"Der Kreis ist meine Heimat"
Ehemaliger Landrat Hirschberger schätzte Regionale Identität
Mit dem früheren Landrat Dr. Winfried Hirschberger arbeitete das WOCHENBLATT fast 32 Jahre zusammen. Deshalb war es für die Redaktion Anlass genug, mit ihm einen Rückblick auf sein Wirken im Landkreis Kusel zu halten.
Herr Hirschberger, Sie waren von 1985 bis 2017 Landrat des Kreises Kusel. In dieser Zeit hat Sie das Wochenblatt (früher Geschäftsanzeiger) regelmäßig in Ihrer Amtszeit begleitet. Wie bewerten Sie dieses Medium für Ihre Öffentlichkeitsarbeit?
Gerade im ländlichen Raum ist ein Wochenblatt, das in jedem Haushalt verfügbar ist, ein wichtiges Medium der Information.
In vielen Rückmeldungen bei Gesprächen mit der Bürgerschaft wurden mir die informative und breite Wirkung des Wochenblatts bestätigt. Wohltuend ist insbesondere die sachliche und unaufgeregte Berichterstattung.
Das heutige Wochenblatt mit einer Auflage von 38.000 Exemplaren erreicht nahezu alle Haushalte im Landkreis. Aus drei Einzelausgaben hat der SÜWE-Verlag coronabedingt dann eine Ausgabe im rheinischen Format entwickelt. Wie wirkt das neue Erscheinungsbild auf Sie als Leser?
Das neue Erscheinungsbild ist ansprechend und regt zum Hinschauen an.
Sie haben nach Beendigung Ihrer Dienstzeit als Landrat Ihren Wohnsitz in Kusel beibehalten. Wie verbringt ein Ex-Landrat seinen Ruhestand vor dem Hintergrund, dass der vorherige Arbeitsablauf in den nahezu 32 Jahren stets nicht nach acht Stunden und das bei mehr als fünf Tagen pro Woche verlief?
Ich bin gerne in das Pfälzer Bergland gekommen, auch um zu bleiben. Es ist auch eine Rückkehr zu den Wurzeln der Familie meiner Mutter. Meine Kinder sind hier aufgewachsen. Ein Teil von ihnen wohnt im Landkreis, der andere hat einen festen Bezug zu Kusel.
Auch wenn ich immer gerne gearbeitet habe, und das deutlich über das 65. Lebensjahr hinaus, lebte ich dennoch in dem Bewusstsein, dass es ein interessantes Leben nach dem Rücktritt aus der Öffentlichkeit geben kann.
Viele Interessen habe ich aus dem Berufsleben mitgenommen. Auch im privaten Leben habe ich viele Ideen. Langeweile fürchte ich nicht.
Mit einem Zeitabstand von vier Jahren nach Ihrem Ausscheiden 2017 : Auf welche Schwerpunkte Ihrer Arbeit blicken Sie zurück?
Erster Schwerpunkt meiner Arbeit war vor allem die Stärkung der Bildungseinrichtungen in allen Verbandsgemeinden. Ich war immer fest der Meinung, dass das Thema marode Schulen in unserer Region keinen Platz haben darf.
Ursprünglich als Hauptschule gebaut in Lauterecken, ist gemeinsam mit Wolfstein eine leistungsfähige Realschule entstanden. Gleichzeitig wurde das Gymnasium in Lauterecken gestärkt. Früh begonnen haben wir mit der räumlichen Verbesserung aller Förderschulen im Landkreis – in Lauterecken, Kusel und Brücken. Altenglan ist zur Realschule Plus entwickelt worden.
Das bereits bestehende Schulzentrum Kusel wurde neben der Berufsbildenden Schule ebenfalls zu einer Realschule Plus entwickelt.
Eine Herkulesaufgabe war die Generalsanierung des Gymnasiums Kusel samt aller Sporteinrichtungen.
Im südlichen Landkreis übernahmen wir die Errichtung und Gestaltung der Integrierten Gesamtschule für die Bereiche Waldmohr und Schönenberg-Kübelberg.
In der ehemaligen Verbandsgemeinde Glan-Münchweiler war der Kreis mit Zuschüssen für die Standorte Herschweiler-Pettersheim und Glan-Münchweiler aktiv.
Ein weiterer Schwerpunkt der Arbeit war die gewerbliche Entwicklung. Außer in den Schwerpunktbereichen Waldmohr/Schönenberg-Kübelberg, Kusel und Lauterecken/Wolfstein ging es vor allen Dingen auch um Schaffung regionaler Identität ( z. B. Kulinarische Landstraße ) und Stärkung der kleinen und mittleren Betriebe. Hierbei war es auch von Vorteil mit der Kreissparkasse Kusel ein eigenes Kreditinstitut an der Seite zu haben.
Der Tourismus steht und fällt neben interessanten Besichtigungsangeboten wie Burg Lichtenberg mit Geoskop, Wasserburg Reipoltskirchen mit kulturellem Schwerpunkt der Internationalen Straße des Friedens, der Draisine und dem Europäischen Bauernmarkt mit einem guten und breiten gastronomischen Angebot. Vor allem der auch jetzt noch zum Teil bestehende Austausch mit der französischen Region der Normandie hat zu einer positiven Entwicklung beigetragen.
Der Landkreis Kusel hat in meiner Zeit als einer der beiden ersten in der Bundesrepublik mit einem Gesamtkonzept für alle Gemeinden bereits vor 20 Jahren den Einstieg für die digitale Versorgung begonnen.
Ein wichtiges Projekt war auch die Übernahme der Mitverantwortung des Landkreises beim Hallenbad in Kusel. Sowohl für die schulische Versorgung als auch für die Bevölkerung allgemein bis hin zur touristischen Weiterentwicklung der Region ist diese Einrichtung ein Schlüsselprojekt.
Das Krankenhaus in Kusel wurde 1996 durch die Vereinigung mit dem städtischen Krankenhaus Kaiserslautern zum Westpfalzklinikum entwickelt. Während in vielen Landkreisen Deutschlands Klinikschließungen ein Thema waren und sind, steht in Kusel eine dauerhaft leistungsfähige Einrichtung zur Verfügung.
Ein besonders angenehmer Schwerpunkt meiner Arbeit waren die zahllosen Begegnungen mit dem sympathischen Menschenschlag unserer Region. Die Menschen sind geprägt von dem Bewusstsein, dass das Leben ein gutes Stück abseits von den großen Zentren häufig wirtschaftlich schwieriger ist. Sie wissen aber auch, dass sie einen hohen Zufriedenheitsgrad bewirken kann für diejenigen, die sich ein Gefühl für Natur und Landschaft bewahrt haben.
Autor:Horst Cloß aus Kusel-Altenglan |
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