Vortrag von Kriminalhauptkommissar Volker Schmidt
Strategien gegen Hass im Netz
Von Frank Schäfer
Pirmasens. Hassrede im Internet („Hate Speech“) hat in den letzten Jahren sprunghaft zugenommen. Wie kann man dagegen vorgehen? Was können Betroffene tun und wo bekommt man Hilfe? Am 12. April gab Kriminalhauptkommissar Volker Schmidt, Mitarbeiter beim Beratungszentrum des Polizeipräsidiums Westpfalz, wertvolle Tipps und Informationen, wie man mit dem Thema besser umgehen kann. Zu dem Vortrag im Carolinensaal hat die Volkshochschule Pirmasens eingeladen.
Unter „Hate Speech“ versteht man verbale Angriffe auf Personen oder Gruppen aufgrund bestimmter Attribute wie Hautfarbe, Herkunft, Geschlecht, sexuelle Orientierung, Weltanschauung oder Religion. „Das Ziel von 'Hate Speech' ist Ausgrenzung und Diffamierung. Die Betroffenen sollen eingeschüchtert und zum Schweigen gebracht werden. 'Hater' wollen den Diskurs bestimmen“, erklärt Schmidt. „Wenn auf sachliche Argumente nicht mehr sachlich reagiert wird, ist kein sinnvoller Meinungsaustausch mehr möglich. Betroffene von 'Hate Speech' ziehen sich zurück. Der öffentliche Diskurs droht, verzerrt zu werden und damit auch der Blick auf die gesellschaftliche Realität.“
Von Beleidigung bis zur Morddrohung
„Bei 'Hate Speech' sind die gleichen Taktiken zu erkennen wie auch beim 'Cybermobbing'. Beim 'Cybermobbing' ist es allerdings oft so, dass sich Täter und Opfer kennen. Im Gegensatz zu 'Hate Speech' ist 'Cybermobbing' meist unpolitisch und läuft über einen gewissen Zeitraum. Anzeigen kann man allerdings schon die erste Tat. Die entsprechenden Straftatbestände lauten Beleidigung, Verleumdung und üble Nachrede. Gegen 'Hate Speech' kann man sich strafrechtlich und zivilrechtlich wehren“, erklärt Volker Schmidt. Hassrede reicht von Beleidigung über Drohung bis hin zu gezielten Hetzkampagnen, Volksverhetzung und Morddrohungen. Ganz besonders gefährlich wird es, wenn die Hassrede im Internet in die reale Welt umschlägt.
Verschiedene Angriffsformen
Hass im Netz hat verschiedene Angriffsformen. „Es gibt Fälle, in denen private, persönliche Daten über eine Person rechtswidrig erlangt und veröffentlicht werden. Um Menschen gezielt einzuschüchtern, werden sie mit einer Flut von Nachrichten bombardiert, es kann einen organisierten Shitstorm geben oder es wird versucht, die Online-Präsenz des Betroffenen lahmzulegen“, berichtet Volker Schmidt. „Die Auswirkungen auf den Betroffenen sind Stress, Verunsicherung und Angst bis hin zu einer realen Bedrohungslage, etwa bei Morddrohungen.“
Handlungsansätze
„Um auf den Hass im Internet zu reagieren, ist nicht jede Strategie in jeder Situation sinnvoll. Wichtig ist, die Sprechfähigkeit zu bewahren und sich eventuell mit anderen Betroffenen auszutauschen. Hier hilft auch die Beratungsstelle 'SoliNet' (solinet-rlp.de). Es kann sinnvoll sein, Abstand zu gewinnen und den Account für eine gewisse Zeit ruhen oder von einer Vertrauensperson betreuen zu lassen. Bei konkreten Bedrohungen sollte man sich direkt an die Polizei wenden“, rät Volker Schmidt. Als weitere Strategien kann man die jeweilige Äußerung melden, um eine Löschung zu erwirken. Man kann einen Löschantrag stellen oder eine Melderegister-Sperre beantragen. Eine Auskunftssperre kann im Melderegister eingetragen werden, wenn man glaubhaft machen kann, dass durch eine Auskunft eine Gefahr für Leben, Gesundheit oder persönliche Freiheit entstehen könnte. Darüber hinaus sollte man seinen Account schützen und sich genau überlegen, was man von sich preis geben will und eventuell auch die Privatsphäre-Einstellungen überprüfen.
Wie erstatte ich Anzeige?
Anzeige erstatten kann man mündlich, schriftlich oder per E-Mail bei jeder Polizeidienststelle oder bei der jeweiligen Staatsanwaltschaft sowie auf der Internetseite polizei.rlp.de/de/onlinewache/ innerhalb einer Frist von drei Monaten. Nach den Ermittlungen der Polizei wird das Verfahren an die Staatsanwaltschaft übergeben. Dem Täter droht eine Geld- bzw. Freiheitsstrafe.
Beweise sichern
Besonders wichtig ist das Sichern von Beweisen - etwa durch einen Screenshot, auf dem nicht nur die Äußerungen, sondern auch die URL zu erkennen sein sollte. Urheber, Username, Name der Plattform oder des Messengerdienstes sollten genauso dokumentiert werden wie Datum und Uhrzeit. Auch der Kontext der Äußerung ist wichtig und sollte dokumentiert werden, dazu gehören auch die eigenen Äußerungen. Handelt es sich um ein Video, sollte dieses nach Möglichkeit heruntergeladen und gespeichert werden.
Beratungsstellen:
polizei.rlp.de/de/onlinewache/
solinet-rlp.de
initiative-toleranz-im-netz.de
Autor:Frank Schäfer aus Wochenblatt Pirmasens |
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