Damenmannschaft des ASV Winnweiler organisiert Hilfe für das Flutkatastrophengebiet
"Hand in Hand"
Winnweiler/Donnersbergkreis. Drei Wochen liegen nun schon die verheerenden Überschwemmungen an Flüssen in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz zurück. Die täglichen Bilder aus den Katastrophengebieten machen noch immer fassungs- und sprachlos, mit welcher Wucht sich die Wassermassen ihren Weg bahnten und ein Bild der Verwüstung hinterließen. Die Flut kostete viele Menschen das Leben und noch immer werden etliche vermisst. Unter anderem erwischte es das rheinland-pfälzische Ahrtal besonders hart. In all der Not und Trauer sind es aber die zahlreichen Helfer aus ganz Deutschland und aus den Nachbarländern, die dieser Tragödie etwas Licht am Ende des Tunnels geben und einen unfassbaren Zusammenhalt bilden. Und zwischen all den tausenden Helfern sind auch sie – eine Truppe der Damenmannschaft des ASV Winnweiler im Donnersbergkreis. Für die Mädels war klar – „Wir müssen helfen“!
Die Redaktion des Wochenblatts sprach mit Fußballerin Melanie Geißler.
Von Claudia Bardon
???: Wie entstand die Bereitschaft ins Flutkatastrophengebiet zu reisen und zu helfen?
Melanie Geißler: „In unserem Team sind wir alle sehr sozial eingestellt und egal wo Hilfe benötigt wird, sind wir oft bereit uns einzusetzen. Nachdem die Katastrophe passiert ist, hat es bei uns nicht lange gedauert, bis die Diskussion zu helfen aufkam. Unsere Mitspielerin Hanna Gutheil hat daraufhin alles in die Wege geleitet und organisiert. Wir wussten bis dahin ja noch nicht, ob wir mit dem Auto hinkommen oder ob es Shuttles gibt und vor allem was benötigt wird.“
???: Wie viele Personen haben sich dann auf den Weg gemacht?
Melanie Geißler: „Vor zwei Wochen sind wir zum ersten Mal mit sieben Personen ins Ahrtal gestartet. Es waren nicht nur Spielerinnen, auch andere Freiwillige sind mit. Mittlerweile fahren wir schon zum vierten Mal hin und es kommen immer mehr freiwillige Helfer hinzu.“
„Es ist erschreckend - Wie ein Kriegsgebiet“
???: Wie funktioniert die Anreise ins Ahrtal?
Melanie Geißler: „Wir haben uns morgens um 5 Uhr in Winnweiler getroffen und sind an den Innovationspark nach Grafschaft gefahren. Dort gab es zum Glück schon eingerichtete Shuttles, die mttlerweile von 9 bis 12 Uhr direkt vom Innovationspark abfahren. Abends wird man auch wieder zurück ans Auto gebracht. Es ist unfassbar wie schnell Privatpersonen vor Ort einen Shuttleservice auf die Beine gestellt haben und dadurch mittlerweile schon rund 42.000 Menschen in die einzelnen Ortschaften gebracht haben.
Unter der Internetseite www.helfer-shuttle.de findet man unter anderem immer aktuelle Infos zu benötigter Ausrüstung und Abfahrtszeiten. Man fährt mit dem Auto hin, wird vor Ort direkt eingewiesen, es sind alle Arbeitsmittel, Desinfektionsmittel, Schutzausrüstung, Handschuhe und Masken, Besen sowie Schaufeln auch zum Ausleihen vor Ort. Jeder wird gefragt, ob man gezielt irgendwo helfen möchte und ob Verwandte oder Bekannte dort sind oder ob man frei eingesetzt werden möchte, und anschließend geht’s in die Shuttles. Wir haben uns angestellt und gesagt, dass wir dorthin möchten, wo Hilfe benötigt wird, und daraufhin wurden wir zuerst nach Dernau gefahren und anschließend nach Marienthal.
