Interview mit Mark Schlick − Teil 2
Bedeutender Wirtschaftsmotor der Südwestpfalz
Pirmasens. Den stadteigenen Grundbesitz verwalten und die lokale Wirtschaft vorantreiben – als Partner für Unternehmen vor Ort, aber auch als helfende Hand für alle, die erst ansässig werden oder eine Existenz gründen möchten: Im Doppelamt „Wirtschaftsförderung und Liegenschaften“ gibt es für Mark Schlick viel zu tun. Der Amtsleiter spricht mit dem Wochenblatt über den Wirtschaftsstandort Pirmasens, dessen Knackpunkte und Vorzüge sowie den Einfluss äußerer Treiber.
Wochenblatt: Wie hat sich Corona im Detail auf Ihre Arbeit ausgewirkt?
Mark Schlick: Corona hat sich als höchst brenzlige Zusatzaufgabe über zwei Jahre lang weit oben auf unsere Agenda geschoben. Sehen Sie, fast alle Unternehmen hatten quasi von heute auf morgen auf die eine oder andere Art mit der völlig neuen Situation zu kämpfen – viele standen mit dem Rücken zur Wand. Als Kümmerer für die Wirtschaft haben wir ohne jegliche Blaupause versucht, zu helfen, wo immer das möglich war. Hier waren zunächst einmal Orientierungshilfen gefragt und ganz konkret die Vermittlung von Hilfsprogrammen wie Kurzarbeitergeld und Liquiditätszuschüssen.
In dieser Zeit haben wir aber beispielsweise auch ’PS:handelt’ organisiert mit einem Lieferservice und Abholangebot von Speisen für den Verzehr zu Hause, aber auch von Waren. Andere schnell umgesetzte Aktionen waren die Maskenproduktion in lokalen Betrieben oder das Veranstalten von Gründer-Livestreams und Hackathons zur kreativen Ideenfindung. Gemeinsam mit leerstehenden Hotels wurden zudem temporäre Home-Offices eingerichtet.
Wochenblatt: Wo sehen Sie denn die Big Points des Wirtschaftsstandorts Pirmasens?
Mark Schlick: Hier gehört sicherlich der ausgesprochen hohe Standort-Identifikationsgrad der lokalen Player an erster Stelle genannt – „Mia san mia“ ist insofern nur die bayrische Übersetzung einer Mentalität, die von unseren Unternehmen seit Jahr und Tag gelebt wird. Unternehmen berichten auch immer wieder, und das freut uns natürlich ganz besonders zu hören, von einer gut funktionierenden Zusammenarbeit mit der Stadtverwaltung und kurzen Behördenwegen.
Punkten können wir ohnehin bei den weichen Faktoren, beispielsweise die Nähe zum Elsass mit dem ’Savoir-vivre’ unserer französischen Nachbarn oder den Freizeitangeboten des Pfälzerwalds, natürlich einhergehend mit vergleichsweise niedrigen Grundstücks-, Immobilien- und Mietpreisen sowie attraktiven Lebenshaltungskosten. Aus dem Home-Office-Boom in der Pandemie haben viele die Erfahrung gemacht, dass man auch aus dem schöneren und doch kostengünstigeren Wohnumfeld heraus in Unternehmen arbeiten kann, die in einer Metropole sitzen – auf den flächendeckenden Glasfaserausbau in Pirmasens gesetzt zu haben, hat uns dabei perfekt in die Karten gespielt.
Wochenblatt: Liegt denn in Pirmasens eher der Fokus darauf, Ansässige zu fördern, oder eher auf dem Gewinnen von Neuansiedlern?
Mark Schlick: Generell ist beides sehr wichtig, wobei es heißt, dass man mit dem gleichen Aufwand an Zeit und Energie, die es für eine Gewerbeansiedlung braucht, auch 999 bestehende so gut betreuen kann, dass es denen besser geht. Gute Beispiele für eine erfolgreiche Bestandspflege sind etwa die Unterstützung von PKM Packaging bei Betriebsnachfolge und Erweiterung oder von Footwear Innovation Lab und ihrem wachstumsgebotenen Umzug innerhalb des Stadtgebiets; im gleichen Atemzug wären Gautsche Hochzeitsschuhe und Orthosystem Fuchs zu nennen.
Wir freuen uns aber immer auch über entsprechende Anfragen aus der Region, so konnten wir Atom Stanz- und Schneidesysteme oder Werkstattbedarf Werkzeugfee geeignete Flächen auf dem Konversionsgebiet Husterhöhe vermitteln – somit sind zwei ehemalige Rodalber Unternehmen der Region erhalten geblieben.
Wochenblatt: Und welche neuen Unternehmen haben sich für Pirmasens entschieden?
Mark Schlick: Aktuell sind alle Räumlichkeiten in unseren GriPS-GründerInnen-Zentrum belegt. Darunter befinden sich das KI-Start-up Computational Modelling Pirmasens und MR 28 aus dem Motorsport, ferner das Pfalzinstitut für Archäologie und der Security-Experte Conceptional Protection Concepts. Weitere Neugründungen sind beispielsweise LUCRIN Germany mit ihrem hochwertigen Angebot an Leder-Accessoires oder die Reitsportsattlerei und Ledermanufaktur Fabis Lederey – beide sind im Federico-Gewerbepark auf dem Geländer der früheren Helmitin-Werke ansässig geworden. Im Sommer geht außerdem mit Agrodorf am Stadtrand ein Hightech-Lebensmittel-Verarbeiter mit iranischen Wurzeln in den Echtbetrieb. Sie zu begleiten war spannend und herausfordernd zugleich, so etwa beim Übersetzen von Verträgen vom Deutschen ins Persische oder im Umgang mit unerwarteten Restriktionen der Bankenaufsicht.
Wochenblatt: Welche Rolle spielt hier das Thema Kreativwirtschaft für Sie?
Mark Schlick: Die Kultur- und Kreativwirtschaft hat sich zu einem bedeutenden Wirtschaftszweig entwickelt und gehört zu den wachstums- und beschäftigungsstärksten Branchen überhaupt. Das haben wir frühzeitig erkannt und heute können wir mit Fug und Recht behaupten, dass Pirmasens in diesem spannenden Segment Rheinland-Pfalz-weit und darüber hinaus zu den Vorreitern gehört.
Umso mehr freuen wir uns darauf, dass die Pirmasenser Fachmesse Kreativvitti im November diesen Jahres bereits zum dritten Mal stattfinden wird – als Drehkreuz und innovativer Treffpunkt für Akteure aus den Bereichen Musikwirtschaft, Buch- und Kunstmarkt, Film- und Rundfunkwirtschaft, Darstellender Kunst, Architekturmarkt und Designwirtschaft, Presse- und Werbemarkt oder auch der Software- und Games-Industrie.
Wochenblatt: Vielen Dank für das Gespräch, Herr Schlick.red
Autor:Frank Schäfer aus Wochenblatt Pirmasens |
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