„Ball im Savoy“
Musikszenen einer Ehe
Pirmasens. Die leichte Muse prägt traditionsgemäß den Jahresauftakt in der Pirmasenser Festhalle. Am Dienstag, 9. Januar 2024, steht Paul Abrahams Welterfolg „Ball im Savoy“ in einer Inszenierung der Kammeroper Köln auf dem Spielplan. Das 16-köpfige Ensemble lässt mit der anspruchsvollen wie schillernden Revue-Operette den frivol-frechen Zeitgeist der 1930-Jahre wiederaufleben.
Auf den „Ball im Savoy“ locken Liebe und das Versprechen einer rauschenden Nacht. Musikalisch eine mitreißende Mischung aus Jazz, Blues und wienerischem Schmelz, gemixt mit ungarischem Flair. Eine verrückte Geschichte rund um ein frisch vermähltes Paar, dessen Treue auf die Probe gestellt wird.
In der damals neuartigen Operette, die näher am Musical ist als an Wiener Traditionen, versammelt Paul Abraham alles, was das Musiktheater jener Zeit ausmachte: Witz, Ironie, Erotik, Exotik, Nonsens und dazu große Revue-Nummern. Mit Evergreens wie „Es ist so schön, am Abend bummeln zu gehen“ oder „Toujours l“ amour“ und Tanz-Einlagen wie „Känguru“ hat der Komponist ein farbenfrohes Meisterwerk geschaffen.
In der Weimarer Republik war Paul Abraham (1892 bis 1960) einer der prägendsten und international erfolgreichsten Operettenkomponisten. Gleich sein erstes Stück „Viktoria und ihr Husar“, das 1930 in Leipzig Premiere feierte, wurde zum Kassenschlager. Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten erhielt er aber als jüdischer Künstler 1933 Aufführungsverbot. Wie zahlreiche verfemte Künstler geriet er in Vergessenheit. Erst seit den 2010er-Jahren erfuhren Abrahams Werke eine Renaissance.
Die Hauptbestandteile des Erfolgs von Abraham sind Sex und Politik. In „Die Blume von Hawaii“ bezog er sich auf die US-Annexion des Insel 1898, bei „Ball im Savoy“ geht es um Innenpolitik, um frauenfeindliche Gesetze und Verhaltensweisen. Warum, so das Grundthema, dürfen Männer fremdgehen und Frauen nicht?
Zum „Ball im Savoy“ wird ein Überraschungsgast erwartet, ein großer Star der Zwanziger Jahre, der Jazzkomponist José Pasodoble. Dahinter verbirgt sich jedoch ein Pseudonym, denn die wahre Identität des Künstlers ist unbekannt, doch man sagt, er wird sich auf dem Ball zu erkennen geben. Und dieser José Pasodoble ist in Wahrheit eine Frau: Daisy Darlington (Femke Soetenga).
Das wirkt auf den ersten Blick sehr unterhaltend, aber zeigt doch den ernsten gesellschaftlichen Bezug. Die Rolle der Frau war zu Zeiten der Weimarer Republik noch eine andere – trotz zunehmender Emanzipierung – eine Frau als erfolgreiche Jazzkomponistin konnte sich wahrlich niemand vorstellen; nur unter männlichem Pseudonym war ihr der Erfolg gegönnt.
Beim „Ball im Savoy“ treibt es jeder mit jedem. Als die weibliche Hauptfigur Madeleine (Nicola Becht) ihren Seitensprung voll emanzipatorischer Überzeugung in der Öffentlichkeit preisgibt, dafür von der Damenwelt auch noch gefeiert wird, dreht der Komponist Paul Abraham die für Operetten typischen Affären und Techtelmechtel einfach ad absurdum: Ungemütlich wird es, weil ihr Gatte, der Marquise Aristide de Faublas (Mario Zuber) seiner Ehefrau Madeleine trotz aller Beweise und nachvollziehbarer Beteuerungen einfach nicht glauben möchte, dass diese ihn betrogen hat. Der Coup zum Finale? Sie ist ihrem Gatten schlussendlich doch treu geblieben, die Affären waren bei beiden nur vorgetäuscht.
Für die Inszenierung und Choreographie Neuproduktion zeichnet Vanni Viscusi verantwortlich, das Orchester, die Kölner Symphoniker, stehen unter Leitung von Esther Hilsberg-Schaarmann.red
Autor:Frank Schäfer aus Wochenblatt Pirmasens |
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