125-jähriges Gründungsjubiläum: Katholische Arbeiter-Bewegung - KAB Mechtersheim
Mechtersheim. Die Katholische Arbeiterbewegung (KAB) Mechtersheim hat einen richtig guten Grund zum Feiern. Sie begeht nämlich in diesem Jahr ihr 125-jähriges Bestehen. Gefeiert wird am Samstag, 19. Oktober, im katholischen Pfarrheim Mechtersheim.
Die Jubiläumsfeier beginnt um 13.30 Uhr mit der Begrüßung. Es schließt sich um 14 Uhr der Gottesdienst mit Präses Pfarrer Peter Nirmaier an. Zum Programm gehören ein Rückblick auf 125 Jahre KAB Mechtersheim und Grußworte. Für die musikalische Unterhaltung sorgt der Band 21 Plus. Essen und Getränke werden ebenfalls angeboten.
Gegründet wurde die KAB Mechtersheim 1899, wie KAB-Mitglied Manfred Nuber recherchiert hat. Er hat sogar ein Bild von der Fahnenweihe 1903/04 gefunden. Zu diesem Anlass kamen seinerzeit 31 Männer, 26 Frauen sowie der Vorstand Peter Lutz im Gasthaus Pfälzer Hof zusammen.
Die Geschichte der KAB reicht indes noch weiter zurück – bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts. In dieser Zeit wurden die Folgen der Industriellen Revolution immer deutlicher und spürbarer. Bischof Ketteler sprach von der „Verelendung weiter Teile der Bevölkerung“. Und darin sah er eine der „wichtigsten Fragen der Gegenwart“. Als sogenannte „soziale Frage“ hielt sie Einzug in den Themenkatalog der katholischen Kirche.
Der erste Katholische Arbeiterverein in Deutschland gründete sich 1849 in Regensburg. Das Bistum Speyer rief 1851 zur Nachahmung auf. In der Kirchengemeinde Heiligenstein, zu der Mechtersheim damals gehörte, fiel der Vorschlag 1899 auf fruchtbaren Boden. Die Gründungsmitglieder definierten als ihre Ziele „die Pflege der Religiosität und Sittlichkeit im engen Anschluss an die Kirche; die soziale Hebung des Arbeiterstandes und die Veredlung des geselligen Lebens; Politik ist ausgeschlossen“. Vorträge sollten zur Bildung der Menschen beitragen.
Wie viele Mitglieder der Verein anfangs zählte, hat Nuber trotz intensiven Nachforschens nicht eruieren können. Sicher ist jedoch, dass alle in der Sterbe- und später auch in einer Krankenunterstützungskasse versichert waren. Nach dem Ersten Weltkrieg – in diesen Jahren war die Vereinstätigkeit stillgelegt – erhielten die Vereinsmitglieder die Möglichkeit, sich in Rechts- und Versicherungsfragen unentgeltlich beraten zu lassen.
Die wirtschaftlichen Herausforderungen der 1920er-Jahre, die sich vor allem in einer galoppierenden Inflation niederschlug, machten vor dem Arbeiterverein nicht halt. Einerseits musste er permanent die Beiträge erhöhen. Andererseits wurde die Notlage, insbesondere die zunehmende Arbeitslosigkeit, immer offensichtlicher. Deshalb verzichtete 1923 der Verein sogar auf seine Weihnachtsfeier.
Keine besseren Zeiten brachen in den 1930er-Jahre an. Im Gegenteil. Während der NS-Diktatur wurde die KAB wie andere, nicht nur kirchliche Vereine verboten. Die Sterbeversicherung indes wurde im Untergrund weitergeführt, wie Nuber festhält.
Direkt nach dem Krieg wurde der Katholische Arbeiterverein – jetzt als Katholisches Werkvolk – wiedergegründet. Nach Willen von Bischof Dr. Joseph Wendel sollte der Verein unter das Dach des Männerwerks schlüpfen und ausschließlich für Männer zugänglich sein. Die aufkeimenden Irritationen konnten 1951 beigelegt werden: das Werkvolk wurde ein eigenständiger Verein.
1971 gründete sich der Bundesverband der Katholischen Arbeitnehmer-Bewegung, die KAB. Sie existiert bis heute – ein Ortsverband ist in Mechtersheim angesiedelt.
Die Zeiten änderten sich, in der KAB wehte ein frischer Wind. Auf Anregung von Paul Eichstetter und Christoph Macziol entstanden erste Arbeitskreise. 1984 kamen dann auch ehemalige CAJ-ler dazu, die unter der Federführung von Anne Schlosser und Karola Loewe einen weiteren Arbeitskreis bildeten, der sich mit Umwelt- und sozialen Fragen beschäftigte. Gleichzeitig begann der Verein, sich bei Aktionen auf Bistums- und Bundesebene zu engagieren. Verstärkt trat die KAB auch durch die 100-Jahr-Feier 1999 in der Öffentlichkeit in Erscheinung. Außerdem wirken Mitglieder der Mechtersheimer KAB als ehrenamtliche Sozialrichter oder als Vertreter der Arbeitnehmer in der Sozialversicherung, sind im Widerspruchsausschuss der Krankenkasse tätig. Auch sind etliche in kirchlichen Gremien.
Darüber hinaus sammelte der Ortsverband Kleider für das Sozialkaufhaus und half dort beim Verkauf mit. Nach den Gottesdiensten wurden fair gehandelte Waren angeboten; die Erlöse gingen an das Weltnotwerk der KAB und andere soziale Einrichtungen.
Aktuell beschäftigt sich die KAB mit sozialpolitischen Fragen, wie Situation in der Pflege, Mindestlohn, Altersarmut, Tarifbindung, und kirchlichen Themen wie die Zusammenlegung der Pfarreien und der Verkauf der Pfarrheime. Auch der Rechtsruck der Gesellschaft treibt die KAB um. Mit den Gewerkschaften und Betrieben werden Aktionen initiiert. Gemeinsames Feiern und gesellige Abende bereichern das Vereinsleben. Die Mitgliederzahlen bewegen sich laut der Vorsitzenden Anna Schlosser „um die 20, mal mehr, mal weniger“. Neue Mitglieder seien „natürlich stets willkommen“. red
Autor:Heike Schwitalla aus Germersheim | |
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