In Dernau haben wir im Bahnhofsgebäude geholfen. Das Gebäude war gerade in der Renovierung, bevor die Flut kam. Wir waren knapp 35 Leute in diesem Komplex und konnten somit eine Menschenkette bilden, um die vielen Paletten mit Zementsäcken, die mit Wasser vollgesaugt und schwer waren, aus dem Bahnhofsgebäude nach draußen zu befördern. Unzählige Baumaterialien, Zementmischmaschinen und mehr lag kreuz und quer. Man kann es sich einfach nicht vorstellen, wie es dort aussieht. Wir haben es geschafft, das Bahnhofsgebäude zusätzlich vom Schlamm zu befreien. Einen Raum konnten wir sogar soweit sauber machen, dass ankommende Spenden direkt dort gelagert werden konnten.
Als wir im Bahnhofsgebäude fertig waren, kam ein Unternehmer mit Hänger vorbei und fragte in die Runde, ob jemand mit zum nächsten Helferpunkt möchte und wir Mädels haben direkt ,hier’ gerufen. Es war ein Gartenlandschaftsbauer, der mit seinem LKW inklusive Bagger kam und noch einen Hänger zusätzlich angehängt hatte, auf den wir aufgesprungen sind. Auf dem Hänger wurde uns das Ausmaß der Tragödie noch bewusster, denn so hatten wir einen Überblick, welche Trümmer vor jedem Haus lagen. Das gesamte Hab und Gut – es ist erschreckend, da kommt man sich wie im Kriegsgebiet vor. In Marienthal angekommen, sah es noch schlimmer aus, da dort sehr viele Privathaushalte alles verloren haben. Wir kamen zu einer Familie und haben dort von 13 bis 17 Uhr geholfen den Keller von Schlamm zu befreien. Wir standen knietief im Schlamm und sind an diesem Tag nicht fertig geworden. Das sind Dimensionen, die man erst erkennt, wenn man drin ist.“
Jede helfende Hand wird benötigt
???: Wie oft waren Sie schon mit Ihrer Truppe im Ahrtal?
Melanie Geißler: „Wir waren auch letzte Woche dort und diesen Mittwoch und werden auch am Sonntag wieder zum Helfen ins Tal fahren. Teilweise haben wir uns extra Urlaub genommen, damit wir helfen können. Egal wer aus unserer Region noch mit möchte, kann sich gerne über Facebook oder Instagram (ASV Winnweiler Ladies) bei uns melden. Wir werden diese Aktionen auch noch weiter machen, denn die Menschen in den Katastrophengebieten brauchen jede helfende Hand.“
???: Gibt es Fortschritte vor Ort, die man sieht?
Melanie Geißler: „Als wir das erste Mal dort waren, war es für uns alle nicht einfach. Wir waren emotional sehr berührt und es machte uns sehr nachdenklich, wenn man bedenkt, wie schnell dort Menschen auf einmal alles verloren haben. Aber umso schöner ist es zu sehen, wie groß die Hilfsbereitschaft vor Ort ist und welche Fortschritte innerhalb kürzester Zeit erreicht wurden. Wir haben mit Personen vor Ort gesprochen, die aus Rügen angereist waren, um zu helfen. Das ist unbeschreiblich.“
???: Belasten Euch die Einsätze privat? Wie geht ihr damit um?
Melanie Geißler: „Wir haben vorab schon in der Mannschaft besprochen, dass sich nur Personen melden, die sich emotional dazu bereit fühlen mitzufahren. Die Gebäude vor Ort werden von der THW und Feuerwehr freigegeben, bis wir rein dürfen und wir haben uns über schlimmere Szenarien keine großen Gedanken gemacht. Wir reden sehr viel über das Erlebte, es beschäftigt jeden Einzelnen auch sehr. Es vergeht kein Tag, an dem wir nicht mit den Gedanken im Ahrtal sind. Wir könnten hier auch nicht ruhig sitzen. Jeder kann unterstützen. Es werden zum Beispiel auch helfende Hände bei der Essensausgabe benötigt. Es wird auch noch in den nächsten Wochen Hilfe vor Ort benötigt werden. Jede Hilfe zählt.“ clh
Autor:Claudia Bardon aus Wochenblatt Kirchheimbolanden |
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