Studie über bessere Integration von Flüchtlingen
Gute Erfahrungen mit Zuzugsperre dokumentieren
Horebstadt. Die Zuzugssperre für Flüchtlinge nach Pirmasens ist ausgelaufen. Gemeinsam hatten die Verwaltung und das Land Rheinland-Pfalz seit Ende März 2018 einen Sonderweg eingeschlagen, um die Integration der Neubürger in die Stadtgesellschaft zu gewährleisten. Jetzt sollen die gesammelten Erfahrungen in ein Pilotprojekt einfließen. Die wissenschaftliche Studie zielt auf eine Reform des Verteilverfahrens geflüchteter Menschen auf die Kommunen ab.
„Dank der seinerzeit vom Integrationsministerium angeordneten negativen Wohnsitzregelung ist es gelungen, den bis dahin ungesteuerten Zuzug anerkannter Asylbewerber und subsidiär geschützter Flüchtlinge zu stoppen. Dadurch konnte im letzten Moment der drohende Kollaps funktionierender Hilfesysteme aus Haupt- und Ehrenamtlichen abgewendet werden“, zieht Oberbürgermeister Markus Zwick eine insgesamt positive Bilanz. Der Schritt war richtig, die Zuzugssperre habe erkennbare Wirkung gezeigt. Denn erst durch diese Maßnahme sei es möglich geworden, auch in der Bevölkerung vertrauensbildend wirken zu können, betont Zwick. Gleichzeitig macht er deutlich, dass die Problematik einer drohenden sozialen und gesellschaftlichen Ausgrenzung nach wie vor bestehe. So leben in Pirmasens immer noch fast doppelt so viele Flüchtlinge, als der Stadt nach der Aufnahmequote (Königsteiner Schlüssel) zugewiesen wurden. Nach dem Erlass der negativen Wohnsitzauflage sind zwar lediglich noch im Ausnahmefall Flüchtlinge zugezogen. Allerdings habe sich die Zahl der Asylsuchenden nur unwesentlich verringert, da nur wenige Wegzüge verzeichnet werden konnten. „Die Aufnahmequote ist somit nach wie vor überschritten“, stellt der OB fest.
Damit stehe die Stadt auch in Zukunft vor große Herausforderungen, um die Maßnahmen zur sprachlichen, sozialen und beruflichen Integration erfolgreich zu meistern. Insbesondere Kindertagesstätten, Schulen und das Jobcenter seien auf längere Sicht stark gefordert. Noch immer gebe es eine erhebliche Anzahl von Flüchtlingen, die nicht an einem Sprachkurs teilnehmen konnten. Hier bestehe weiterhin ein erheblicher Bedarf, der nur sukzessive abgearbeitet werden könne. „Die zielgerichtete Integration dieser Menschen in die Stadtgesellschaft ist eine Generationenaufgabe, der wir uns im Schulterschluss mit der Bevölkerung stellen werden“, verspricht Markus Zwick und lobt das herausragende Engagement der Pirmasens, die sich mit viel Herzblut in diesen Prozess einbringen. Dabei sei es wichtig, auch in Zeiten der Pandemie Möglichkeiten der Begegnung zu ermöglichen, damit beide Seiten zueinander Kontakt hätten, um die Akzeptanz für das Thema zu schaffen.
Der Oberbürgermeister hätte es begrüßt, wenn die landesweit einmalige Ausnahmeregelung ein letztes Mal bis Ende März 2022 verlängert worden wäre. Das zuständige Ministerium hatte aber den Antrag der Stadt mit Verweis auf die „deutliche Verbesserung der Lage“ in Pirmasens abgelehnt. Vorausgegangen war eine jährliche Evaluation der erhobenen Arbeitsmarkt- und Migrationsdaten der Fachabteilungen in Mainz. In einem Schreiben hat das Ministerium der Verwaltungsspitze zugesichert, Pirmasens auch weiterhin mit Projekten zur Integration und zum Spracherwerb zu fördern. Zwick kündigte an, die weitere Entwicklung aufmerksam zu verfolgen. Sollte die Aufhebung der negativen Wohnsitzauflage erneut für einen ungebremsten Zuzug nach Pirmasens sorgen, will er unverzüglich den Dialog mit den Verantwortlichen suchen.
Die Erfahrungen, die man mit der Zuzugsperre gesammelt hat, sollen in ein Pilotprojekt einfließen. Für eine Teilnahme an einer auf drei Jahre angelegten Studie der Universitäten Hildesheim und Erlangen-Nürnberg macht sich OB Markus Zwick beim Land Rheinland-Pfalz stark. Zusammen mit weiteren Modellkommunen aus Hessen, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen soll ein Mechanismus entwickelt werden, mit dem die Verteilung von Schutzsuchenden optimiert wird. Basierend auf einem Algorithmus, sollen die Voraussetzungen und Bedürfnisse geflüchteter Menschen sowie die vorhandenen Strukturen und Ressourcen der Kommunen in eine stärkere Übereinstimmung gebracht werden. Die Wissenschaftler sprechen von einem sogenannten Matching-Verfahren. Zu den Kriterien aufseiten der Geflüchteten zählen unter anderem Bildungsabschlüsse, Arbeitserfahrungen, Sprachkenntnisse, Führerschein sowie familiäre und persönliche Beziehungen. Demgegenüber soll in den Kommunen ein Abgleich mit verfügbarem Wohnraum, Schul- und Kinderbetreuungsangeboten, die Arbeitsmarkt-Situation sowie die Erreichbarkeit relevanter Einrichtungen mit öffentlichen Verkehrsmitteln erfasst werden. Untersucht werden außerdem die vorhandenen Unterstützungsstrukturen wie Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten, Sprachkursangebote oder auch zivilgesellschaftliche Organisationen. Ziel des Projektes ist es, den Integrationsprozess nachhaltig zu stärken und der Vielfalt der Kommunen in Deutschland besser Rechnung zu tragen. ak/ps
Autor:Andrea Kling aus Pirmasens |
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