Was wird aus dem Schwanen?
Von 42 früheren Gaststuben bleibt bald nur noch eine übrig

Der Schwanen um 1916
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Waghäusel. Wird demnächst in Wiesental das letzte historische Gasthaus von der Bildfläche verschwunden sein? Die Gerüchteküche brodelt: Die älteste Wirtschaft „Zum Schwanen“, bereits 1627 erwähnt, soll abgerissen werden. An ihre Stelle in der Ortsmitte - gegenüber der Kirche – könnte ein grauer Wohnblock kommen, wird vermutet. Alles andere als begeistert zeigen sich die einheimischen Wiesentaler, voran der Heimatverein. Doch für einen Abbruch hat die Eigentümerfamilie durchaus nachvollziehbare Argumente.
Nach dem Krieg gab es in Wiesental 42 Gaststuben, die alle ihr Auskommen hatten. Darunter befanden sich sieben historische und ortsbildprägende Gebäude aus der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts, und weitere elf, die vor 1900 gebaut worden waren. Von den einst 42 Lokalen sind nur noch der „Schwanen“ und der „Reichsadler“ übrig. Zwei noch existente Gastwirtschaften jüngeren Datums sollen auch noch in diesem Jahr geschlossen werden. Dann ist fast alles weg.
Was wird aus Wiesental, wenn alle älteren charakteristischen Gebäude den aus dem Boden schießenden Wohnblocks und den neuen sogenannten „Kasernenhäusern“ weichen müssen? Die Gefahr bestehe, klagt der Heimatverein, wenn die beschlossene Ortskernsanierung über die Bühne geht. Nach der „Krone“, dem „Ritter“, dem kurzzeitigen „Ochsen“, dem „Goldenen Lamm“, dem „Hirsch“ und dem „Löwen“ dürfte dann auch das Ende des altehrwürdigen „Schwanen“ besiegelt sein, was den Heimatvereinschef Peter Hiltwein zusammenschrecken lässt. Nicht das ganze Gebäude, aber Teile des Kellers, des Erdgeschosses könnten aus der Zeit vor dem Dreißigjährigen Krieg stammen. Auch eine vorhandene Kellertür sei wohl über 400 Jahre alt, meint Wirtin Margit Kattner.
Laut Stadtarchiv wurde das jetzige Hauptgebäude teils 1876 und nochmals ab 1906 als „Wohn- und Wirtschaftsgebäude mit Tanzsaal, Durchfahrt, Schlachthaus, gewölbtem und Eisenbalkenkeller“ gebaut.
Der „Schwanen“, der das erste Telefon weit und breit besaß, ist mit der Familiengeschichte der Stöckels eng verbunden, die immerhin drei Bürgermeister stellten. Jahrzehntelang diente das Wirtshaus mit der Metzgerei dem Gesangverein MGV als Bleibe. Im Ersten Weltkriegs war im Saal mit dem ersten deutschlandweit eingebauten nordamerikanischen holzwurmfreien Fußboden ein Lazarett eingerichtet.
Das alles weiß und würdigt Stefan Lichtblau, Chef einer Baufirma und Ehemann der Stöckel Tochter Bettina. Um das Gebäude halbwegs in Schuss zu halten, müssten mindestens 150.000 Euro investiert werden. Die Bausubstanz sei schlecht, es gebe keine Isolierung, kaum Schallschutz vor nahem Autolärm und Kirchengeläut, im Keller breite sich der Salpeter aus, Ersatzziegeln lassen sich nicht mehr auftreiben. Die Miete könne er nicht einfach um die Instandsetzungskosten erhöhen, sagt Lichtblau. Zu den vielen altersbedingten Problemen komme erschwerend hinzu, dass ein unübersichtliches Abwassersystem kreuz und quer im Boden verlaufe und es keinen einzigen Parkplatz gebe.
Von daher mache er sich Gedanken um die Zukunft. Noch existiere keine Planung, erst recht kein Bauantrag. Entlang der Mannheimer Straße könnte, wenn es so weit komme, eine Ladenzeile entstehen, darüber eine Arztpraxis, entlang der Wagbachstraße eine Tiefgarage, darüber Wohnungen.
Seltsam ist, dass das älteste Haus nicht unter Denkmalschutz steht – im Gegensatz zu den Nachbargebäuden. Konkrete Auskünfte dazu will das Landesdenkmalamt aus Datenschutzgründen nicht geben.
Auf Anfrage bestätigt Bürgermeister Thomas Deuschle, dass noch kein Antrag bei der Baurechtsbehörde eingegangen sei. Angeregt wurde jetzt eine Überprüfung der Denkmaleigenschaft. Im Mai 2020 habe der Gemeinderat eine Sanierungssatzung mit einer Veränderungssperre beschlossen worden. Unabhängig von der Denkmaleigenschaft stünde ein solches großes Vorhaben unter dem sanierungsrechtlichen Genehmigungsvorbehalt der Stadt.

Autor:

Werner Schmidhuber aus Waghäusel

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