchen. Angelehnt an die Thematik des Abends wurde vom Restaurant Palatinum ein Menü aus „Tanz auf dem Vulkan“ einer Kartoffel-Lauch-Suppe mit Bacon-Brücke, „Die drei von der Tankstelle“, einem Grillteller mit dreierlei Fleisch und hausgemachten Kartoffelwedges und Salat und zum Abschluss „Der blaue Engel“, Eis mit Heidelbeeren, Schokosoße und Sahne plus einem Glas Sekt aufs Haus serviert. „Die UFA-Story war ein echtes Highlight“, „Der Vortrag war super“, so Reaktionen aus dem Publikum. Dieses durfte, sofern er nicht schon im Vorfeld verspeist worden war, einen selbstgebackenen kleinen grünen Keks-Kaktus, liebevoll im Tütchen verpackt, zum Andenken oder als Betthupferl mit nach Hause nehmen.
Autor:Eva Heyder aus Mutterstadt |
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