Römerberger Paar fährt ohne Servo im Schrott-Golf auf Schotterpisten durch den Balkan
Römerberg. Es war reiner Zufall, dass Ruben Neideck aus Römerberg in den sozialen Medien vom Pothole Rodeo erfahren hat. In alten Rostlauben geht es bei dieser Rallye über die Schlaglochpisten des Balkan. Zwölf Länder in zwölf Tagen. Ein echtes Abenteuer, dachte sich der 44 Jahre alte Kfz-Fachmann. Er kaufte sich flugs einen alten Golf und machte die Anmeldung klar. Am 14. Juli geht's los. Dabei als Beifahrerin an Ruben Neidecks Seite: Ehefrau Katrin.
Neidecks starten in der sogenannten "Shitbox"-Klasse der Rostlauben, die unter 500 Euro gekostet haben. Ihr alter Golf war ein Schnäppchen aus den Ebay-Kleinanzeigen; er war in Philippsburg sogar noch angemeldet. Und das obwohl selbst Ruben Neideck sein 33 Jahre altes Schmuckstück als "technisch kurz vorm Schrott" bezeichnet. An der Ausstattung wurde seinerzeit eher gespart: Das Teil hat keine Servolenkung, und selbst ein Autoradio ist von Volkswagen ehedem wohl als aufpreiswürdige Sonderausstattung gewertet worden.
Kfz-Fachmann Neideck denkt praktisch: "Die Ersatzteile für den Golf sind günstig zu haben." Mit großem Aufwand, aber geringen Kosten hat er den 54 PS starken Golf fit für die Balkan-Route gemacht. Zusätzliche Scheinwerfer setzen auch die dunkelste Schotterpiste ins rechte Licht, und ein Dachgepäckträger bietet Platz für Ersatzräder, Zelt, Benzinkanister und Werkzeug. Selbst das bereits ausgeblasste Rot der Karosserie erstrahlt aufpoliert in neuem Glanz. Und Aufkleber signalisieren: Dieses Auto hat Großes vor.
Nachdem Ruben Neideck etwa drei Wochen Arbeit in das Fahrzeug gesteckt hat, überzeugt der Golf nicht nur optisch, sondern auch technisch: Der TÜV hat sein Okay gegeben und damit steht einem erfolgreichen Start in der Südsteiermark in Österreich nichts mehr entgegen. Die Startnummer - 1104 - hat das jüngste ihrer drei Kinder ausgesucht. Es ist ihr Geburtstag, daher soll die Startnummer den Eltern ganz viel Glück bringen. Deren spannende, aber ganz sicher auch anstrengende Tour führt zunächst durch Slowenien nach Ungarn und dann immer an der Donau entlang nach Rumänien. Über die spektakuläre Passstraße Transfagarasan und durch das bulgarische Hinterland bis ans Schwarze Meer. Über Griechenland, Albanien, den Kosovo, über die Berge Montenegros, durch Bosnien und Kroatien einem derzeit noch unbekannten Ziel entgegen. Insgesamt werden 4.500 Kilometer zurückgelegt, auf denen die gefürchtetsten Schlaglöcher Südosteuropas zu finden sind.
Gut für den Golf: Es geht nicht um Geschwindigkeit, das Ziel des Rennen ist es, gemeinsam durchzukommen. Zuvor gibt es täglich Challenges zu erfüllen und Punkte zu sammeln. Allerdings steht bei den rund 150 Teilnehmerinnen und Teilnehmern am Pothole Rodeo der Spaß im Vordergrund. In einer WhatsApp-Gruppe tauschen sich die "Potholer" schon im Vorfeld aus. Rallye-Newbie Neideck interessieren vor allem ganz praktische Tipps, wie die Frage, was er unbedingt in seinen Golf packen sollte. Ausfahrten zur Probe haben gezeigt: Es klappert überall. Je schneller der Golf unterwegs ist, desto lauter. "Bei Vollgas erreicht der Wagen immerhin 155 Stundenkilometer, aber dann kann ich das Radio ausmachen, man hört eh nix mehr", schmunzelt Neideck.
Er freut sich auf sein verrücktes Urlaubs-Abenteuer, mit dem auch Gelder für den guten Zweck gesammelt werden. Unterstützt wird das Projekt „Kind sein dürfen 2024“. Die Aktion finanziert den Unterhalt einer Kindertagesstätte in Fushe-Arrez in Albanien mit, in der zurückgelassene Kinder betreut werden. Die Region war einst vom Bergbau geprägt, doch heute gibt es dort nur noch wenige Arbeitsplätze. Viele Erwachsene müssen das Dorf verlassen, um Geld zu verdienen, während die Kinder zurückbleiben und oft unter den Folgen von Armut und Elend leiden.
Von unterwegs wollen Katrin und Ruben Neideck auf Facebook und Instagram von ihren Abenteuern berichten - und von den Lost Places, zu denen die Rallye führen soll.
Weitere Informationen
www.facebook.com als karune pothole diary
www.instagram.com/karune_pothole_diary
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