Umbauarbeiten auf dem ehemaligen Goodyear-Gelände:
Platzangebot für Jungunternehmer und Existenzgründer – kein Logistikzentrum!
Philippsburg. „Unsere Konzeption, wie im Spätjahr 2018 dem Gemeinderat im Detail vorgestellt, wird ohne Veränderungen so umgesetzt.“ Mit großem Nachdruck bekunden Andreas und Markus Wirth dies gegenüber der Presse. „Nehmen Sie uns beim Wort!“.
Vorgesehen war – und ist - die Ansiedlung von produzierendem Gewerbe und Dienstleistungsgewerbe, Jungunternehmern und Existenzgründern. Die Wirth-Gruppe aus Waghäusel hat im Dezember 2019 das Goodyear-Gelände – bis auf das noch existierende Zentrallager - übernommen.
In einem Pressegespräch mit Rundgang durch alle Baulichkeiten beteuerten sie, ihr Vorhaben in der ursprünglichen und angekündigten Form umzusetzen. Damit reagierten sie auch auf Befürchtungen der CDU-Fraktion, des fraktionslosen Stadtrats Thomas Biesenberger und der „Bürgerinitiative Lebenswertes Philippsburg“, entgegen der Zusagen von 2018 könnte auf dem Areal, insbesondere in der alten Produktionshalle, ein Logistikzentrum entstehen – zusätzlich zu dem großen Ditz-Vorhaben auf dem ehemaligen Kasernengelände.
Abgerissen ist inzwischen das fast monumentale Firmenlogo „Goodyear Reifenwerk“ im Eingangsbereich. Im Gegensatz zu früheren Zeiten gibt es seit Monaten nur wenig LKW-Verkehr. Auf dem großen Parkplatz, wo einst rund die 1.150 Beschäftigte ihr Auto abstellen konnten, stehen vereinzelte Kraftfahrzeuge.
In den letzten vier Jahren hat sich vieles verändert: Im Spätjahr 2016 mussten rund 900 betroffene Arbeitnehmer die traurige Kunde von der bevorstehenden Schließung der 50 Jahre alten Reifenfabrik, die den Namen Philippsburg in die Welt hinaustragen hat, zur Kenntnis nehmen.
Im 2018 machte die erfreuliche Nachricht die Runde, dass die eigens für diesen Zweck gegründete Immobiliengesellschaft „Industriepark IP“ der Wirth-Gruppe aus Waghäusel - mit Andreas Wirth als Geschäftsführer an der Spitze und mit Bruder Markus als gemeinsamer Gesellschafter - rund 16 Hektar des Goodyear-Geländes in Philippsburg übernehmen werden.
Den Rest behielt die Reifenfirma für ihr Zentrallager. Bei den veräußerten etwa 16 Hektar handelt es sich um den früheren Produktionsbereich entlang der L 602. Im Philippsburger Gemeinderat stellten die Wirths sodann im Oktober 2018 ihr Konzept vor, das zum Ziel habe, produzierendes Gewerbe und Dienstleistungsgewerbe, vor allem junge Unternehmer anzusiedeln und, wie es weiter hieß, energieeffiziente Gewerbeflächen zu schaffen.
Im oft uneinigen Philippsburger Ratsgremium stieß die Konzeption auf ein einmütiges Wohlwollen: Von einem „schlüssigen Konzept“ mit „lobenswerten Kleinparzellierungen“ war die Rede. Was besonders aufhorchen ließ: Die Brüder stellten kurzfristig 150 Arbeitsplätze, in einem zweiten Schritt gar 250 Arbeitsplätze in Aussicht. Für Existenzgründer und Jungunternehmer bestehe eine große Nachfrage.
Die Goodyear-Halle in der Mitte mit einer Grundfläche von rund 55.000 Quadratmeter wird künftig für Produktion und Dienstleistung genutzt. In einem ersten Schritt müssen die Bestandsgebäude saniert werden. Zum zweiten Schritt gehörten der Ausbau und die Erweiterung. Zu diesem Zweck wurde wird ein Bebauungsplan für klein- und mittelgroße Gewerbeflächen auf dem Gelände um die Hallen herum und insbesondere im Zufahrtsbereich entwickelt. Wegen der vom Gemeinderat 2017 erlassenen Veränderungssperre sei ein Bauantrag notwendig, erläutert Andreas Wirth.
„Wir haben bereits Millionenbeträge investiert“, lassen die Investoren wissen. An jeder Stelle ist ersichtlich, dass auf dem Gelände schon viel passiert ist: mit Rückbau und Ausbau. Alles wird auf Vordermann gebracht, von den Decken und Verkleidungen, von der Heizung über Elektro bis zum Sanitärbereich.
„Die Entwicklung des Geländes zu einem modernen Gewerbepark schreitet zügig voran“, heißt es. Auch muss eine ganze Reihe brandschutztechnischer Auflagen erfüllt werden. So werden die große Halle - die frühere Produktionshalle - in fünf fast gleichgroße Brandabschnitte gegliedert und mit zusätzlichen Brandschutzwänden versehen. „Wir haben inzwischen ca. 1.000 Tonnen Stahl, Aluminium, und Kupferleitungen und sonstige Baumaterialien entfernt“, ist zu erfahren.
„Wir setzen voll auf Modernität und wollen ein Energiekonzept über ein Arealnetz umsetzen, so mit Hilfe von Photovoltaikstrom, eines Blockheizkraftwerks, von Speichern und E-Tankstellen“, ist in Aussicht gestellt. Die dadurch reduzierten Energiekosten sollen zu gut 20 bis 30 Prozent Kosteneinsparungen führen.
Geplant sind, wie einer Auflistung aus 2019 zu entnehmen ist, Zwischenproduktionen, Produktprüfungen, Produktbearbeitungen, Reklamationsmanagement, Warenbereitstellung und deren Lagerung vorzunehmen. Neu und sinnvoll genutzt werden auch die ehemaligen Büroräume, das Kesselhaus, das ehemalige Feuerwehrhaus. Die Grundstücke zwischen der alten Produktionshalle und der L 602 sind für die Ansiedlung von Kleingewerbe vorgesehen.
Coronabedingt hatte das Unternehmen „pfenning-Gruppe“ aus Heddesheim darum gebeten, Non-Food-Artikel für Endverbraucher „übergangsweise“ in einem Teil der Halle unterbringen zu dürfen. In Abstimmung mit der Stadt Philippsburg und dem Landratsamt hat die Wirth-Gruppe ihr Einverständnis gegeben.
Bei dem Rundgang wurde deutlich: In dem relativ niedrigen Lager können Paletten nur ein Mal übereinandergesetzt werden. Ein Logistikzentrum arbeitet mit modernsten Hochregallager, wo bis zu zehn Paletten hochgestapelt sind. „Ist hier völlig unmöglich und unwirtschaftlich“, betont mehrfach Andreas Wirth. Auch die Größe und Anzahl der Tore lassen das nicht zu. Im Durchschnitt verkehren derzeit etwa fünf bis zehn LKW täglich für „pfenning“.
Autor:Werner Schmidhuber aus Waghäusel |
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