Ausstellung des Bezirksverbandes Pfalz in der Alten Post in Pirmasens
Was hat Anne Frank jungen Menschen zu sagen?

Zum 13. Geburtstag bekam Anne Frank ein Tagebuch, das heute als historisches Zeitzeugnis gilt. Foto: Kling
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  • Zum 13. Geburtstag bekam Anne Frank ein Tagebuch, das heute als historisches Zeitzeugnis gilt. Foto: Kling
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Pirmasens. Was mussten jüdische Kinder im Dritten Reich erleiden? Eine Antwort liefert die Lebensgeschichte des Mädchens Anne Frank, das in seinem Tagebuch nicht nur Tatsachen festhielt sondern auch über seine Sehnsüchte schrieb. Wie aktuell sind diese Aufzeichnungen heute, in Zeiten von Kriegsdramen auf der Welt, von Flüchtlingsströmen, die Europa in den letzten Jahren erreicht haben? Können Hasstiraden in den „sozialen Medien“ mit der Verfolgung der Juden gleichgesetzt werden? Viele Fragen ranken sich um die Ausstellung „Deine Anne. Ein Mädchen schreibt Geschichte“ in der „Alten Post“ in Pirmasens.
Theo Wieder, Vorsitzender des Bezirkstages Pfalz als Organisator, legt den Finger in die „deutsche Wunde“: Wie konnte es in einem sogenannten Rechtsstaat, von dem die Bürger überzeugt waren, so weit kommen, dass 6 Millionen Menschen „fabrikmäßig“ ermordet wurden? Für viele ist es heute unvorstellbar, dass geschätzte Mitbürger auf Grund ihres Glaubens über Nacht zu unerwünschten Personen wurden, aller Bürgerrrechte entraubt. Auch die Familie von Anne Frank (1929 bis 1945) erleidet dieses Schicksal. Sie muss aus Deutschland fliehen und lebt von 1942 bis 1944 in einem Versteck in einem Amsterdamer Hinterhaus. Hier schreibt sich das Mädchen seine Last von der Seele. Ein Eintrag vom 24. Dezember 1943: „Kann mich wohl irgendjemand verstehen, über die Undankbarkeit hinwegsehen, hinwegsehen über Jude oder nicht Jude, und nur den Backfisch in mir sehen, der so ein großes Bedürfnis nach ausgelassenem Vergnügen hat?“
Doch es gibt kein Happy-End für die jüdische Familie, die verraten und deportiert wird. Im Konzentrationslager Bergen-Belsen stirbt Anne im Alter von 15 Jahren an Entkräftung und Typhus. Nur der Vater überlebt, der den Wunsch seiner Tochter aus dem Tagebuch ein Buch zu machen, erfüllt. „Damit hat Anne Frank posthum Weltruhm erlangt“, so Theo Wieder. Es sei der jungen Frau gelungen, „ihre Würde zu erhalten“. Gleichzeitig stellt der Vorsitzende des Bezirksverbandes die Überlegung in den Raum, wie sich die Menschen heute einer Anne Frank gegenüber verhalten hätten. „Wie viele leisten Widerstand, wenn andere diskriminiert werden?“ Die Hetze in den sozialen Medien etwa gegen den Islam sei nicht weit entfernt von der Verurteilung des Judentums im Nationalsozialismus. „Wir nehmen heute nicht die Position moralisch besserer Menschen ein“, betont Wieder und appeliert an die Besucher der Ausstellung, die Vorkommnisse im Dritten Reich zu verinnerlichen, „denn die Zukunft hängt davon ab“.
Mit der Ausstellung und einem breit gefächerten Rahmenprogramm soll ein pädagogischer Ansatzpunkt geboten werden. So führen keine gelehrten Geschichtsexperten Kinder und Jugendliche durch die zweigeteilte Präsentation. Das Motto heißt: „Gleichaltrige begleiten Gleichaltrige“. Die Vermittlung dieses dunklen Kapitels deutscher Vergangenheit an die nächste Generation soll lebensnah erfolgen. Bereits jetzt haben sich 16 Schulklassen aus der Umgebung für Führungen angemeldet.
Die museumspädagogische Mitarbeiterin in der Alten Post Denise Kamm erklärt den Aufbau der Ausstellung, die sich in elf Module gliedert. Dazu gehört die Lebensgeschichte der Familie Frank ebenso wie die Hintergründen der Verfolgung. Es gibt Details über das Versteck in Amsterdam sowie ein Raum zum Verweilen, um zu verweilen und das Gesehene zu verarbeiten. Informiert wird auch über die Deportierung und den Tod von Anne, ihrer Mutter und Schwester.
Im Ergeschoss der Alten Post ist dazu ein zweiter Bereich zu besichtigen, der zum Nachdenken anregt. Denn hier geht es um die Themen Antisemitismus, Diskriminierung und die Frage nach der eigenen Identität.
Die Ausstellung wurde von dem Anne-Frank-Zentrum Berlin in Kooperation mit dem Anne Frank Haus in Amsterdam konzipiert. Sie ist in der Alten Post in Pirmasens bis 4. Mai täglich zu sehen.
Mit einem umfangreichen Rahmenprogramm möchte der Bezirksverband die Thematik in die Region bringen. So führt das Chawwerusch Theater das Stück „Kennen Sie die Milchstraße“ am 14. April in Waldmohr und am 15. April in Pirmasens auf. Drei Gästeführungen beschäftigen sich mit dem „jüdischen Leben in Pirmasens“. Am 16. April gibt es die Lesung „Die Briefe von Gretl Drexler“ aus dem Lager Gurs mit Roland Paul und Hannelore Bähr in der Alten Post und am 26. April in Landau. Einen Einblick in ihr Buch „Heidelbeerkind“ gibt Marion Bischoff am 17. April im Historama in Hornbach und am 25. April im Deutschen Schuhmuseum Hauenstein. In der Pfalzbibliothek Kaiserslautern sprechen Dr. Klaus J. Becker und Philippe Haller über das Thema „Widerstand (un)möglich?! Die Pfälzischen Arbeiterparteien im Widerstand gegen den Nationalsozialismus“. Mit den Träumen und Wünsche der jungen Frau beschäftigt sich das Stück „Anne Frank“, das am 22. April vom Pfalztheater im Herzogsaal Stadtmuseum, Zweibrücken aufgeführt wird.
Weitere Infos unter www.bv-pfalz.de/annefrank
Erfreut zeigt sich Theo Wieder, dass es gelungen ist, zahlreiche Sponsoren (darunter auch die Liselott und Klaus Rheinberger Stiftung) für das Projekt zu gewinnen. Damit bleibe für den Bezirksverband die Restkosten in Höhe von rund 10.000 Euro.
Info:
Die Ausstellung „Deine Anne. Ein Mädchen schreibt Geschichte“ im Forum Alte Post in Pirmasens ist bis zum 4. Mai täglich von 10 bis 17 Uhr geöffnet. (ak)

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Autor:

Andrea Kling aus Pirmasens

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