Telefonbetrug: Polizei-Experte verrät 12 Maßnahmen gegen betrügerische Anrufe
Telefonbetrug. Telefonbetrug hat in letzter Zeit stark zugenommen – und es wird immer raffinierter. Ob verdächtige Anrufe mit ausländischen Vorwahlen, manipulierte Telefonnummern, die sogar polizeiliche Hintergründe vortäuschen, der berüchtigte Enkeltrick oder angebliche Mitarbeiter von Banken und Microsoft – die Liste der Betrugsmaschen ist lang und die Gefahr, Opfer zu werden, realer denn je.
Nicht nur ältere Menschen sind betroffen, auch jüngere Generationen sind zunehmend Ziel dieser skrupellosen Betrüger. Neben teils enormen finanziellen Schäden leiden viele Opfer auch unter Scham und Selbstvorwürfen. Doch was tue ich, wenn ich einen solchen Anruf erhalte? Wie reagiert man richtig?
In einem exklusiven Interview gibt Bernhard Christian Erfort, Leiter der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit des Polizeipräsidiums Westpfalz in Kaiserslautern, Einblicke in alle aktuellen Maschen des Telefonbetrugs und wie man sich währenddessen oder im Nachgang verhalten sollte. Verpassen Sie nicht die wertvollen Tipps, um in Zukunft sicher am Telefon zu sein. [rav]
???: Welche aktuellen Telefonbetrugsmaschen sind derzeit am häufigsten?
Bernhard Erfort: Derzeit häufen sich die Anrufe von „falschen Bankmitarbeitern“ und „falschen Polizeibeamten“, wobei aber der „Schockanruf“ und der „Enkeltrick“ nach wie vor auch aktuell sind. Ein eindeutiger Trend, hin zu nur einer bestimmten Betrugsmasche, ist nicht erkennbar.
???: Wie geht die Polizei vor, um Telefonbetrüger zu identifizieren und zu verfolgen?
Bernhard Erfort: Grundsätzlich wird versucht, die Zahlungswege nachzuverfolgen, um zu ermitteln, wo letztendlich die Zahlungen eingehen. Hier bitten wir um Verständnis dafür, dass die Polizei aus ermittlungstaktischen Gründen nicht konkreter auf Ermittlungsmethoden eingeht.
??? Inwiefern erschweren neue digitale Technologien (Stichwort KI-Betrug) die Verfolgung und Aufklärung solcher Betrugsfälle?
Bernhard Erfort: KI-Betrug ist bei den klassischen Telefonbetrügen bisher kein größeres Thema. Die KI-Technologien haben mehr Bedeutung bei den Betrugsfällen im Zusammenhang mit der Anlage von Kryptowährung. Hier findet man im Internet gefälschte Interviews mit deutschen Prominenten, die angeblich für Kryptobörsen mit hohen Gewinnen werben. Ziel der Täter ist, dass sich die Opfer bei einer vermeintlichen Kryptobörse anmelden. Bei diesen Webseiten handelt es sich um gut gestaltete Fälschungen mit einem Kunden-Login. Im weiteren Verlauf legen die Täter gemeinsam mit dem Opfer, in der Regel via Fernzugriff auf den PC, ein Konto bei einer existenten Kryptobörse an. Dort soll der Geschädigte die Einzahlungen vornehmen. Der Täter bietet nach der Einzahlung des Geldes an, die Einzahlung auf das gefälschte Konto zu transferieren. Hier sieht das Opfer den Zahlungseingang und später auch die angeblichen Gewinne. Tatsächlich leiten die Täter die Einzahlungen auf tätereigene Konten oder auf Konten von Mittelsmännern weiter. Besondere Vorsicht ist geboten, wenn plötzlich auf dem eigenen Bankkonto Zahlungseingänge von fremden Personen eingehen und man diese auf sein Kryptokonto einzahlen soll. Hierbei kann man sich der leichtfertigen Geldwäsche strafbar machen.
???: Gibt es bestimmte Gruppen, auf die sich Telefonbetrüger besonders häufig konzentrieren?
Bernhard Erfort: Grundsätzlich kann jeder Opfer eines Betruges werden, da die verschiedenen Maschen auf die entsprechenden Altersgruppen abgestimmt sind. Häufig werden jedoch ältere Menschen Opfer von Telefonbetrügen. Dies ist auch der Tatsache geschuldet, dass die Personengruppe überwiegend mit Telefonnummer und Adresse im Telefonbuch zu finden ist und die Täter diese oftmals zur Auswahl der Opfer nutzen.
???: Welche Herausforderungen ergeben sich bei der internationalen Kooperation in Fällen von Telefonbetrug?
Bernhard Erfort: Die Zusammenarbeit in der EU funktioniert gut. Zwischen einzelnen Staaten gibt es Kooperationen und gemeinsame Einsätze.
???: Gibt es Fälle, in denen Telefonbetrüger erfolgreich gefasst und verurteilt wurden?
