Druckgrafiken des Surrealisten bis 24. März zu sehen
Dalís Geheimnisse in der Alten Post (aus)kosten
von andrea Katharina Kling-Kimmle
Horebstadt. Salvador Dalí blickt auf Pirmasens und (nicht nur) die Pirmasenser blicken auf den unsterblichen Künstler, dessen Schaffenskraft und Fantasie im Forum „Alte Post“ zu erahnen sind. Heinz Ess, ein Dorfarzt aus der Eifel, hat aus seinem Fundus von über 1.900 Grafiken rund 200 der „besten und anschaulichsten“ Stücke für die Ausstellung „Imagination und Irritation“ zur Verfügung gestellt.
Noch ist der Frühling in weiter Ferne, da treibt die Kultur in der Horebstadt wundersame Blüten. Zum Geburtstag des Kunstforums „Alte Post“ gibt es nächtliche Lichtinstallationen, tönen Klanggebilde durch den Kuppelsaal und gibt sich Salvador Dalí (1904 - 1989) „höchstpersönlich“ die Ehre. In der Nachbarschaft, im Dynamikum, haben sich Mosaikkünstler um die Chilenin Isidora Paz-López versammelt, um das Projekt „Vogeltreppe“ in Angriff zu nehmen. Die farbenprächtige Gestaltung der Felsentreppe in der Schäferstraße soll das wohl „größte Mosaik in Rheinland-Pfalz“ werden. So ist es nicht verwunderlich, dass ein höchst stolzer Bürgermeister Markus Zwick mit einem breiten Lächeln im Gesicht die Besucher der Dalí-Vernissage begrüßte. Man sei bestrebt, Kultur in hoher Qualität anzubieten, doch das habe nur Bestand, wenn auch die entsprechende Resonanz darauf erfolge, sagte der designierte OB. Die war an diesem Abend überwältigend, der Kuppelsaal platze fast aus allen Nähten. Unter den Gästen war auch der Bürgermeister und Kulturdezernent der Stadt Landau, Dr. Maximilian Ingenthron.
Dank des Engagements von „Kunst & Kultur“ unter seinem rührige Vorsitzenden Max van de Sand kann sich Pirmasens mit dieser Dalí-Präsentation schmücken, die als kurzfristiger Ersatz für die geplante Baier-Ausstellung zustande kam. Die freundschaftliche Verbundenheit zu dem Sammler aus der Eifel hatte die Voraussetzung dafür geschaffen, wie van de Sand ausführte. Kennen gelernt habe man sich bei einer Ausstellung in Landau über den Maler Ernest Meissonier (1815 - 1891). Wie das Leben so spielt, ist dieser Künstler ein großer Sohn der französischen Partnerstadt von Pirmasens, Poissy. Da Salvador Dalí „ein großer Bewunderer der übergenauen Technik“ des Franzosen war, so Max van de Sand, sind in der Alten Post auch vier Lithografien von Meissonier zu sehen.
Welche Kostbarkeiten das Kulturforum in den nächsten Wochen (die Ausstellung läuft bis zum 24. März) beherbergt, schilderte Heinz Ess in anschaulichen Worten. Man wolle mit der Präsentation nicht das „Enfant terrible“ der Kunstszene beleuchten, sondern vielmehr zeigen, „was Dalí bewegte“. Der Spanier, der nach der Auffassung seiner Mutter als „Reinkarnation“ seines verstorbenen Bruders Salvador aufwuchs, sei ein „reiner Egoist“ gewesen, der zwar seine Frau Gala liebte, „aber sich selbst noch viel mehr“. Mit seinen Eltern, so Heinz Ess, verband ihn eine „Hassliebe“, da er nie sicher sein konnte, ob ihre Zuneigung ihm, dem lebenden Salvador, oder seinem Bruder, dem toten Salvador, galt. „Er zweifelte an seiner eigenen Identität und konnte so nicht zu sich selbst finden“. Dies zeige sich nach den Worten des Dalí-Verehrers insbesondere in seinem bekanntesten Werk, der zerfließenden Uhren, die für die „Beständigkeit der Erinnerung“ stehen. Wobei, laut Ess, der Begriff Uhren durch das Wort „Fleisch“ zu ersetzen sei: „Er wollte damit seinen Bruder verschlingen“.
In seiner Kunst, insbesondere den Grafiken, war der spanische Surrealist seiner Zeit voraus. So ließ er mit Tusche bekleckerte Schnecken über die Unterlagen „schleimen“ oder schoss auf Steine, die später für den Druck verwendet wurden. In dem Schatten dieses avantgardistischen Künstlers, der auch vor aggressiver Gestaltung seines Materials nicht zurückschreckte, „gingen alle anderen unter“, so Heinz Ess.
In Pirmasens zu sehen sind unter anderem die Kaltnadelradierungen „10 Rezepte zur Untersterblichkeit“ („Dix Recettes d’immortalité“), die ersten stereometrischen Grafiken der Kunstgeschichte, sowie zwölf Farblithografien, in denen er „Don Quijote“ de la Mancha ein bildnerisches Denkmal gesetzt hat. Wie der Sammler aus der Eifel betonte, sind alle gezeigten Werke Originale. Zwar seien rund 80.000 Fälschungen auf dem Markt, „doch das sind nur Offsetdrucke und deshalb leicht von Dalís Grafiken zu unterscheiden“. Ess stellte in Aussicht, in einigen Jahren weitere Werke aus seinem Fundus in der Alten Post zu zeigen.
Allen Besuchern legte er einen Spruch des großen Surrealisten ans Herz: „Wer genießen kann, trinkt keinen Wein mehr, sondern kostet Geheimnisse“. ak
Info:
Die Ausstellung „Imagination und Irritation“ ist bis 24. März in der Alten Post in Pirmasens zu sehen. Die Öffnungszeiten sind dienstags bis sonntags von 10 bis 17 Uhr.
Autor:Andrea Kling aus Pirmasens |
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