Klaus Wagenbach ist tot
Trauer um Hugo Ball-Preisträger
Pirmasens/Berlin. Der Verleger Klaus Wagenbach ist tot. Er starb im Alter von 91 Jahren in Berlin. 1999 wurde er mit dem Hugo-Ball-Preis der Stadt Pirmasens ausgezeichnet. Unvergessen sein damaliger Auftritt mit roten Socken auf der Festhallenbühne.
2011 war Wagenbach das letzte Mal zu Gast in der Horebstadt. Er gehörte zum Teilnehmerkreis I der „Langen Nacht der Preisträger“. Die Veranstaltung fand im Hugo-Ball-Jahr anlässlich des 125. Geburtstages des Dada-Mitbegründers statt.
Im Verlag des Literaturliebhabers erschienen Bücher von Wolf Biermann und Michel Houellebecq, auf Ulrike Meinhof hielt er die Grabrede. Klaus Wagenbach verlegte Autoren wie Günter Grass, Hans Werner Richter oder Ingeborg Bachmann und galt als streitbarer Kopf.
Wie sein Verlag mitteilte, sei Wagenbach „begleitet von seiner Familie und umgeben von seinen Büchern“ Mitte Dezember gestorben. Weiter heißt es, man werde seinem Lebensmotto entsprechend „Gewonnen kann durch Trübseligkeit nie etwas werden“ den Verlag weiter führen.
Der in Berlin geborene Wagenbach begann 1949 eine Lehre beim damals noch vereinten Verlag Suhrkamp/Fischer. Er verehrte den Schriftsteller Franz Kafka, über den er promovierte. Der Kauf von Fischer durch Holtzbrinck brachte einschneidende Konsequenzen: Die neuen Chefs kündigten Wagenbach, nachdem er sich bei der Staatsanwaltschaft über die Verhaftung eines DDR-Verlegers während der Buchmesse beschwert hatte. 1964 gründete er deshalb seinen eigenen Verlag in West-Berlin. Er verlegte die Autoren Günter Grass, Hans Werner Richter oder auch Ingeborg Bachmann.
Klaus Wagenbach stand für eine Kultur der Einmischung und des demokratischen Streits. Er galt als Prototyp des politischen Verlegers der 1968er-Bewegung. Bekenner gingen im Verlag ein und aus. Immer wieder gab es Hausdurchsuchungen, Prozesse, Verurteilungen. Wagenbach sah sich selbst als den meistangeklagten noch lebenden deutschen Verleger. Der Jurist an seiner Seite hieß Otto Schily, der spätere RAF-Anwalt und noch spätere deutsche Bundesinnenminister.
Auch zu Akteuren der RAF hielt er Kontakt. „Vor allem Ulrike Meinhof war mir nahe, aber ich habe nie verstanden, wie sie auf diesen Weg geraten ist“, sagte er einmal dem „Spiegel“. Wagenbach veröffentlichte auch Texte der späteren Terroristin. Gleichzeitig brachte ihm ein Buch Peter Brückners über Meinhof eine Drohung von Gudrun Ensslin ein.
Der streitbare Verleger stand auch für aufwendig gemachte Bücher, sie sollten „hundert Jahre halten“, sagte er. 2002 übernahm Susanne Schüssler den Verlag, Wagenbachs dritte Ehefrau. Einer der größten Erfolge wurde 2008 Alan Bennetts „Die souveräne Leserin“ - ein Buch ausgerechnet über die Queen. ak/ps
Autor:Andrea Kling aus Pirmasens |
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