Bernhard Erfort: Leider sind das noch wenige Fälle, aber es gibt sie. Meistens werden gerade beim Schockanruf/Enkeltrick die „Abholer“ erwischt. Die eigentlichen Drahtzieher sitzen oftmals im Ausland. Staatenübergreifende Großeinsätze führten in jüngerer Vergangenheit bereits zu Festnahmen.
???: Inwieweit kann die Bevölkerung die Arbeit der Polizei bei der Bekämpfung von Telefonbetrug unterstützen?
Bernhard Erfort: Die Bevölkerung kann insbesondere bei der Prävention und Aufklärung unterstützen. Die Polizei führt Aufklärungs- und Informationskampagnen durch und nutzt dazu die unterschiedlichen Medien wie Plakate, Broschüren, Soziale Medien und lokale Nachrichten, um möglichst viele Menschen zu erreichen. Wir bieten Informationsveranstaltungen und Workshops in Zusammenarbeit mit Seniorenverbänden, Gemeindezentren und anderen Organisationen an. Unsere Beraterinnen und Berater nehmen an Aktionstagen (beispielsweisen von Banken und Sparkassen) teil und informieren an Informationsständen.
Bürgerinnen und Bürger können die Arbeit der Polizei unterstützen. Insbesondere Kinder, Enkel oder enge Freunde können ihre Eltern/Großeltern oder ältere Personen aus der Nachbarschaft über die Betrugsmaschen aufklären und bei Fragen als Ansprechpartner helfen. Bleiben Sie wachsam, geben Sie ihr Wissen weiter. Auch wenn Sie bereits Opfer eines solchen Betrugs wurden. Schämen Sie sich nicht dafür – das kann wirklich jedem passieren. Helfen Sie anderen und zeigen Sie die Tat unbedingt bei der Polizei an. Das unterstützt die Ermittler dabei, neue Betrugsmaschen frühzeitig zu erkennen und kriminelle Banden zu überführen.
???: Welche Maßnahmen raten Sie unmittelbar, wenn jemand glaubt, Opfer eines Telefonbetrugs geworden zu sein?
Bernhard Erfort: Ganz egal, welche Geschichte Ihnen am Telefon erzählt wird, wir bitten grundsätzlich um Vorsicht. Ein gesundes Misstrauen ist keine Unhöflichkeit. Lassen Sie sich niemals unter Druck setzen. Legen Sie einfach auf, sobald Ihr Gesprächs- oder Chatpartner Geld von Ihnen fordert. Geben Sie keine privaten Daten oder Details zu finanziellen Verhältnissen preis. Erklären Sie niemandem, wo Sie Geld oder Wertgegenstände (wie Schmuck) aufbewahren. Übergeben und überweisen Sie niemals Geld an unbekannte Personen oder Konten. Denken Sie daran: die echte Polizei oder sonstige Amtspersonen fordern niemals Bargeld, Überweisungen oder Wertgegenstände von Ihnen, um Ermittlungen durchzuführen oder Ihr Geld in Sicherheit zu bringen.
Bei der echten Polizei erscheint auch niemals die Rufnummer 110 im Display. Seien Sie misstrauisch, wenn sich jemand am Telefon nicht selbst mit Namen vorstellt oder als Bekannter oder Verwandter ausgibt, den Sie als solchen nicht erkennen. Prüfen Sie die Echtheit des Anrufers, aber rufen Sie nie über die am Telefon angezeigte Nummer zurück. Rufen Sie Ihre Angehörigen unter der Ihnen bekannten Rufnummer an oder sprechen Sie mit Ihrer Nachbarschaft über ungewöhnliche Anrufe, bevor Sie eine Entscheidung treffen. Rufen Sie beim geringsten Zweifel bei der Behörde an, von der die angebliche Amtsperson kommt. Suchen Sie die Telefonnummer der Behörde selbst heraus oder lassen Sie sich diese durch die Telefonauskunft geben. Wichtig: Lassen Sie den Besucher währenddessen vor der abgesperrten Tür warten.
Verständigen Sie bei verdächtigen Feststellungen oder Kontaktaufnahmen umgehend die Polizei unter der Nummer 110. Erstatten Sie Anzeige. Wenden Sie sich hierfür an die für Sie zuständige Polizeiinspektion. Jede Anzeige unterstützt die Polizei dabei, neue Betrugsmaschen frühzeitig zu erkennen und Täterinnen und Täter zu überführen.
Weitere Informationen zu Telefonbetrug:
Informationsmaterialien können beim
Polizeipräsidium Westpfalz
Führungsstab
SB 15 - Zentrale Prävention
Tel: 0631-369-1444
E-Mail: beratungszentrum.westpfalz@polizei.rlp.de
kostenfrei bezogen oder jederzeit über die Homepage www.polizei-beratung.de heruntergeladen werden.
Nützliche Links zum Thema Telefonbetrug:
https://www.polizei-beratung.de/themen-und-tipps/betrug/enkeltrick/
https://www.polizei-beratung.de/themen-und-tipps/betrug/messenger/#c26855
Telefonbetrug: Polizei-Experte verrät 12 Maßnahmen gegen betrügerische Anrufe
Autor:Ralf Vester aus Kaiserslautern |
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