Datenerhebung für neuen Verkehrsentwicklungsplan
Am Auto führt (noch) kein Weg vorbei
von andrea katharina Kling-Kimmle
Pirmasens. Die Menschen in der Horebstadt sind mobil. Doch ohne Auto geht (fast) nichts. Daran hat sich laut aktueller Datenerhebung in den letzten 16 Jahren kaum etwas verändert. Um auf die Herausforderungen der Neuzeit mit einem zukunftsorientierten Verkehrsentwicklungsplan reagieren zu können, hatte die Stadtverwaltung im letzten Sommer eine Mobilitätsstudie in Auftrag gegeben. Als erster Schritt wurde eine repräsentative Haushaltsbefragung durchgeführt.
Die Stadtverwaltung Pirmasens macht mobil, um mit einem neuen Verkehrsentwicklungskonzept die Weichen bis 2030 zu stellen. Dafür stehen rund 134.000 Euro zur Verfügung. Wie Oberbürgermeister Dr. Bernhard Matheis darlegte, spielen bei der Erstellung einer zukunftsorientierten Konzeption sowohl rechtliche wie ökologische Veränderungen, als auch die Themen Sicherheit, moderne Verkehrsmittel und demografischer Wandel eine Rolle. Als Kooperationspartner hat man sich die Planersocietät Stadtplanung – Verkehrsplanung – Kommunikation mit Sitz in Dortmund ins Boot geholt. Raum- und Verkehrsplaner Philipp Hölderich von der Filiale Karlsruhe sprach von vielen „Bausteinen“, aus denen das Konzept erstellt wird. Den Anfang machte eine repräsentative Befragung von über 500 Haushalten mit knapp 1.100 Bürgern, die im Sommer durchgeführt wurde. Damit habe man „einen guten Schnitt“ erhalten. Das Resultat zeigt keine großen Abweichungen zur letzten Erhebung 2002: Nach wie vor nutzt die Mehrheit das Auto als Fahrer (60 Prozent) oder Beifahrer (14). Die Fußgänger machen 18 Prozent, die Nutzer von ÖPNV 6 Prozent und die Radfahrer 2 Prozent aus. Was den Verkehrsexperten verblüffte war das Phänomen, dass selbst für Strecken bis zu 500 Metern von 25 Prozent der Befragten das Auto benutzt wird. Wobei der Großteil der Pirmasenser diese Strecke zu Fuß geht. Wenig beliebt als Fortbewegungsmittel sind Fahrrad oder E-Bike. Angesichts der topologischen Lage der Horebstadt teilweise verständlich. Für Hölderich aber ein Ansatzpunkt, gegenzusteuern. Zum Vergleich: In Karlsruhe habe sich der Radverkehr im gleichen Zeitraum verdoppelt. Das zeige, so der Experte, dass „der Umweltverbund allgemein an Bedeutung gewonnen hat. Doch in Pirmasens hat sich in dieser Richtung nur wenig getan.“ Die Gründe dafür wolle man noch ergründen.
Untersucht wurde auch der Zweck der zurückgelegten Wege. 22 Prozent waren unterwegs zum Arbeitsplatz, ebensoviele gaben Freizeitaktivitäten als Grund an. 19 Prozent nannten einkaufen und 13 Prozent private Besorgungen. Bekannt ist jetzt, wie lange ein Bürger werktags mobil ist – ganze 76 Minuten. Dabei legt er rund 11,5 Kilometer zurück.
Erst aus vielen Mosaiksteinchen kann ein komplettes Bild entstehen, deshalb wurde bei der Datenerhebung zusätzlich nach der Erreichbarkeit des Arbeits- oder Ausbildungsortes geforscht. Berücksichtigt wurden auch Strecken außerhalb der Stadt. Keine große Überraschung: Mit dem Auto – Stichwort „Elterntaxi“ – kommen alle am besten an. Bus und Bahn schnitten extrem schlecht ab, nur zwei Prozent der Berufstätigen und 9 Prozent der Schüler nutzen diese Möglichkeiten. Auch das Fahrrad ist bei Jugendlichen mit einem Anteil von 18 Prozent wenig attraktiv.
Um neue Mobilitätsformen, die bereits bestehen wie die Zentrale am Exerzierplatz oder den E-Bike-Verleih bei der Touristinformation, ging es in einer weiteren Frage. Über 30 Prozent gaben hier an, diese Angebote nicht zu kennen. Wichtig sei, so Philipp Hölderich, eine neue Bewusstseinsbildung und Sensibilisierung für diese Alternativen zu schaffen: „Das muss besser kommuniziert werden“. Auch die Motivation, Fahrrad oder E-Bike mehr zu nutzen, sollte in der Bevölkerung gesteigert werden, zumal man festgestellt habe, dass in Pirmasens auf 1.000 Einwohner 428 Räder kommen.
In einer ersten Analyse fasst das Verkehrsplanungsbüro zusammen, dass in Pirmasens ein derzeit „stark autoaffines Mobilitätsverhalten“ vorliege und es Defizite im Bus- und Bahnangebot gebe. Allerdings bestehen hohe Potenziale für den Umstieg, stellte Hölderich fest. Außerdem sollten innovative Angebote wie Car-Sharing, Leihräder am Bahnhof und abschließbare Fahrradboxen, wie sie in anderen Städten üblich sind ins Auge gefasst werden.
Als wichtig erachtet der OB, dass in die angestrebte Verkehrskonzeption auch Wünsche und Anregungen der Einwohner mit einfließen. So gab es bereits im letzten Jahr ein Bürgerforum und beim „Runden Tisch“, der sich regelmäßig treffen soll, werden Vertreter der Stadtgesellschaft in die „Erstellung von Handlungsoptionen eingebunden“, versprach Bernhard Matheis. Es müsse eine „für alle verträgliche Lösung“ gefunden werden, nennt Hölderich das Ziel des Projektes, für das ein Zeitrahmen von 18 Monaten vorgesehen ist. ak
Autor:Andrea Kling aus Pirmasens |
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