Mit dem Traktor an den Atlantik
Die Entdeckung der Langsamkeit
Römerberg-Mechtersheim. Johannes Jochem und Klaus Winkelmann aus Mechtersheim fahren demnächst in Urlaub. Am Freitag, 19. August, 10 Uhr, geht es los. Das Ziel: die französische Atlantikküste. So weit, so unspektakulär. Nur, dass die beiden Schlepperfreunde aus Römerberg nicht in einem vollklimatisierten SUV über die französischen Nationalstraßen und Autobahnen rauschen. Ihr fahrbarer Untersatz ist ein Traktor der Marke Deutz, Baujahr 1965.
Nationalstraßen und Autobahnen sind also tabu, stattdessen heißt es, gemächlich über abgelegene Landstraßen zu tuckern. 1.250 Kilometer sind es bis nach St. Paul en Born, wo der Schwiegervater von Klaus Winkelmann lebt. Francis Magnaldie ist ebenfalls ein großer Traktorfan - und war Ende April mit seinem Renault 421 M bei den Römerberger Schlepperfreunden zu Gast. Jetzt also der Gegenbesuch. Und wieder verringert sich die große Distanz nur sehr allmählich: 20 Stundenkilometer fährt der Deutz in etwa. "Ich erwarte vor uns keinen Stau und fürchte auch keine Radarkontrolle", scherzt Johannes Jochem.
Zwischen 80 und 160 Kilometer wollen Johannes Jochem und Klaus Winkelmann pro Tagesetappe schaffen - und auch noch ein paar Sehenswürdigkeiten entlang der Strecke abklappern. 14 Tage soll das Traktorabenteuer dauern - vorausgesetzt, der Deutz macht nicht zwischendurch schlapp.
Dafür haben die beiden Mechtersheimer viel getan in den vergangenen Wochen: Der Vierzylinder wurde komplett durchgecheckt - und hat noch ein paar Verbesserungen erfahren, die die weite Fahrt ein bisschen komfortabler machen sollen. Für Klaus Winkelmann wurde ein zweiter Sitz verbaut - und auch Johannes Jochem muss sich nicht auf dem ungefederten Originalsitz quälen. An den Deutz wird für die Reise ein Wohnwagen angehängt; auch der ist nicht mehr der Jüngste. Er stammt aus den Siebziger Jahren. Bevor es auf Testfahrt gehen konnte, musste auch am Anhänger noch einiges geschraubt und lackiert werden.
Die Testfahrt führte das Gespann auf einen Campingplatz ins Elsaß, nahe der Burg Fleckenstein. Auf den 160 Kilometern haben sich noch ein paar Kinderkrankheiten offenbart: Das Blinklicht - in Deutschland verboten, in Frankreich jedoch Pflicht - ist abgebrochen, und der Rahmen für die Box vorne am Traktor hat sich verbogen. Also haben Jochem und Winkelmann nachgebessert, die Halterung fürs Blinklicht und auch den Rahmen noch einmal verstärkt. Jetzt fühlen sie sich bestens vorbereitet für ihre Tour quer durch Frankreich.
Die Route steht fest. Johannes Jochem fährt, Klaus Winkelmann lotst ihn. Die beiden haben ein Navi dabei, schauen parallel aber auch auf die Karte. Die Ortschaften, auf denen sie am Abend einen Campingplatz ansteuern wollen, haben sie sich herausgeschrieben. Die Reise mit dem Traktor lädt zur Entdeckung der Langsamkeit ein, ruhig wird es allerdings eher nicht werden. Der Deutz macht ordentlich Geräusch. Beide Männer tragen Gehörschutz und haben zusätzlich Ohrstöpsel im Gepäck.
Abschalten möchte Johannes Jochem auf dieser Reise. Entschleunigen. Der Vorsitzende der Schlepperfreunde Römerberg ist noch nicht richtig im Ruhestand angekommen. Jochem, der im Gesundheitsamt gearbeitet hat, hat während der Pandemie ehrenamtlich beim DRK ein mobiles Impfteam geleitet. Er ist sich sicher: Während der Deutz gemächlich durch französische Landschaften tuckert, wird er so richtig entspannen können.
Am Zielort angekommen warten dann wieder jede Menge Begegnungen auf die Traktorreisenden: Sie besuchen Bekannte aus der Oldtimer-Szene und machen mit den Damen - die kommen mit dem Flieger nach - ganz ohne Traktor im Ferienhaus Urlaub. Erst Mitte/Ende Oktober soll es dann wieder mit dem Deutz zurück nach Mechtersheim gehen. Und auch die Rückreise könnte noch einmal richtig spannend werden: Im Zentralmassiv ist es dann möglicherweise schon ordentlich kalt.
Ab 9 Uhr verabschieden sich die beiden Schlepperfreunde am Freitag, 19. August, am Feuerwehrgerätehaus in Mechtersheim auf ihre gemächliche Reise. Auch Verbandsbürgermeisterin Silke Schmitt-Makdice und der Römerberger Bürgermeister Matthias Hoffmann haben ihr Kommen angekündigt.
Zum Mitreisen
Wer an der entschleunigten Reise der beiden Mechtersheimer teilhaben will, der kann das auf Instagram: @traktorfrance22
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