Kunstverein und Stadt präsentieren „Max und Gerda Kratz“
Neue Rheinberger-Akzente in der Alten Post
von andrea katharina kling-kimmle
Pirmasens. Seit der ersten Ausstellung 2002 des Vereins „kunst & kultur“ in der ehemaligen Schuhfabrik ist Vorsitzender Maximilian van de Sand vom „Rheinberger-Virus“ befallen. Mit der Skulpturen-Ausstellung „Max und Gerda Kratz, geborene Rheinberger – Eine Künstlerehe“ erfüllt sich seine jahrelange Vision neue Akzente der Geschichte eines einstigen Familienimperiums der Öffentlichkeit zu präsentieren. Die über 100 Werke der beiden Bildhauer sind vom 26. November bis 27. Februar im Kunstforum zu sehen.
Erste Pläne reiften in van de Sand bei der Präsentation „Kunst im öffentlichen Raum“ 2010 in der Kopp’schen Schuhfabrik, wo auch ein Modell der „Drei Blumenmädchen“ von Max Kratz (das Original steht im Ehrenhof der ehemaligen Rheinberger-Siedlung) vertreten war. Man vermute, so Max van de Sand, dass diese Plastik die drei Rheinberger-Töchter Hilde, Doris und Gerda darstellt. Der 100. Geburtstag des Künstlers in diesem Jahr – Gerda Kratz hätte am 6. Juli ihren 95. gefeiert - war für den Vorsitzenden der ideale Zeitpunkt für die Ausstellung, die in Kooperation mit der Stadt in der Alten Post stattfindet. Gemeinsam mit Charlotte Veit, der Koordinatorin des Kunstforums, war der Vorsitzende ins Kunst-Museum Solingen-Gräfrath gefahren, das die Werke von Max Kratz für dessen Stiftung beherbergt. Über 60 Arbeiten sind nun in Pirmasens zu sehen, gemeinsam mit mehr als 40 Skulpturen und Modelle seiner Frau. Es sind Leihgaben vom Sohn Thomas Kratz, der in Gerresheim, einem Stadtteil von Düsseldorf wohnt und 1953 zur Welt kam.
Max van de Sand, der ganz tief in die Geschichte der Familie Rheinberger eingetaucht ist, hat im Vorfeld seine Fühler ausgestreckt und von vielen Seiten Modelle oder Bilder von den Kunstwerken des Bildhauers und Hochschullehrers zur Verfügung gestellt bekommen. Max Kratz (gestorben 2000), der 1951 die jüngste Rheinbergertochter Gerda geheiratet hatte, erhielt von Schwiegervater Gustav unter anderem Aufträge für hochwertige Werbegeschenke für gute Kunden. Darunter ein Aschenbecher aus Messing und ein kleiner Schusterjunge aus Bronze. Eines dieser Modelle stellte ihm Stefan Markert von der Schuhfabrik Carl Semler, der über mehrere Ecken mit Rheinberger verwandt ist, zur Verfügung. In der Ausstellung zu sehen ist auch ein Nachguss der Bronzeskulptur vom Kopf des Gustav Rheinberger, dessen Original im Chefbüro stand und das verschwunden ist. Nur ein Foto gibt es derzeit von der Verdienstmedaille, die Arbeiter der Schuhfabrik für 25-jährige Treue erhielten. Der Vorsitzende des Kunstvereins hofft, dass sich vielleicht die eine oder andere Auszeichnung noch im Privatbesitz ehemaliger Mitarbeiterfamilien befindet. „Es wäre schön, wenn sich die Betreffenden bei mir melden würden“, wünscht sich van de Sand. Er ist telefonisch zu erreichen unter 0176 64349144.
Max Kratz, der Gerda Rheinberger (1926 bis 2011) in der Bildhauerklasse von Sepp Mages kennen lernte, absolvierte zunächst eine Lehre als Goldschmied. Er studierte an der Kunstakademie in Düsseldorf, unterbrochen von Kriegsdienst und Gefangenschaft. Ab 1950 arbeitete er als freischaffender Künstler und lehrte als Professor an der Gesamthochschule Essen. Zu seinen bekanntesten Arbeiten zählt der „Pylon“ am Flughafen Düsseldorf und das Bergarbeiter-Denkmal „Steile Lagerung“ vor der Hauptverwaltung der RAG in Essen.
Seine Frau Gerda, 1926 als jüngste Tochter von Gustav Rheinberger zur Welt gekommen, studierte unter anderem an der Kunstakademie Düsseldorf. Sie arbeitete gemeinsam mit ihrem Mann in einem Atelier in Grafenberg. Ab 1980 hatte sie ihre eigenen Räumlichkeiten in Gerresheim. Gerda Kratz war unter anderem Mitglied des Künstlervereins „Malkasten“. In dieser Zeit entstand auch ihre bekannteste Skulptur, „Mutter Ey“.
Wie van de Sand erklärt, sind in der Ausstellung überwiegend Plastiken der beiden Künstler zu sehen, aber auch einige Fotos von ihren teils überdimensionalen Werken im öffentlichen Raum.
Stehen in der Alten Post Gerda und Max Kratz im Mittelpunkt, bringt der Vorsitzende des Kunstvereins aber immer auch die Rheinberger-Schuhfabrik ins Spiel. Sowohl Gebäude, als auch Geschichte faszinieren ihn seit der ersten Ausstellung 2002. Deshalb wird es in dem Katalogbuch, das allerdings erst nach der Vernissage am 26. November erscheint, eigene Kapitel zur Historie sowie zur Familiengeschichte anhand eines Stammbaums geben. Damit will „kunst & kultur“ die Reihe der Pirmasenser Schuhfabriken-Chronik fortsetzen. Bislang gibt es Katalogbücher zu den Präsentationen im Kopp sowie in der Ohr’schen Fabrik. Geplant sei, so Max van de Sand, das Rheinberger-Exemplar im Januar vorzustellen und damit gleichzeitig die Ausstellung, die bis Ende Februar eine lange Laufzeit hat, nochmals in den Blickpunkt zu rücken. Angedacht sei auch eine Führung mit dem Solinger Kunsthistoriker Maximilian Berkel. Von ihm stammt der Beitrag über Max und Gerda Kratz in dem Buch. ak
Autor:Andrea Kling aus Pirmasens |
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