Vergangenheit wird gegenwärtig
Arbeiter-Bildungsverein Essingen feiert 125-jähriges Bestehen
Essingen. Beginnend mit einem Festbankett feiert der Arbeiter-Bildungsverein Essingen am Samstag, 1. Oktober, ab 19 Uhr in der Dalberghalle sein 125-jähriges Bestehen. Landrat Dietmar Seefeldt wird als Schirmherr die Festansprache halten.
Ein Blick zurück
Auch in Essingen erweckten Ende des 19. Jahrhunderts die wirtschaftliche Notlage und soziale Missstände der Arbeiterschaft das Bedürfnis, sich in einer Solidargemeinschaft zusammenzuschließen. Mit der Zielsetzung, kranke Mitglieder zu unterstützen, den Hinterbliebenen im Todesfall ein Sterbegeld zu zahlen und Schulung und Ausbildung zu fördern, gründeten weitsichtig eingestellte Männer um Jakob Wagner in der Wirtschaft „Zum Lamm“ von Peter Bollenbach am 4. April 1897 den Arbeiter-Verein Essingen. Die Kameradschaft fand Stärkung durch Besuche von Gründungsfesten und Fahnenweihen auswärtiger Arbeitervereine.
Fahne als wichtiges Kulturgut
Bereits im Jahr 1903 konnte man dem Wunsch nach einer Fahne nachkommen. Spendengelder der Mitglieder ermöglichten den Erwerb, 380 M waren hierfür zu entrichten. „In Treue fest“ auf der einen und „Gott schütze den Arbeiterstand“ auf der anderen Seite mit den sich reichenden Händen, standen und stehen als Leitgedanken an eine menschenwürdigere Zukunft. Der Eintritt zum Fest der Fahnenweihe betrug 30 Pfennig, dem Stundenlohn eines Arbeiters. 1904 war der Mitgliederstand auf 92 angewachsen. Während des 1. Weltkriegs ruhte die aktive Vereinstätigkeit. Familien, deren Ernährer im Kriegsdienst standen, wurden finanziell unterstützt. Trotz Rückschlägen und Inflation 1923 nahm der Verein weiterhin seine Zielsetzungen und Aufgaben wahr.
1933 erfolgte der Beitritt in den Verband „Pfälzischer Arbeiter-Bildungsverein e.V.“ und zur Vermeidung von Namenskonflikten die Umbenennung in „Arbeiter-Unterstützungsverein“. Der Nationalsozialismus des Dritten Reiches und der 2. Weltkrieg drückten auch dem AUV seinen Stempel auf. Ein aktives Vereinsleben fand kaum noch statt. Wann der Verein offiziell verboten wurde, konnte nicht ermittelt werden.
Die Zeit nach der Wiedergründung
Getragen von Erinnerungen an die „schönen alte Zeiten“ bewog 50 Männer und Frauen um Heinrich Freitag, am 18. Februar 1950 den Verein neu zu gründen. Neben der Fürsorge konnte man sich verstärkt den kulturellen Zielsetzungen widmen. Mit der Gründung einer Sängergruppe 1950, einer Mädchen-Jugendgruppe und 1957 einer Zupfmusikgruppe, wurde der Grundstein zu einer andauernden und erfolgreichen Jugendarbeit gelegt. Nach wie vor und bis in die heutige Zeit behielt der Verein seinen unterstützenden Charakter bei.
Im Zuge der Aktualisierung der Satzung erfolgte im Jahr 1986 die Umbenennung des Vereins in „Arbeiter-Bildungsverein - Mandolinenorchester Essingen“ mit dem Orchester als selbstständiger Abteilung des ABV. Geist und Körper fit zu halten, bietet seit 1990 die „Seniorengymnastik“. Das Jubiläum zum 100-jährigen Bestehen wurde 1997 vielfältig gefeiert und im gleichen Jahr die Kinder- und Jugendtanzgruppe „Dance for Kids“ ins Leben gerufen.
Im September 2000 trennte sich das Mandolinenorchester einvernehmlich vom Verein und stellte sich als „Zupforchester Essingen e.V.“ auf eigene Füße. Zugleich erfolgte die Umbenennung in „Arbeiter-Bildungsverein Essingen“. Mit der Gründung der „Essinger Eulenbühne“ 2012 wurde der Tradition des Theaterspielens Rechnung getragen. Das seit Jahren ersehnte Bauvorhaben „Lagergebäude“ zur Unterbringung der Vereinsutensilien konnte 2016 vollendet werden. Drastische Einschnitte durch die Covid-19-Pandemie veränderten das gesellschaftliche Leben und schränkten auch die Handlungsfähigkeit des Vereins massiv ein. Sämtliche Veranstaltungen mussten 2020 abgesagt und auch 2021 könnte lediglich ein Kabarettabend ausgerichtet werden. Umso mehr freut sich der ABV auf das Festwochenende am 1. und 2. Oktober, um sein Jubiläum mit vielen Gästen gebührend zu feiern.
Weitere Informationen
Festprogramm in der Dalberghalle: Sonntag , 1. Oktober, 19 Uhr, Festbankett mit buntem Programm unter Mitwirkung des Zupforchesters und der Essinger Chöre.
Sonntag, 2. Oktober, 12 Uhr, geselliger Nachmittag mit Mittagessen, Live Musik und Kaffee und Kuchen; zuvor um 11.15 Uhr, Totengedenkfeier auf dem Essinger Friedhof. Weiteres ist hier zu finden. ps
Autor:Silvia Krebs aus Landau |
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