Interview der Woche
Im Gespräch mit Tatjana Geiger
Von Markus Pacher
Haßloch.Seit 2015 leitet Tatjana Geiger als Nachfolgerin von Kurt Siebein die Musikschule der Gemeinde Haßloch. Neben ihrem Hauptberuf gibt sie häufig eigene Konzerte und gilt als vielgefragte Expertin für historische Tasteninstrumente. Darüber hinaus leitet die studierte Musikpädagogin und Multiinstrumentalistin den Chor „Johannissimo“ in Maikammer. Wir sprachen mit der 51-jährigen Wahl-Haßlocherin über ihre Leidenschaft für die Musik und die besonderen Herausforderungen im Zeichen der Pandemie und der Renovierung der Musikschule.
??? Liebe Frau Geiger, als Leiterin der Musikschule haben Sie es momentan nicht gerade einfach. Pandemie und Renovierung gleichzeitig - wie geht man damit um?
Tatjana Geiger: Zu Beginn der Pandemie konnte man die Situation schwer einschätzen und wir dachten, dass der ganze Spuk vielleicht in zwei bis drei Monaten vorbei sei. Dann gab es die verschiedenen Wellen. Wir haben schnell reagiert und uns schon ab März auf den Online-Unterricht umgestellt. Aber natürlich ist der Präsenzunterricht insbesondere bei Kindern und Jugendlichen durch nichts zu ersetzen. Denn das Unterrichten hat immer etwas mit Emotionen und Beziehungsarbeit zu tun. Das funktioniert online schlecht.
??? Neben ihrem „Brotberuf“ an der Musikschule sind Sie ja als professionelle Musikerin oft unterwegs und leiten außerdem einen Chor. Wie klappt das in Coronazeiten?
Tatjana Geiger: In Zeiten der Pandemie einen Chor zu leiten ist natürlich eine besondere Herausforderung und hinter meinen geplanten Konzertterminen steht immer ein großes Fragezeichen. Im letzten Sommer habe ich mit meinem Maikammerer Chor „Johannissimo“ viel im Freien oder über Zoom geprobt. So konnten wir ein ursprünglich im Juli geplantes Konzert zugunsten der Haßlocher Turminitiative vorbereiten und es dann im September erfolgreich durchführen. Eine weitere wichtige Hilfe für die Chorarbeit ist das Online-System „Jamulus“. Um die Technik hat sich ein Chormitglied gekümmert, so dass ich mich ganz auf die Probenarbeit konzentrieren konnte. Der Vorteil von „Jamulus“ ist, dass man die jeweiligen Einzelstimmen im Ensemble lauter oder leiser stellen und ich das Einstellen der Lautstärke als Klangbalance-Hilfe nutzen kann. Auch das vierstimmige Singen war damit nach einer längeren Durststrecke endlich wieder möglich. Ein weiteres Angebot an meine Chorleute: Über das System „Soundtrap“ kann ich die Klavierbegleitung und die jeweiligen Einzelstimmen einspielen und meinen Leuten eine digitale Möglichkeit zum persönlichen Einstudieren der Noten zur Verfügung stellen.
??? Im November hatten Sie Ihre zweijährige Zusatzausbildung im Bereich Musikgeragogik abgeschlossen. Was hat es damit auf sich?
Tatjana Geiger: Dabei handelt es sich um ein neues Feld in der Musikpädagogik, das sich mit der musikalischen Bildung im Alter beschäftigt. Meine Ausbildung fand in der Musikakademie Hammelsburg statt und läuft über die Fachhochschule Münster. In diesem Zusammenhang beschäftige ich mich außerdem mit dem Thema „Musizieren mit Hörgeräten“. Eine entsprechende Fortbildung für mein Kollegium fand im vergangenen Sommer statt. Es ist wichtig, sich hineinversetzen zu können, wie man mit einem Hörgerät Musik wahrnimmt. Wir haben da alle Nachholbedarf und ich gebe mein Wissen gerne an meine Kollegen weiter.
??? Warum glauben Sie, ist das Interesse älterer Menschen am Instrumentalunterricht gewachsen?
Tatjana Geiger: Grundsätzlich sind ja die jetzigen Seniorinnen und Senioren viel fitter als früher und die Lebenserwartung ist deutlich gestiegen. Viele planen schon während ihrer Berufsjahre, wie sie später mal ihre Freizeit gestalten können. Es besteht ein großer Hunger nach Bildung in dieser Generation, auch der soziale Aspekt spielt dabei eine Rolle. Beschäftigt hat mich das Thema schon länger und musikalische Berührungen mit alten Menschen hatte ich schon vor Corona. So hatte ich unter anderem Veeh-Harfenkurse gegeben [Anmerk. d. Red.: Die Veeh-Harfe ist ein Saitenzupfinstrument, das ohne Notenkenntnisse gespielt werden kann]. Außerdem hatten wir eine kleine Konzertreihe im Pflegeheim Rebental, bei der wir mit den Heimbewohnern gesungen und unter anderem auch unsere erwachsenen Schüler musiziert haben.
??? Seit 2015 leben Sie in Haßloch, haben sich ein Haus in der Ohliggasse gekauft. Fühlen sie sich wohl im Großdorf?
Tatjana Geiger: Ja, es gefällt mir hier sehr gut. Hier profitiere ich von der ganzen Vielfalt, die meine Arbeit so bereichert. Und hier habe ich die Möglichkeit, auch im Ort etwas kulturell zu bewirken. Dabei kann ich in idealer Weise meine Fertigkeiten als Multitasking-Instrumentalistin einsetzen und neue Konzepte entwickeln. Darüber hinaus gibt mir mein Job den Freiraum, selbst zu konzertieren und Chorarbeit zu verrichten – zwei Pole, die für mich eine super Mischung bilden.
Autor:Markus Pacher aus Neustadt/Weinstraße |
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