„Triadisches Ballett“ in der Festhalle
Hohe Schule für Fantasie, Seele und Geist
Pirmasens. Es ist einer der Höhepunkte in der laufenden Spielzeit: der Auftritt des Bayerischen Juniorballetts in der Pirmasenser Festhalle. Am Freitag, 14. April, zeigt das junge Ensemble Tanzkunst auf höchstem Niveau. Mit dem „Triadischen Ballett“, einem der spektakulärsten und experimentellsten Meisterwerke der Moderne, erleben die Zuschauer einen Dreiklang aus Kostümen, Tanz und Musik – märchenhaft und futuristisch zugleich.
Das „Triadische Ballett“ hat Tanzgeschichte geschrieben. Mit visionärer Kraft hat Bauhauskünstler Oskar Schlemmer (1888-1943) die Grundkoordinaten des Tanzes neu ausgerichtet. Er schuf ein epochales Meisterwerk der Avantgarde, das als Meilenstein des Theaters und der bildenden Kunst gleichermaßen gilt. Die Choreografie hat mitsamt ihrer legendären Kostüme ganze Generationen von Künstlern bis heute inspiriert.
Schlemmer hat, wie mancher seiner Kollegen, Anfang des 20. Jahrhunderts versucht, das Theater aus spannenden Strömungen der bildenden Kunst heraus zu erneuern. Mit seinem „Triadischen Ballett“ überwand er Grenzen und brachte zusammen, was auf den ersten Blick so gar nichts miteinander gemein zu haben scheint. Kostüme, Musik und Choreografie: Diese drei Dinge sollten verschmelzen. Eckigkeit ist darin Trumpf, die Welt wird scheinbar zum Futuristenpark. Kunterbunte geometrische Figuren kreiseln, hüpfen, wanken, der Mensch wird zur Maschine. Entstanden ist ein bis dahin nie dagewesener Reigen plastischer, farbiger Kostümgebilde, bewegt von Tänzern, die zu abstrakten Kunstfiguren stilisiert sind. Schlemmers besondere Leistung war die Erneuerung des Menschenbilds nach den Schrecken des Ersten Weltkriegs. Das Festhalten an einer „gereinigten Kunstfigur“ bleibt bedeutende Botschaft seines Oeuvres. Nach seiner Uraufführung 1922 wurde Schlemmers experimentelle Vision nur noch wenige Male gezeigt, die Nationalsozialisten ächteten seine Arbeit später als „entartet“.
Zu internationalem Ruhm gelangte das „Triadische Ballett“ durch den ikonischen Choreografen Gerhard Bohner (1936-1992). Anhand erhaltender Bilder und Aufzeichnungen brachte er 1977 die historische Aufführung zurück auf die Bühne – in enger Zusammenarbeit mit dem Komponisten Hans-Joachim Hespos (1938-2022) und Kostümbildnerin Ulrike Dietrich. Die Rekonstruktion war eine Auftragsproduktion der Akademie der Künste Berlin/West. Bohners zeitlos gültige Neufassung des legendären Kostümballetts von 1922 wurde ein Welterfolg, der Schlemmers großes Theaterexperiment wiederbelebte. Zwölf Jahre tourte dieses Ballett um die Welt. Danach wurden die eindrucksvollen Kostüme in Kisten verpackt und erst 2014 wieder hervorgeholt. Damals wagten sich Ivan Liska und Colleen Scott an eine Neuinszenierung für das Bayerische Juniorballett. Das Ehepaar gehörte bei Gerhard Bohner zu der originalen Besetzung und tanzte das Stück zwischen 1977 und 1989 in 85 Aufführungen in 32 Theatern in Europa, Nordamerika und Japan.
Durch die Neueinstudierung mit dem Bayerischen Juniorballett entfalten auch die rekonstruierten Kostüme – überarbeitet von Susanne Stehle – wieder ihre volle Schönheit und spiegeln die „festlich-getragenen“, „mysthisch-phantastischen“ Stimmungen des dreiteiligen Balletts wider. Das Libretto zeigt zwölf Charaktere in 18 Kostümen. Mit hoher Dynamik, großer Ausdruckskraft und höchster tänzerischer Präzision nimmt die engagierte Compagnie die Zuschauer in der Festhalle mit auf eine berührend wie beeindruckende Reise.
Die Veranstaltung beginnt um 19 Uhr. Eintrittskarten gibt es im Vorverkauf im Forum Alte Post (Telefon: 06331 2392716; E-Mail: kartenverkauf@pirmasens.de) sowie im Internet unter www.ticket-regional.de.red
Autor:Frank Schäfer aus Wochenblatt Pirmasens |
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