Geschichte der Zigarrenfabriken in Wiesental:
Verdienstmöglichkeiten auch für Frauen

Zigarrenfabrik Neuhaus | Foto: Urheber: W. Schmidhuber
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Waghäusel. Was wäre aus Wiesental ohne die Zigarrenfabriken geworden? Ohne die neu geschaffenen Verdienstmöglichkeiten? Wie hätten sich die zumeist kinderreichen Familien durchgeschlagen?
Im ausgehenden 19. Jahrhundert entstanden in Wiesental gleich mehrere kleinere und größere Zigarrenfabriken. Anders als die kargen Böden mit den vielfältigen äußeren Einflüssen boten die eröffneten Filialbetriebe relativ sichere Verdienstmöglichkeiten, auch und insbesondere für Frauen.
Die erste Fabrik entstand im Forsthaus bei der Neudorfer Mühle. Ab 1871 waren dort zeitweise bis zu 25 Arbeiterinnen und Arbeiter beschäftigt.
Für die vielen bitterarmen Bewohner seiner Gemeinde versuchte Ortspfarrer Karl Biecheler, dessen Grabmal sich heute noch in der Wiesentaler Parkanlage befindet, Verdienstmöglichkeiten zu schaffen.
Mit seinem Verhandlungsgeschick erreichte er etwa, dass 1889 im Obergeschoss der Karlsruher Straße neben dem Gasthaus “Reichsadler“ die Schwetzinger Zigarrenfabrik Neuhaus eine Filiale eröffnete und mit 49 Arbeitskräften die Zigarrenproduktion startete.
Auch die Gemeinde unterstützte und subventionierte Niederlassungen. So gab es Geld aus der Gemeindekasse für den Zigarrenfabrikanten August Neuhaus von Schwetzingen, weil dieser zusagte, 150 bis 200 Arbeiter zu beschäftigen.
Seine Firma Neuhaus kaufte an der damaligen Straße nach Mannheim (Ecke Rosenhag/Mannheimer Straße) ein großes Grundstück und baute ein Fabrikgebäude, das 1893 eingeweiht wurde. Neuhaus zählte jahrzehntelang (bis 1975) zu den großen Wiesentaler Zigarrenfabriken.
Um die Jahrhundertwende entstanden weitere kleinere und größere Zigarrenfabriken. 1908 beispielsweise verdienten knapp 700 Frauen in den damals vorhandenen elf örtlichen Arbeitsstätten ihr Geld.
Zur Schaffung zahlreicher Arbeitsplätze trugen jüdische Geschäftsleute bei, etwa Höber und Mandelbaum (an die eine Straße erinnert) oder die Gebrüder Reiss. Alle waren noch vor der NS-Machtübernahme zu Ehrenbürgern der Gemeinde Wiesental ernannt worden.
Die Schicksale der jüdischen Zigarrenfabrikbesitzer, so Plünderung und Zerstörung ihrer Wohnungen, Verschleppung und Tod durch die Nazis, gehören zum dunkelsten Kapitel regionaler und deutscher Geschichte. Dass die Arbeitgeber in einst schwieriger wirtschaftlicher Zeit für Verdienstmöglichkeiten der armen Bevölkerung gesorgt hatten, spielte ab 1933 keine Rolle mehr.

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Autor:

Werner Schmidhuber aus Waghäusel

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