OB Zwick zum Schuldenschnitt
"Kein Geschenk des Landes"
von andrea katharina kling-kimmle
Pirmasens. „Zwei Seelen wohnen ach in meiner Brust“, könnte Oberbürgermeister Markus Zwick im Hinblick auf den „längst überfälligen“ Schuldenschnitt durch das Land Rheinland-Pfalz den großen Dichterfürsten Johann Wolfgang von Goethe zitieren. Die teilweise Übernahme der Liquiditätskredite der Kommunen ist in seinen Augen erfreulich und wichtig. Aber sie ist „kein Geschenk“. Vielmehr seien die Städte und Gemeinden wegen der „pflichtigen und freiwilligen Aufgaben“ gezwungen worden, Schulden zu machen, da der kommunale Finanzausgleich diese Kosten bei weitem nicht deckte. Zwick bezweifelt auch, dass dies trotz der geplanten Neuregelung, zukünftig möglich sein kann.
Zunächst freue er sich, so der OB im Gespräch mit Wochenblatt-Redakteurin Andrea Kling-Kimmle, dass ein Großteil der Altschulden vom Land getilgt werden. Wie Ministerpräsidentin Malu Dreyer und ihre Kollegen Doris Ahnen, Roger Lewentz und Herbert Mertin betonten, ermögliche man damit den betroffenen Kommunen einen finanziellen Neustart. Für den Innenminister „ein echter Befreiungsschlag“ für alle betroffenen Gebietskörperschaften. Dabei handelt es sich um 552 Ortsgemeinden, acht kreisfreie Städte, elf Landkreise, fünf verbandsfreie Gemeinden und 20 Verbandsgemeinden.
Für Markus Zwick ein „wichtiger, aber überfälliger Schritt“, denn schließlich habe das Land die Kommunen in diese Schieflage gebracht. So sind im Etat der Stadt Pirmasens jährliche Kosten in Höhe von 5 Prozent auf die Selbstverwaltung, 95 Prozent aber auf die von Land und Bund übertragene Pflichtaufgaben eingestellt, zu denen insbesondere Mittel für den Sozialbereich gehören. In Zahlen ausgedrückt: „Wir haben 30 Millionen Euro ungedeckte Ausgaben, die wir pro Jahr stemmen müssen“. Mit dem Schuldenschnitt übernehme das Land rund 50 Prozent der Altlasten, die sich in Pirmasens auf 360 Millionen Euro belaufen.
Aber das ist nur die „halbe Miete“. Denn von einer wirklichen „Entlastung“ der betroffenen Städte und Gemeinden könne derzeit noch nicht gesprochen werden, meint Markus Zwick. Erst müsse das überarbeitete Gesetz zur Neuregelung des kommunalen Finanzausgleichs vorliegen. Zu diesem Schritt war das Land Rheinland-Pfalz gezwungen worden, nachdem die Klage der Stadt Pirmasens und des Kreises Kaiserslautern im Dezember 2020 gegen die unzureichende Ausstattung des Finanzausgleichs vor dem Verfassungsgerichtshof Rheinland-Pfalz Erfolg hatte. „Damit stand fest, dass das Land in den letzten 15 Jahren seine Hausaufgaben nicht gemacht hat“, so Zwick. Dass man nun mit dem Schuldenschnitt die betroffenen Gebietskörperschaften entlaste, sei deshalb „kein Geschenk“ an die Kommunen, sondern eine logische Konsequenz.
Doch dieser Schritt mache nur dann Sinn, „wenn wir zukünftig finanziell so ausgestattet werden, dass wir keine neuen Kredite aufnehmen müssen.“ So sei die Landesregierung weiter in der Pflicht, es den Kommunen zu ermöglichen, einen ausgeglichenen Haushalt zu erstellen.
Im Vorfeld der Neuregelung des kommunalen Finanzausgleichs angestellte Vergleichsberechnungen hätten allerdings ergeben, „dass die vorgesehenen Mittel dafür nicht ausreichen“, kritisiert der Pirmasenser OB. Somit sei eine Neuverschuldung unumgänglich. Um diese zu verhindern müssen nach Meinung des Landes eben die Bürger mehr in die Pflicht genommen werden. Innenminister Lewentz hatte nach dem Gerichtsurteil Ende 2020 es so formuliert: „Der Verfassungsgerichtshof hat dem Gesetzgeber aufgegeben, im Rahmen der Reform zu prüfen, ob die Kommunen ihre eigenen Kräfte ausreichend anspannen…“ Das bedeute im Klartext, dass auf die Bürger „höhere Gebühren zukommen“, sagt der Oberbürgermeister. Doch dagegen will Markus Zwick, der die Menschen „nicht noch mehr strippen“ möchte, mit allen Mitteln kämpfen. Außerdem bemängelt er die fehlenden Mittel, um die Stadt attraktiver zu machen. Da stehe Pirmasens aber nicht alleine da, „von dieser Misere sind alle Kommunen in der Westpfalz betroffen.“ ak
Autor:Andrea Kling aus Pirmasens |
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